Ein guter Tag beginnt mit einem ausgiebigen und gesunden Frühstück. Eine Weisheit, der schon meine Großmutter allergrößtes Vertrauen schenkte und auf die ich bis heute zu 100 Prozent vertraue. Was gibt es denn auch Gemütlicheres, als in der Früh in der Sonne zu sitzen, der Welt um einen beim Erwachen zuzusehen und den vor einem liegenden Tag schon im Geiste zu durchleben. Also sitze ich an diesem wunderschönen Sommertag auf der Frühstücksterrasse meines Hotels in Bad Gastein, bewundere die Schönheit der umliegenden Berge, schaue den Menschen mit ihren bunten Rucksäcken beim Aufbrechen zu und freue mich, endlich wieder einmal hier zu sein. Es gibt wirklich viele wunderschöne Orte in unserem alpinen Raum, doch diesem hier wohnt schon ein ganz besonderer Zauber inne. Liegt es an der imposanten Lage am steilen Hang, den dramatisch ansteigenden Bergen rundum, den herrlichen Hotels und Pensionen, die noch heute ihre Geschichten eines längst vergangenen Kaiserreichs erzählen, oder aber auch am ständig hörbaren Wasserfall, der tosend durch das Ortszentrum fällt? Wahrscheinlich ist es eine Mischung von alledem, wobei dem Wasser hier schon eine ganz besondere Rolle zukommt. Eine, die es für mich heute zu entdecken gilt.
‚Flying Waters’ in luftiger Höhe
Die ersten Schritte eine Wanderung sind für mich immer die schönsten. Und auch die, an die man sich noch lange erinnert. Von denen man noch lange zehrt, wenn der Alltag dann später wieder eingekehrt ist und man gerne und oft an die herrlichen Urlaubstage im SalzburgerLand zurückdenkt. Meine heutigen ersten Schritte führen mich vom Hotel weg Richtung Ortszentrum von Bad Gastein. Doch sehr weit komme ich erstmal nicht, zieht doch gleich ein Seil, das sich in luftiger Höhe über die Schlucht und den Wasserfall zieht, meine volle Aufmerksamkeit auf sich. ‚Flying Waters’ steht hier an einem Ende des Stahlseils geschrieben und verspricht, die spektakuläre Natur und Architektur Gasteins aus der Vogelperspektive erlebbar zu machen. Na dann mal los. Feig war ich noch nie, also warum nicht einmal von einer Seite des Tals zur anderen fliegen, anstatt zu gehen. Obwohl ein bisschen mulmig wird mir dann ja schon, als ich in den Gurtsitz geschnallt werde und mir die freundliche Instruktorin die Eckpunkte des ‚Fahrens an Rollen über das Drahtseil’ noch einmal genau erklärt. Ein kurzer Schubs und schon geht es los. Wahnsinn! Was für ein Blick, was für ein Erlebnis. Langsam schwebe ich über die Schlucht. Zuerst blicke ich auf den steil abfallenden Wald, den Fluss, bis schließlich der Wasserfall in all seiner Mächtigkeit vor mir bzw. unter mir liegt. Ich bin völlig überwältigt und weiß nicht, wo ich zuerst hinsehen soll. So schnell, wie der Spaß begonnen hat, ist er auch schon wieder vorbei und noch immer in heller Begeisterung werde ich vom Gurt befreit und habe wieder festen Boden unter den Füßen. Was für ein tolles Erlebnis!
Der neue Thermalquellpark
Gemütlich sieht es hier aus, rund um mich sind schöne Bänke, ein Springbrunnen plätschert vor sich hin und auch die eine oder andere Schautafel ist zu sehen. Wo bin ich denn eigentlich hier gelandet? Auf jeden Fall befinde ich mich in der Nähe der Kirche von Bad Gastein, unter mir tost immer noch der Wasserfall und auch das Ortszentrum scheint nicht allzu weit entfernt zu sein. Ich muss wohl ziemlich orientierungslos aussehen, denn schon beginnt der freundliche Mitarbeiter meiner fliegenden Aussichtsplattform zu erzählen. Lange gibt es ihn noch nicht, den völlig neu gestalteten Thermalquellpark, in dem das ganze Jahr über ein abwechslungsreiches Programm geboten wird. Zentrales Thema hier ist das weltberühmte Thermalwasser, das hier im Park eindrucksvoll und natürlich aus dem Felsen hervorquillt. Neben einem wöchentlichen Aktivitätenprogramm, Schauquellen, zahlreichen Hintergrundinformationen zum Thema Thermalwasser, sowie Einblicken in die unglaublich reiche Geschichte Gasteins kann man auch eine Kostprobe des einzigartigen Quellwassers nehmen. Schön ist es hier, doch das Tosen in nicht allzu weiter Ferne mahnt mich bald auch schon wieder zum Aufbruch. Schließlich wartet ja der Wasserfall auf mich.
Bad Gastein und sein Wasserfall
Über relativ steile Treppen geht es vom Thermalquellpark hinauf, dann wird kurz die Straße überquert und schon geht es einen schmalen Weg weiter nach oben. Einmal noch rechts abbiegen, wenige Stufen nach unten und plötzlich steht man mitten im Geschehen. Unglaublich, mit welcher Kraft, welcher Energie, aber auch Schönheit und Anmut das Wasser hier in die Tiefe stürzt. Glitzernde Wassertröpfchen fliegen durch die Luft, brechen die Sonnenstrahlen und tauchen das an sich schon fast surreale Schauspiel auch noch in unwirklich erscheinendes Licht. Ich kann mich kaum sattsehen, mache ungezählt hunderte von Bildern und bewundere den Wasserfall von so ziemlich jedem sich ergebenden Blickwinkel aus. Der Weg führt weiter den Wasserfall nach unten, kurz kommt man im Zentrum der Ortschaft vorbei, bevor es nochmal durch den Thermalquellpark nach unten bis zum alten Kraftwerk geht. Seit Kurzem hat hier ein weit über die Grenzen des Tals bekanntes und beachtetes Café seine Heimat gefunden.
Ein Café im Kraftwerk am Wasserfall
Besser und außergewöhnlicher könnte ein Kaffeehaus gar nicht gelegen sein. Direkt neben dem Wasserfall und nur durch eine Glaswand geschützt, liegt hier der lebende Beweis, dass das Gasteinertal auch gastronomisch und kulinarisch allererste Sahne ist und großen Innovationsgeist an den Tag legt. ‚Super-Location’ mit Wow-Effekt habe ich gestern noch im Internet gelesen und dieser Bewertung kann ich absolut beipflichten. Doch nicht nur die Lage, auch das Angebot spielt hier in der obersten Liga. Gestärkt durch einen wirklich sehr, sehr guten Flammkuchen mit Lachs, mache ich mich nach ca. einer Stunde wieder auf den Weg weiter dem Wasser talauswärts folgend. Ich hätte noch viel länger hier sitzen können, doch die Neugierde auf den Wasserfallweg war einfach zu groß. Eines ist jedoch fix. Dieses Café hat mich sicherlich nicht das letzte Mal gesehen. Ich komme wieder.
Am Wasserfallweg
Recht viel Zeit zum Beruhigen hat es ja nicht, das Wasser hier in Bad Gastein. Eben noch in den Gewalten des Wasserfalls gefangen und über viele Meter in die Tiefe gestürzt, geht die rasante Reise hier am Wasserfallweg auch schon wieder weiter. Für mich könnte es besser nicht sein. Immer direkt am Ufer des Flusses, führt der Weg durch dicht bewaldetes Gebiet und lässt schnell vergessen, dass man eben noch mitten im Ort gewesen ist. Während das Wasser sich seinen Weg sucht, immer wieder über schroffe Felsen und Steine hinabstürzt, erwische ich mich sogar dabei, wie ich leise vor mich hin pfeife. Idyllisch ist es hier, dieses Wort beschreibt es wohl am besten. Feuchtes Moos strahlt im intensiven Grün auf den Stämmen der Bäume, Blumen ranken ihre Blüten den warmen Sonnenstrahlen entgegen, die Vögel zwitschern oben in den Kronen und ich bin einfach glücklich, hier sein zu können. Da darf man dann auch ruhig mal ein bisschen pfeifen. Finde ich zumindest. Hin und wieder begegnen mir andere Wanderer, man grüßt sich lächelnd, aber eigentlich bin ich völlig allein. Schön, denn so kann ich die vielen Eindrücke der Natur hier noch viel intensiver erleben und aufsaugen. Der Weg an sich ist nicht besonders schwer zu gehen, durch den teilweise feuchten Untergrund sollte man aber schon gute Schuhe anhaben und grundsätzlich trittsicher sein. Für mich geht’s entlang der Gasteiner Ache mit dem Wasserlauf nach Badbruck, man kann den Weg aber natürlich auch in entgegengesetzter Richtung gehen.
Gedankenverloren und immer noch fasziniert von der Kraft und der Anmut des Wassers, höre ich plötzlich ein leises Klicken, das ich anfangs nicht zuordnen kann. Ich spitze die Ohren, höre aber nichts mehr. Als ich es schon fast wieder vergessen habe, das nächste ‚Klick’, diesmal aber schon wesentlich lauter. Außerdem höre ich Menschen angeregt miteinander sprechen. Natürlich, das habe ich ja sogar vorhin auf der Wanderkarte gesehen. Der Wasserfallweg endet genau dort, wo in Badbruck der Golfplatz beginnt. Die Zivilisation hat mich also nach ca. 45 Minuten Gehzeit wieder. Schade eigentlich. Für den Rückweg bieten sich zwei Möglichkeiten an. Entweder man nimmt den Umweg über das Kötschachtal und dann die Kaiser Wilhelm Promenade, oder den Marienweg. Beide führen zurück nach Bad Gastein. Sicherlich auch schöne Wege, doch ich habe heute einfach noch nicht genug vom Wasser und so mache ich auf meinem Absatz kehrt und wandere zurück auf dem Wasserfallweg. Jetzt aber wirklich alleine. Ich wünsche noch einen schönen Tag und viel Vergnügen beim Nachwandern.