10 ganz persönliche Fragen zum Thema „Perspektivenwechsel“
Der ehemalige Abfahrts-Weltmeister Michael Walchhofer darüber, wie sich Sichtweisen in unterschiedlichen Lebensphasen verändern, warum harte Arbeit den Erfolg versüßt und man alles schaffen kann, wenn man es nur wirklich will.
Michael Walchhofer wuchs als jüngstes von sechs Kindern in Zauchensee auf – einem kleinen Ort auf 1.350 Meter Seehöhe, in dem im Sommer nur rund 50 Menschen wohnen. Zwölf Jahre lang war er einer der erfolgreichsten Skirennläufer der Welt. Seine Paradedisziplin: Die Königsklasse „Abfahrt“. Walchhofer gewann 19 Weltcuprennen und stand 49 Mal am Podium. Er war Abfahrtsweltmeister in St. Moritz, Olympia-Zweiter in Turin und gewann dreimal den Abfahrts-Weltcup. Nach seiner aktiven Karriere wechselte er von der Piste ins Management. In seinem Heimatort betreibt er gemeinsam mit seinem Bruder drei Hotels. Zudem ist der Vater von drei Kindern ÖSV-Vizepräsident, berät Spitzenläufer und hält Vorträge zum Thema „Grenzgang Spitzensport“.#
Herr Walchhofer, Sie haben vor vier Jahren Ihre sehr erfolgreiche Karriere als Spitzensportler beendet. Wie sah diese Zeit „nach“ dem Sport aus?
Im Grunde ging es von meiner Karriere als Skirennläufer nahtlos weiter in mein „neues“ Leben: Dieser Übergang war eine herausfordernde Zeit, denn ich bin zuhause in den Hotelbetrieb eingestiegen, musste aber auch unterschiedliche Angebote sondieren und abwägen. Zum einen wusste ich ungefähr, was mich erwarten würde, zum anderen hatte ich aber nur eine leise Ahnung davon, was es bedeutet, zu 80 Prozent Hotelier zu sein. Als Spitzensportler hat man immer nur ein Ziel vor Augen: Schneller zu sein als die anderen. Das Leben danach brachte die Herausforderung mit sich, mit ganz unterschiedlichen Zielsetzungen konfrontiert zu sein. Im Nachhinein würde ich es sogar etwas anders angehen und mich erst einmal zwei bis drei Monate zurücklehnen, bevor ich neu durchstarten.Wie haben sich durch Ihr Karriereende Blickwinkel und Sichtweisen verändert?
Es verändert sich die Wahrnehmung des Sports. Als Athlet lebt man in seiner eigenen Welt. Jeder Skifahrer wünscht sich, von seinem Sport leben zu können: Er liefert seinen bestmöglichen Beitrag dazu, der Blick auf vieles andere ist verstellt. Dafür nimmt man auch ein gewisses Risiko auf sich oder besser: Man will sich mit dem Risiko gar nicht beschäftigen. Man ist nur auf das fokussiert, was man gut machen muss: Und das ist Skifahren. Bei mir war es aber so, dass ich schon Familie und Kinder hatte: Diese beanspruchen Zeit und Energie, die andere vielleicht ins Training investiert haben. Aber mir war die Familie wichtig: Ich wollte das schon immer leben. Ich denke, dass meiner Frau das Risiko, dem ich mich ausgesetzt habe, bewusster war als mir selbst. Zum anderen hab ich erst später gemerkt, wieviel sie mit den Kindern und mit dem Hotel geleistet hat, während ich Ski gefahren bin.Was war Ihr persönliches Erfolgsrezept im Spitzensport?
Wenn mir etwas besonders wichtig war, dann war ich auch besonders leistungsfähig. Mir ist nichts in den Schoß gefallen: Ich war ein Athlet, der an seinem Erfolg immer hart arbeiten musste. Doch was mir gewiss in die Wiege gelegt worden ist, ist Durchhaltevermögen. Mit viel Beharrlichkeit konnte ich über lange Zeit sehr erfolgreich sein. Ich musste immer gewisse Ziele anvisieren und im Nachhinein hat es dann geklappt.Welche Siege waren für Sie die wichtigsten und fehlt Ihnen das Gefühl des Siegens?
Der wichtigste Sieg war Gold bei der WM in St. Moritz. Der emotionalste Sieg war die Abfahrt in Kitzbühel. Das Gefühl des Siegens fehlt mir überhaupt nicht. Damals war es natürlich jedes Mal ein Wahnsinnsgefühl, ganz oben zu stehen. Als Mensch hat man ja die Eigenschaft, sich immer nur an die schönen Dinge zu erinnern. Nüchtern gesehen, würde ich aber sagen, es ist gut, dass diese Phase meines Lebens vorüber ist.In Ihrem Vortrag sagen Sie, dass Motivation, Ausdauer und mentale Stärke Voraussetzungen sind, um im Spitzensport erfolgreich zu sein. Was davon muss man in die Wiege gelegt bekommen und was kann man erlernen?
Grundsätzlich ist Erfolg immer ein Baustein von vielen: Man kann im Sport unterschiedliche Talente haben. So etwa das angeborene Talent, sportmotorisch sehr lernfähig zu sein. Oder das Talent, mit langem Atem zum Erfolg zu kommen. Jeder Athlet ist anders, verfügt über andere Potenziale, Ressourcen und Denkmuster: Jeder muss auf seine Art und Weise seinen Weg gehen. Und jeder gewinnt auf seine eigene Art. Ein wichtiger Beitrag zum eigenen Erfolg ist, diesen für sich selbst gestalten zu lernen. Und ich bin davon überzeugt, dass es den Erfolg versüßt, wenn man daran arbeiten muss.Sie sind als Vize-Präsident dem ÖSV erhalten geblieben. Wie hat sich Ihre Sicht der Dinge auf den Skirennsport in Österreich und in der Welt verändert?
Für mich ist es extrem wichtig, mit den Rennläufern in Kontakt zu bleiben, denn ich kann mich noch sehr gut an meine aktive Zeit als Athlet erinnern. Da war ich selbst immer wieder mal unzufrieden mit gewissen Vorgehensweisen. Doch nun habe ich tatsächlich einen anderen Blick und man muss ein größeres Ganzes im Auge haben. Das war mir als Athlet, wo du im Grunde ein Einzelkämpfer bist, relativ egal.Sie haben die ganze Welt bereist. Was bedeutet Ihnen Heimat?
Ich bin tatsächlich sehr heimatverbunden und ein intensiver Familienmensch. Meine Heimat ist meine Familie und da, wo ich geboren und aufgewachsen bin. Das eigene Hotel hat mir die Möglichkeit geboten, zuhause einzusteigen. Das hat mich gereizt. So habe ich nicht nur meine eigenen Familie immer in der Nähe, sondern auch noch meine eigenen Geschwister und Eltern.Sind Sie Ihren drei Kindern ein strenger Vater?
Ich versuche, Grenzen zu setzen, denn das halte ich für sehr wichtig. Aber ich habe selbst erlebt, wie wichtig es ist, die eigenen Grenzen auszuloten und würde mich selbst als Grenzgänger bezeichnen. Ich bin allerdings nicht streng im Sinne, dass ich meine Kinder zu etwas dränge. So fahren unsere Kinder beispielsweise sehr gern und auch gut Ski, aber sie sind nicht ehrgeizig, Also bin ich es auch nicht.Würden Sie aus heutiger Perspektive im Hinblick auf Ihre Sportkarriere etwas anders machen?
Mir persönlich waren Olympiasiege nie so wichtig wie andere Wettbewerbe und ich denke, dass ich daher auch nie Olympiagold gewonnen habe. Alles, was ich unbedingt erreichen wollte, habe ich erreicht, wie etwa die Abfahrtssiege in Wengen oder Kitzbühel. Im Hinblick auf Olympia würde ich heute den Fokus etwas anders setzen. Doch als ich damals 2006 Zweiter in Turin wurde, hat mich das nicht einmal geärgert.Sind Sport und Bewegung nach Ihrer Karriere ein Bestandteil Ihres Lebens geblieben?
Jein, ich mache Sport, aber nicht sehr regelmäßig. Im Winter gehe ich gerne zum Skifahren. Im Sommer genieße ich zum Beispiel eine Radtour mit meiner Familie, aber ohne Leistungsdruck und Pulsgurt. Das war zuvor ein großes Plus: Den Sport konnte ich früher während meiner Arbeitszeit machen, jetzt muss ich ihn in die Freizeit verlegen.
Persönliche Geheimtipps zum Skifahren im SalzburgerLand?
- Das schönste Skigebiet hab ich mit Zauchensee-Flachauwinkl direkt vor der Tür. Neben den bestens präparierten Pisten ist das Skigebiet auch bekannt für seine genialen Freeriderouten zauchensee.at
- Die Burgstallhütte in Flachauwinkl und die Gloneralm sind meine Favoriten in Sachen Kulinarik für all jene, die auch an einem Skitag richtig gut essen wollen burgstallhuette.com und www.gloneralm.at
- Zum Après-Ski geht’s nach einem Skitag natürlich an meine eigene Schirmbar in Zauchensee.
Urlaub bei Walchhofer
Gemeinsam mit Bruder Rupert betreibt Michael Walchhofer das Familienhotel Zauchenseehof (www.zauchenseehof.com), das Hotel Zauchensee Zentral (www.zentral.at) und neu seit Dezember 2014 das Hotel Sportwelt (www.hotel-sportwelt.com) in Altenmarkt-Zauchensee.
In der Weltmeister Schischule Top Alpin Walchhofer kann man zudem auf den Spuren des Weltmeisters die ersten Schwünge auf der Piste erlernen oder sein Können perfektionieren. Und manchmal nimmt einem der ehemalige Spitzensportler sogar unter die eigenen Fittiche und mit auf die Piste. www.walchhofer.at
Online Magazin der SalzburgerLand Tourismus GmbH
Redaktion: Franziska Lipp