Die sympathischen Zwillingsbrüder waren nicht immer Bergläufer. Sie sind eigentlich über das Langlaufen und den Biathlon erst zur Leichtathletik und dem Straßenlauf gekommen. Sie erinnern sich: „Auch Fußball haben wir mit großer Leidenschaft gespielt, aber mit 16 Jahren haben wir beschlossen, uns auf das Laufen zu konzentrieren.“ Geboren mitten im Nationalpark Hohe Tauern mit über 30 Dreitausendern lag es aber nahe, sich auch im Berglauf zu probieren. Und dort stellten sich für beide Athleten bald große nationale und internationale Erfolge ein. Heute bestreiten sie nach wie vor Straßenläufe – Hans-Peter ist amtierender Vize-Staatsmeister im 10-km-Straßenlauf – bestreiten aber auch Ultra-Trails, klassische Marathons, Crossläufe, Verticals und Trailrunning-Bewerbe.
Neben ihren Berufen – Manuel ist Seilbahntechniker, Hans-Peter Forstarbeiter – finden beide nach der Arbeit noch Zeit für ihre Trainingsläufe in die Berge. Sie meinen: „Wir unterstützen und pushen uns da gegenseitig – da ist es echt hilfreich zur Motivation, einen genauso ehrgeizigen Zwillingsbruder zu haben. Und ganz ehrlich, was gibt es Schöneres, als bei einem Berglauf diese Aussicht von unseren Hausbergen in der Wildkogel-Arena vor sich zu haben – das belohnt die Anstrengung.“
Einen Trainingsrun gibt es, der auf der Beliebtheitsskala der Twins ganz oben steht: Hinauf zum Seebachsee. Sie erzählen: „Bei dieser Runde können wir direkt vor unserer Haustür im Markt von Neukirchen losstarten. Dabei geht es durchs Obersulzbachtal hinauf zur Seebachalm und dem Seebachsee auf 1.992 m. Der Karsee unterhalb des Grenzkammes zwischen Obersulzbachtal und Krimmler Achental zeigt besonders in den Sommermonaten eine große Pflanzenvielfalt. Die Strecke bietet abwechslungsreiches Terrain fordert mit steilen Passagen und technisch anspruchsvollen Abschnitten. Belohnt wird man mit beeindruckender Aussicht und dem idyllischen Bergsee. Und gern verbinden wir diesen Trainingslauf mit einer Einkehr bei unserem Onkel auf der Berndelalm.“
Durchs Tal der roten Steine
Für diese Runde geht es von Neukirchen über die Sulzau und den Parkplatz Hoffeldboden über eine Hängebrücke auf den Venedigerweg. Blickt man von der Hängebrücke in den Obersulzbach, entdeckt man neben den Forellen auch mit roten Flechten bewachsene Steine – sie verleihen dem Obersulzbachtal auch den Beinamen „Das Tal der roten Steine“. Der Venedigerweg führt mit Informationstafeln über die Wälder, die Almen und den See gespickt schön durch den Wald und vorbei an den rauschenden Wasserfällen des Gamsecks und Seebachs. Danach weitet sich das Tal und gibt den Blick auf den Hohen Geiger (3 360 m) frei.
Für die Innerhofer-Brüder geht es im Laufschritt über steile Latschenfelder hinauf zur Seebachalm auf 1.992 m, und hinein in die Kernzone des Nationalparks Hohe Tauern. Ein wahrer Kraftplatz, wie sie meinen: „Hier oben findet man Ruhe und eine echte Alm-Idylle. Über 1.000 Schafe weiden hier im Sommer rund um den malerischen See. Ruhebänke am Ufer laden zwar zum Rasten ein, doch für unseren Trainingslauf ist Rasten keine Option. Vorbei an der unbewirtschafteten Seebach Hütte, wo die Seebach-Schafhirten ihren Sommer verbringen und immer ein paar Getränke für durstige Wanderer im Brunntrog eingekühlt haben, kehren wir am Ufer des etwa 14 m tiefen Sees wieder um.“
Einkehr auf der Berndlalm
Danach geht es für die Läufer wieder hinab über die „Munau“, einem abwechslungsreichen Lebensraum mit Feuchtwiesen, Murmeltierbauen und Almweiden, und die Poschalm retour zur Berndlalm auf 1.514 m im Obersulzbachtal. Die Berndlalm ist ein gemütlicher Alpengasthof und beliebtes Ziel für Naturliebhaber, Wanderer und Biker. Kinder zieht es gleich in den großen Streichelzoo mit Schafen, Eseln, Hasen und Ziegen. Die Berndlalm ist mit ihrer Übernachtungsmöglichkeit aber auch ein guter Ausgangspunkt für Gipfeltouren zum Großvenediger, dem Keeskogel oder die Schlieferspitze.
Nach dem Berglauftraining werden auf der Berndlalm von Hans-Peter und Manuel hier die leeren Energiespeicher aufgefüllt. Die Brüder sind sich einig: „Kaiserschmarrn und Apfelstrudel kommt bei uns auf den Tisch. Das steht auf unserer kulinarischen Hitliste bei dieser Hütteneinkehr ganz oben, denn nach dem Lauf darf es ruhig etwas Süßes sein. Natürlich hausgemacht und mit wunderbarem Ausblick hinein ins Obersulzbachtal, auf den Hohen Geiger und die schneebedeckten Gipfel der Hohen Tauern. Etwas gemütlicher geht es danach den restlichen Weg zurück nach Hause.“
Tägliche Almbesuche – nie alltäglich
Diese Trainingsrunde schlägt mit 20 Kilometern und rund 1.600 Höhenmetern für die Bergläufer zu Buche. Doch auch wenn die beiden fast täglich durch ihren Sport in die Berge kommen und ein Wochenpensum schon mal 5.000 Höhenmeter umfasst, werden die Berge für sie nie alltäglich: „Auch wenn es nach einem harten Arbeitstag manchmal mühsam ist, noch ein hartes Training anzuhängen und in die Berge zu laufen – wir kommen viel zufriedener von unserem Berglauf zurück.
Es ist ein erhebendes Gefühl in unserer wunderschönen Landschaft über Almen und durch Wälder mit herrlicher Bergkulisse zu laufen. Am schönsten sind diese Läufe ganz früh am Morgen, wenn oben am Seebachsee die Sonne aufgeht und der Gletscher im ersten Sonnenlicht aufleuchtet. Wenn die Schafe auf den grünen Almböden rund um den See friedlich weiden und die Stille nur durch langsam erwachende Insekten durchbrochen wird. Das ist dann nicht nur Training für uns, sondern unser Begriff des Almsommers und uns ein jedes Mal wieder sehr beeindruckend.“