Gerne führt Flora Löcker interessierte Gäste durch den wunderschönen Garten des Löckerwirts: Eine Rosskastanie breitet ihre Äste mit den dichten, grünen Blättern über den Tischen aus und spendet im Sommer wohltuenden Schatten. Doch nicht nur das: Flora Löcker ist ausgebildete TEH-Praktikerin (Traditionelle Europäische Heilkunde) und hat ihre Diplomarbeit über die Heilwirkung der Rosskastanie verfasst. „Von den Knospen über die Blätter und Blüten bis hin zu den Früchten und der Rinde kann von dem Baum alles verwendet werden“, erklärt die Löckerwirtin fachkundig. „Ähnlich ist es bei der Balsampappel, auf die ich wirklich erst zufällig gestoßen bin. Eines Tages bin ich im Frühsommer durch den Garten spaziert und hatte plötzlich diesen einzigartigen, süßen, balsamischen Duft in der Nase, der mich schlagartig an meine Kindheit erinnerte. Da wusste ich: Irgendwo muss eine Balsampappel stehen und genauso war es.“
Baumrarität „Lungauer Balsampappel“ für die „gute Haussalbe“
Die Lungauer Balsampappel (Populus trichocarpa ‚Lungau‘) ist ein besonderer und seltener Baum: Er kommt in den heimischen Wäldern so gut wie nicht vor, im Salzburger Lungau gilt er hingegen als „Hausbaum“ und wächst auf Bauernhöfen und Weilern. „Aus den Knospen wird Öl hergestellt und daraus wiederum die ‚gute Haussalbe‘, wie die alten Lungauer sagen“, erzählt Flora Löcker. „Die Heilwirkung der Balsampappel wurde ebenso wie die der Rosskastanie von der deutschen ‚Kommission E‘ bestätigt und findet in der Schulmedizin und in der Homöopathie Verwendung.“ Woher die Lungauer Balsampappel jedoch stammt, darin scheiden sich sogar die Geister kräuterkundiger Frauen: Flora Löcker geht von einem Ursprung in Nordamerika aus, Rosalie Hötzer vom Trimmingerhof und Autorin des Buches „Pflanzenreich“ glaubt eher, dass die Balsampappel mit den Türkenkriegen aus Kleinasien in den Lungau kam. Woher auch immer, eines ist sicher: Die vielfältige Wirkung der Balsampappel ist schon lange bekannt.
Ein Hausbaum für Hausapotheke und die feine Küche
Flora Löcker pflückt im Frühling die harzreichen und klebrigen Knospen der Pappel und legt sie für vier bis sechs Wochen in kaltgepresstem Olivenöl ein. Dieses Öl filtriert sie anschließend und verarbeitet es zur Salbe. Von den Knospen kann man auch eine Tinktur herstellen und in die Salbe einarbeiten. „Die Balsampappel ist fiebersenkend, harntreibend, abschwellend, hautpflegend und entzündungshemmend. Ich verwende sie bei Wunden und Narben genauso wie bei Fieberblasen und blauen Flecken, Verbrennungen, aber auch bei Knochenbrüchen, Rheuma oder Gicht“, erläutert Flora Löcker, die als Wirtin aber auch die kulinarischen Vorzüge der Balsampappel kennt.
So köstlich schmecken die Blätter der Bäume – kleine Anleitung
Bevor sie die großen, samtigen Blätter jedoch für ihre Gäste weiterverarbeitet, lässt sie uns riechen: Ein Hauch von Weihnachten oder Zimt umspielt die Nase – ein eigenartiger, fast heiliger Geruch, den man immer und immer wieder schnuppern möchte. Doch Flora Löcker hat heute besseres damit vor: Gemeinsam mit Esel Jonas haben wir auf einer kleinen, anregenden Kräuterwanderung durch St. Margarethen wildes und kultiviertes Grün gesucht und gefunden. Zu unseren Schätzen gehören Gänseblümchen, Lungenkraut, Schnittlauch, Petersilie, Gundelrebe, Oregano, Schafgarbe und Löwenzahnblätter. Esel Jonas hat bereits seine Portion bekommen, bevor nun die restlichen Kräuter gehackt werden. Vorsichtig streicht Flora Löcker die großen Blätter der Balsampappel glatt, belegt sie mit feinstem Lungauer Schinken und streicht eine Schicht cremigen Topfen (Quark) drauf, den sie zuvor mit den Kräuter vermischt hat. Geschickt rollt sie das Blatt ein und schneidet es in feine Scheibchen. Schon beim ersten Bissen wird klar: Kräuter und Bäume ergänzen sich perfekt. Wer nun ein erstauntes Gesicht macht, den klärt Flora Löcker gerne auf: „Viele wissen nicht, dass man die Blätter von Bäumen essen kann. Am besten schmecken sie ganz jung und frisch im Frühling. Aber es lohnt sich in jedem Fall, ein Birken-, Linden- oder Kastanienblatt genussvoll zu kauen.“
Die regenerierende Wirkung der Zirbe
Doch es sind nicht nur Laubbäume, sondern auch Nadelbäume, die für ihre heilsame Wirkung auf Körper, Geist und Seele bekannt sind. Unweit von St. Margarethen, am Fuße des Ainecks, beginnt der größte, zusammenhängende Zirbenwald Europas: Er zieht sich vom Salzburger Lungau über hundert Kilometer bis nach Judenburg im Osten und an den Millstätter See im Südwesten. Im ALMGUT – das Vital- und Relaxhotel in St. Margarethen hat man sich ganz den Vorzügen dieses alpinen Naturheilmittels verschrieben: Längst ist wissenschaftlich erwiesen, dass Zirbenholz, aber auch andere Nadelhölzer das Herz langsamer schlagen lassen und sich regenerierend auf den Körper auswirken. Die Zirbe (Zirbelkiefer, Arve) ist ein typisch alpiner Baum: Sie wächst erst ab einer Seehöhe von etwa 1.300 Metern und ist im Lungau weit verbreitet. Im Hotel ALMGUT genießen Gäste Massagen mit Zirbenstempel, im Rahmen der Aromatherapie, in der Zirbensauna oder bei einem Zirben-Honig-Bad.
Glück hat, wer das Pech der Nadelbäume sammelt
Ein uraltes Lungauer Hausmittel ist die Pechsalbe, die aus dem Harz von Nadelbäumen hergestellt wird. Fichten, Lärchen, Kiefern, Föhren und Tannen bilden das Harz (Pech) bei kleineren Wunden, wie sie bei Holzernten oder durch Spechtlöcher entstehen. Die golden schimmernden Perlen werden mithilfe eines Messers vorsichtig und oberflächlich von der Rinde geschabt, sodass keine neuen Verletzungen am Baum entstehen. „Pech darf in kleinen Mengen und für den Eigenbedarf gesammelt werden, bei größeren Mengen am besten mit dem Einverständnis des Waldbesitzers“, erläutert Flora Löcker. In Norwegen wurde die Pechsalbe sogar schon klinisch getestet – mit besten Ergebnissen. Das Pech ist ein Allheilmittel. Es wirkt keimtötend, ist antibakteriell, entzündungshemmend und zusammenziehend, wodurch sich auch die gute Wirkung des Wunderverschlusses, ähnlich wie beim Baum, erklären lässt. Die Salbe kann für tiefer liegende Beschwerden wie Rheuma, Gicht oder Husten eingesetzt werden. Das Pech wirkt wie eine Zugsalbe, kann aber auch auf Fieberblasen aufgetragen werden. Früher kauten die Holzfäller das Pech und hatten damit immer strahlend weiße Zähne.
Rezept zur Herstellung von Pechsalbe
Zutaten:
- 80 g Oliven- oder Sonnenblumenöl
- 30 g Harz (Pech)
- 20 g Bienenwachs
- eventuell eine Hand voll Wild- oder Heilkräuter
Zubereitung
- Pech und Öl im Topf vermischen und langsam auf dem Herd erwärmen. Falls das Pech viele Rindenteilchen aufweist, die Harzmenge etwas erhöhen.
- Während des Schmelzvorgangs können die Kräuter mit eingerührt werden, diese eine Viertelstunde ziehen lassen.
- Ist das Pech vollständig geschmolzen, Kräuter und Rindenrückstände abseihen.
- In das klare Öl-Pech-Gemisch Bienenwachs einrühren und schmelzen lassen. Das Wachs macht die Salbe schön geschmeidig.
- Die noch flüssige Salbe heiß in Gläser abfüllen und gut auskühlen lassen. Dann erst verschließen.