Der Mattsee im SalzburgerLand ist einer der Plätze, die ich immer wieder gerne besuche und an denen ich schon die tollsten und außergewöhnlichsten Sachen erlebt habe. Sei es im schönen und gemütlichen Seebad, in dem man den Sommer in vollen Zügen genießen kann, in den hübschen Orten, oder bei einem kühlen Drink zum Sonnenuntergang direkt am See. Dass der Mattsee aber auch ein Kompetenzzentrum in Sachen Fahrzeug- und Bootsbau ist, das allerdings habe ich erst an jenem Samstag im August erfahren dürfen.
Ein wahrer fahr(T)raum
Schon lange stand ein Besuch im fahr(T)raum, der Erlebniswelt für Automobilbau, direkt in Mattsee, auf meiner To-do-Liste. Mit eigenen Augen wollte ich endlich sehen, welch großartige Sammlung historischer Fahrzeuge Ernst Piëch, seines Zeichens Enkel des legendären Ferdinand Porsche und selbst genialer Automobil-Konstrukteur, hier im Seenland zusammengetragen und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Hauptsächlich Autos der Marke ‚Austro Daimler’ und Traktoren, alle aus der Feder des Großvaters, sollen es sein. Gehört habe ich ja schon viele tolle Dinge und so kann man sich vorstellen, dass meine Vorfreude dementsprechend groß war. Bereits am Eingang des schneeweißen Gebäudes, einer ehemaligen Schuhfabrik, die von Piëch und seinem Team nach genauen Vorstellungen umgebaut wurde, traue ich erstmals meinen Augen nicht. Ein Zustand, der an diesem Tag zur Dauereinrichtung werden sollte. Aber alles der Reihe nach.
Vor der Tür weisen perfekt restaurierte Oldtimer den Besuchern den Weg und strahlen in der Sonne, als wollten sie dem nicht weit entfernten Wasser des Mattsees Konkurrenz machen. Unglaublich diese Eleganz, dieser Anmut. Innen im fahr(T)raum dreht sich alles um das große Werk des Ferdinand Porsche und seinen immensen Anteil an der Entwicklung der motorbetriebenen Mobilität im 20. Jahrhundert. Vieles von dem, was wir heute als selbstverständlich erachten, wäre ohne diesen Visionär niemals erfunden worden. Interessiert lese ich die vielen Schautafeln, schaue mir jedes einzelne der vielen Videos an, blicke tief in die Motorenräume der wunderbaren Exponate und drehe meine Runden am Fahrsimulator und der liebevoll gestalteten Carrerabahn.
Meine Begeisterung muss wohl ziemlich offensichtlich gewesen sein, denn gerade als ich mich wieder einem der wuchtigeren Automobile nähere, höre ich eine freundliche Stimme hinter mir: „Dieser da wurde extra für den Kaiser angefertigt, auch wenn dieser sein Leben lang lieber in Pferdekutschen durch die Gegend gefahren ist.“ Überrascht drehe ich mich um und blicke in das freundliche Gesicht eines älteren Herrn, mit den aufgeweckten und neugierigen Augen einen jungen Mannes. „Ernst Piëch“, stellt er sich vor und blickt wohl in ein ziemlich verblüfftes Gesicht meinerseits. „Sie müssen sich nicht vorstellen“, bringe ich hervor, „es ist mir eine große Ehre, Herr Piëch. Unglaublich, was Sie hier auf die Beine gestellt haben.“ „Es freut mich, wenn es Ihnen gefällt“, entgegnet mir der Gastgeber und bietet mir sogleich an, mich eine Runde durch das Haus zu führen. Ein Angebot, das ich natürlich gerne annehme. Zu fast jedem Ausstellungsstück bekomme ich von nun an eine Geschichte erzählt, erfahre, dass Porsche ein rasanter Autofahrer war und viele der Rennautos, die hier zu sehen sind, selber über die Ziellinie pilotiert hat. So wird Geschichte greifbar! Lachend erzählt mir Ernst Piëch auch davon, wie er das Autofahren vom Großvater erlernte und dass es schon einmal einen Klaps auf den Hinterkopf gab, wenn der Gang nicht sauber eingelegt wurde. Toll, wenn man solche Anekdoten aus dem Leben einer solchen Legende aus allererster Hand erzählt bekommt. Mit dem fahr(T)raum, so erzählt mir mein Guide, habe er sich einen langgehegten Traum erfüllt, alle seine Autos an einem Platz versammelt zu haben. Und das sind einige, die über die Jahre zusammengekommen sind. Wie gesagt, hauptsächlich Austro Daimler und alles Konstruktionen Porsches. Darunter ein Austro Daimler 28/32 aus dem Jahr 1908, der Erzherzog Leopold Salvator gehörte. Mein Highlight ist allerdings ein Lohner Porsche aus 1901, ein Hybridauto mit Elektro- und Verbrennungsmotor. Wahnsinn! Schon damals gab es Elektroautos, die in ihren technischen Grundzügen unseren modernen E-Motoren entsprechen.
Im Oldtimer um den Mattsee
Nachdem mir Ernst Piëch dann auch noch das Untergeschoß mit seiner Sammlung historischer Traktoren, die die Automatisierung der Landwirtschaft in den 50er und 60er Jahren entscheidend vorantrieben, in seinem ‚Traktorstadl’ zeigt, fragt er mich plötzlich wie aus dem Nichts: „Sind Sie schon einmal mit einem solchen Auto mitgefahren? Ich dreh jetzt dann gleich eine Runde um den See.“ Kopfschüttelnd verneine ich und schon stehen wir wenig später in der geräumigen Garage, in der auch schon unser fahrbarer Untersatz für die nächste Stunde, ebenfalls ein ‚Austro Daimler’, hinaus ins Freie gefahren wird. Ich habe am Eingang schon gelesen, dass alle Autos hier voll funktionsfähig sind und man sich den Traum, hier einmal mitzufahren, erfüllen kann. Eine Fahrt mit Ernst Piëch höchstpersönlich, das ist dann jedoch noch einmal ein ganz anderes Erlebnis. Der Wind pfeift durch meine Haare, als wir uns in dem Cabriolet auf den Weg um den türkisgrünen See machen. Was für ein Genuss! Immer wieder winken uns die Menschen zu, machen Bilder und freuen sich offensichtlich am Anblick des historischen Gefährts. Auf meine Frage, warum er gerade Mattsee für sein Museum ausgewählt hat, antwortet mir Piëch, dass er schon lange hier ein Haus hat und dass die ganze Familie wahnsinnig gern in dieser wunderschönen Gegend sei. Kann ich verstehen. Es ist ja auch wirklich wunderschön hier. Unten am See tummeln sich die Menschen in den Freibädern, Segelboote nutzen die Kraft des Windes und das eine oder andere Elektroboot gleitet am Ufer entlang. Was für ein Tag! Nach gut einer Stunde kommen wir wieder zum fahr(T)raum und mein Fahrer und Gastgeber verabschiedet sich mit einem lockeren „Schauen Sie doch wieder einmal vorbei“ von mir. Keine Frage, das werde ich sicherlich bald machen.
Die wunderschönen Boote vom Mattsee
Um das gerade Erlebte noch einmal Revue passieren zu lassen, mache ich mich zu Fuß auf den Weg zum See. Sind ja nur ein paar Schritte und schon nach wenigen Minuten erreiche ich das Ufer. Dort setze ich mich auf einen Steg, lasse die Füße ins herrlich warme Wasser hängen und schaue dem Treiben am See und zu Land zu. Dabei erregt das große Bootshaus links von mir meine Aufmerksamkeit. Immer wieder legen Segelboote hier an, legen wieder ab, nur um wenig später dann wieder zurückzukommen. Offensichtlich eine Segelschule, in der gerade das Anlegen unter Wind und ohne Hilfe eines Motors gelernt wird. Mit Vergnügen erinnere mich an meine ersten Schritte am Segelboot und den Riesenspaß, den wir als Jugendliche bei den Segelkursen im Sommer hatten. Langsam schlendere ich in Richtung Bootshaus, schaue mir die schönen Segelboote an, die an den Stegen vertäut liegen, und schaue heimlich unter die eine oder andere Persenning, um die Boote darunter zu bewundern. Im Bootshaus stehe ich dann plötzlich inmitten einer ganzen Menge von unterschiedlichen Booten. Verschiedene Segelboote, Motorboote und eine ganze Reihe verschiedenster Elektroboote. Neugierig sehe ich mir diese etwas genauer an. Eine Tatsache, die im Bootshaus offenbar nicht unbemerkt bleibt, denn nach kurzer Zeit spricht mich ein netter Herr an und erzählt mir, dass die meisten der Boote hier selber gebaut sind. Wie jetzt? Selber gebaut? Das sind ja unterschiedlichste Boote, die kann man doch nicht aller selber bauen?! Lachend führt mich Hermann Steiner, der Eigentümer dieses Hauses und der Firma Steiner Nautic Bootsbau, über seine heiligen Steganlagen. Hier liegen Segelboote, die für die hauseigene Schule gebaut wurden, der Prototyps eines Motorbootes, verschiedenste E-Boote, darunter das schnellste E-Boot Österreichs, und viele schwimmende Fahrzeuge mehr, die das Herz jedes Bootsfreundes höher schlagen lassen.
Nachdem wir einige Zeit im Bootshaus verbringen, ich mich dann auch noch als leidenschaftlicher Segler oute und offensichtlich auch die richtigen Fragen stelle, nimmt mich Herrmann Steiner dann mit in seine Bootsbauwerkstätten auf der anderen Seite der Straße. Unter dem Motto ‚Here is, where the magic happens’ werden hier Boote gebaut, repariert und an neuen Ideen getüftelt. Viele ehemalige Motorboote werden derzeit auf Elektromotoren umgerüstet, so der Unternehmer. Doch nicht nur der Bootsbau, die Schifffahrt allgemein scheint es den Steiners angetan zu haben. Seit über 100 Jahren, seit dem Jahre 1898, baut die Familie Boote. Später kam dann noch die Mattsee Schifffahrt und die Segel- und Surfschule dazu.
Langsam schlendern wir zurück zum Bootshaus, verabreden uns noch zum Segeln und verabschieden uns mit einem freundlichen Händeschütteln. Der Mattsee hat sich mir heute wieder einmal von einer ganz anderen Seite gezeigt. Wie schon so oft und hoffentlich noch viele Male mehr.