Manfreds Weg zu einem ausbalancierten Leben
Bevor Manfred das Gratzgut von seinen Eltern übernommen hat, war er Schweißer: „Ich habe sehr viel gearbeitet, und das ist mir irgendwann zu viel geworden. Als ich gesundheitliche Probleme bekam, wurde mir bewusst, dass ich einen neuen Weg einschlagen muss.“ Er entschied sich für eine dreijährige Shiatsu-Ausbildung: „In dieser Zeit hat sich einiges verändert. Ich habe ein besseres Verständnis für meinen Körper bekommen, neue Sichtweisen erlangt und Ideen entwickelt.“
Eine dieser Ideen: ein Green-Care-Auszeithof, den er gemeinsam mit seiner Frau ins Leben gerufen hat. Der Bauernhof lädt Menschen dazu ein, die Ressourcen vor Ort zu nutzen – mit dem Ziel, die persönlichen Ressourcen optimal einzusetzen, wenn man so will. Für Manfred geht es dabei insbesondere um das Zusammenspiel von Körper und Psyche, weshalb er zusätzlich eine Ausbildung zum Lebens- und Sozialberater absolvierte.
Mit dem Gratzgut bieten wir Gutes für Leib und Seele. Unsere Gäste sollen ihren Aufenthalt als Auszeit vom Alltag sehen. Im Fokus steht die individuelle Potenzialentfaltung. Das heißt nicht, dass ich Menschen verändere, sondern die Veränderung passiert aus ihnen heraus.
Das Seminarangebot am Gratzgut im Salzburger Lungau
Manfreds Seminare richten sich vor allem an Berufstätige, die sehr viel arbeiten. Die merken, dass sich die Arbeit auf ihre Gesundheit auswirkt oder auswirken könnte: „Menschen, die zu mir kommen, sind noch nicht krank. Ich arbeite mit Personen, die präventiv etwas tun wollen. Und Unterstützung brauchen, um ihr Leben so zu gestalten, dass sie keine gesundheitlichen Schäden davontragen.“
Resilienz, Achtsamkeit, Sinnfindung: Manfred bietet einen fixen Jahresplan und Tagesseminare an. Aber auch eine ganze Auszeitwoche, in der man sich intensiv jeden Tag mit sich selbst beschäftigt. Wo komme ich her? Wohin möchte ich mich entwickeln? Wann Seminare stattfinden, hängt aktuell noch stark von der Landwirtschaft ab: In ruhigeren Monaten sind zwei bis drei Seminare im Monat möglich. Zudem sind die Termine hauptsächlich am Wochenende geblockt, damit sich die Menschen nicht extra freinehmen müssen.
Übrigens: Manfred weiß aus eigener Erfahrung, dass sich Männer in der Regel mit der Selbstreflexion etwas schwerer tun. Genau aus diesem Grund bietet er für diese Zielgruppe eigene Seminare an.
Eine vielfältige Tätigkeit als (schöne) Herausforderung
Neben Kleingruppenseminaren zählen auch Einzelsitzungen zu Manfreds Angebot: „Ich habe Shiatsu-Behandlungen und Sozialberatungen, die ich stundenweise anbiete, dazu die Gruppenseminare und eben die Landwirtschaft. Das alles ergänzt sich gut. Für mich ist gerade diese Vielfalt und Abwechslung wichtig. Das körperliche Schaffen und dann wieder die Arbeit mit Menschen. Mit den Tieren und der Natur. Wenn ich ein Wochenende auf dem Feld war, freue ich mich auf Shiatsu-Behandlungen. Umgekehrt, wenn ich viel mit Menschen zu tun hatte, genieße ich die Ruhe im Stall oder im Wald. Ich brauche diesen Ausgleich.“
Gleichzeitig ist diese Vielfalt für ihn aber auch fordernd, da er stets versucht, allem bestmöglich gerecht zu werden. Schließlich gilt es, auch die Balance mit sich selbst zu halten. Zeit für sich und seine Familie zu haben. Das ist die große Herausforderung.
Von Sinnhaftigkeit, Stress und Begeisterung
Unser erster Gedanke, als wir Manfred getroffen haben? Er ist die Ruhe in Person – und das, obwohl er schon einiges erlebt und auch heute noch viel um die Ohren hat. „Das Arbeitspensum ist nicht weniger geworden. Aber die Freude daran und der Sinn haben sich geändert. Die Vielfalt. Wer ein ausbalanciertes, harmonisches Leben führt, steht viel besser im Alltag – und hält auch mehr Stress und Druck aus. Im Grunde ist es dann gar kein Stress mehr, sondern Begeisterung.“, erklärt Manfred. Genau darin liegt seiner Meinung nach der Unterschied:
Wir reden immer von Stress. Aber wenn man etwas mit Begeisterung macht, dann wird der Stress nicht als negativ empfunden. Man bleibt dabei gesund. Natürlich ist es trotzdem wichtig, auf den Körper schauen – man soll aber eben auch mit Freude einer sinnhaften Beschäftigung nachgehen.
Manfreds Ziel: berufliche und private Projekte in Einklang zu bringen
Grundsätzlich werden Manfreds Seminare gut angenommen, es wäre aber noch Platz, wie er uns erzählt: „Ich arbeite ausschließlich mit kleinen Gruppen bis acht Personen, und wenn die Plätze gebucht sind, ist ein Riesenziel erreicht. Wäre das regelmäßig der Fall, könnte ich die Landwirtschaft in eine weniger gewinnorientierte Richtung entwickeln – hin zu noch mehr Nachhaltigkeit und Sinnhaftigkeit der Nahrungsmittelproduktion.“
Er erklärt weiter: „Wir sind Bio-Bauern und sicher ganz vorne mit dabei, was die Produktionsrichtlinien angeht. Trotzdem ist natürlich immer noch mehr möglich.“ Mit 10 Hektar Gesamtfläche ist Manfreds Betrieb eher klein strukturiert. Er legt Wert auf eine abgestufte Wiesennutzung mit Blühstreifen für Insekten und Wildbienen. Zudem hält er unterschiedliche Nutztiere in überschaubarer Menge – Mutterkühe, Ziegen, Schweine, Hühner, Kaninchen und Katzen.
Das Gratzgut sieht er als rundes und zukunftsfähiges Projekt, bei dem die gesamte Familie involviert ist – von der Verpflegung vor Ort über den in das Bauernhaus integrierten Seminarraum bis hin zum Kräutergarten: „Meine Mutter und meine Schwester sind beide TEH-Praktikerinnen (Traditionelle Europäische Heilkunde) und Kräuterpädagoginnen, die ihr Wissen in speziellen Kräuterseminaren und Workshops weitergeben.“ Und auch Manfreds Ehefrau Elisabeth, die mit Kindern arbeitet, trägt einen wichtigen Aspekt zum großen Ganzen bei. So wird das Gratzgut nicht nur von Kindergartengruppen, sondern auch im Rahmen des Projektes „Schule am Bauernhof“ regelmäßig besucht.
Menschen auf ihrem Weg begleiten
Geprägt durch seine eigene Geschichte sieht Manfred immer eher die Chance als die Gefahr – und das macht ihn zu einem verlässlichen Wegbegleiter: „Es gibt viele sehr tragische Dinge, die mir Menschen erzählen. Aber es ist so: Man kann vieles nicht ändern. Man kann nur überlegen: Was wären die nächsten Schritte in eine lebenswertere Zukunft? Ich als Berater habe zwar Mitgefühl, wenn ich hier jedoch auch Leid oder Mitleid verinnerliche, hat keiner was davon.“
Auch hier geht es Manfred darum, die Mitte zu halten. Den Menschen zu stabilisieren. Und eine Richtung aufzuzeigen, die denkbar und möglich ist. Wenn ihm das gelingt, ist er zufrieden: „Die schönsten Momente sind jene, in denen ich merke, dass Menschen einen Schritt weitergekommen sind. Wenn ich die Potenzialentfaltung und Weiterentwicklung spüre. Wenn ich merke, dass sie auf dem richtigen Weg sind. Das ist für mich die größte Belohnung.“
Der Lungau im Salzburger Land – eine Region mit Riesenpotenzial
Manfred ist im Salzburger Lungau geboren und aufgewachsen. Er schätzt die Region, weiß aber auch um ihre Eigenheiten – in denen seiner Meinung nach der Reiz für Gäste liegt, die diese Umgebung bewusst wahrnehmen:
Die Ruhe, die frische Luft, die völlige Dunkelheit in der Nacht. Man merkt, es passiert etwas mit den Menschen, und ich glaube, das ist ein Riesenpotenzial für den Salzburger Lungau. Touristisch waren wir lange ein Schlusslicht. Aber unser nachhaltiges, achtsames, ursprüngliches Angebot trifft immer mehr den Nerv der Zeit. Unsere einstige Schwäche ist mittlerweile unsere Stärke.