„An Tagen wie diesen, wünscht man sich Unendlichkeit. An Tagen wie diesen, haben…“ Mit einem leisen, scharfen Zischen, gefolgt von einem lauten Jubelschrei, werde ich unsanft aus meinem Ohrwurm geholt. „Yes, schon wieder in die Killing-Zone! Das muss mir erst einmal einer nachmachen…“. Triumphierend reißt Babsi ihren Bogen in die Höhe und kostet den Moment intensiv aus. Na gut, ich muss es zugeben: Im 3D-Bogenschießen kann ich ihr einfach nicht das Wasser reichen. Und trotzdem passt das Lied, das mir die ganze Zeit schon im Kopf herumschwirrt wie die Faust aufs Auge. Dieser Nachmittag hier im MABOW Bogenparcours beim Hotel Gasthof Schörhof in Saalfelden ist schon ein ganz Besonderer. Oder um es mit einem Bild aus unserer Kindheit zu sagen: Spannung, Spaß und Spiel – alles zusammen in einem Ei. Oder einem Köcher. Aber jetzt mal alles der Reihe nach.
Egal wie alt wir werden, der Spieltrieb scheint einfach nicht kleiner zu werden. Gilt das nur für uns, also meine Frau Babsi und mich, oder ist das generell so? Ich weiß es nicht, ist auch nicht so wichtig. Ich kann nur sagen, dass es für uns nichts Schöneres gibt, als Neues auszuprobieren, immer wieder einmal die eigene Komfortzone zu verlassen und so unseren Horizont zu erweitern. Wie an diesem Tag Anfang Juni. Einer, wie aus dem Bilderbuch. Wenn das Blau am Himmel mit der Sonne um die Wette strahlt und der Sommer im SalzburgerLand seine erste Aufwartung macht, dann hält uns einfach nichts in unseren eigenen vier Wänden. Noch schnell ein gutes Frühstück und schon sitzen wir auf unseren Rädern und lassen uns den Wind am Tauernradweg im Pinzgau um die Ohren wehen. Langsam ziehen die Berge an uns vorüber, in den Orten herrscht buntes Treiben und das alleine würde schon das Prädikat ‚gelungener Tag’ mehr als verdienen. Doch es sollte noch viel spannender werden.

Wie Golf oder Biathlon, nur irgendwie besser
Nachdem wir Saalfelden am Steinernen Meer hinter uns gelassen haben und uns nach einer kurzen Rast wieder auf die Sättel Richtung Salzburger Saalachtal schwingen wollen, erregt plötzlich ein Schild unsere Aufmerksamkeit. ‚MABOW Bogenparcours’ steht da in großen Lettern ins massive Holz geschnitzt und mit bunter Farbe bemalt. Und da wir ja immer auf der Suche nach Neuem und auch schnell zu begeistern sind, dauert es nicht lange, bis wir uns mit Pfeilen und Bogen ausgestattet auf einem kleinen Übungsgelände befinden, und die ersten Pfeile in Richtung der Ziele schießen. Unter der fachkundigen Anleitung von Thomas Macho, seines Zeichens Betreiber des Parcours und aktueller Einzel-Vize-Weltmeister, Team-Weltmeister (2017 in Chianti/ Italien) und vielfacher Europameister in dieser Sportart, lernen wir die Grundlagen des Bogenschießens und erfahren, was uns in den kommenden zwei bis drei Stunden erwarten sollte. Die Ziele beim 3D-Bogenschießen sind keine herkömmlichen Scheiben, sondern lebensgroße Tierfiguren, die in dem hügeligen Gelände über uns verteilt stehen. Die abwechslungsreiche große Runde mit 28 Tieren bietet herrliche Blicke auf das Saalfeldener Becken und hält für fortgeschrittene Bogenschützen zahlreiche Herausforderung bereit. Wer es zu Beginn lieber etwas gemütlich angehen möchte, für den eignet sich die kleine Rund mit 18 Tieren. Und wer keine eigene Ausrüstung dabei hat, der kann sich im Verleih das passende Equipment ausborgen, bzw. im Shop erstehen. Man sieht, es ist für alles gesorgt.
Klein oder groß, diese Frage stellt sich für uns nicht und so stehen wir wenig später am ersten von 28 Zielen und legen unsere Pfeile auf ein, unter einem Baum verstecktes, Wildschwein (natürlich nur die Figur!) an. Jeder Schütze hat drei Pfeile, um das Ziel zu treffen, wobei es für den ersten mehr Punkte als den dritten gibt. Eh klar! Trifft man dann auch noch die Killing-Zone, eine auf dem Tier aufgezeichnete Zielscheibe, dann rasselt der Score so richtig nach oben. So wie bei Babsi und ihrem allerersten Pfeil. Was für eine Vorlage, das kann ja noch heiter werden für mich. Vor allem, weil ich vor lauter Mitleid dem armen Schweinchen gegenüber alle drei Pfeile vorbeischieße und mit einem klassischen Ringerl in die Runde starte. Auf dem Waldweg zum nächsten Ziel lasse ich mir Thomas’ Tipps noch einmal durch den Kopf gehen. Ganz ruhig den Bogen mit Daumen und Zeigefinger umschließen und diesen dann mit Zeige-, Mittel- und Ringfinger der anderen Hand spannen. Na bitte, das kann doch nicht so schwer sein, oder? Ist doch irgendwie wie Golfen, nur besser.

Gorilla, Ziege, Kitzsteinhorn
Über schmale Wege geht es von Ziel zu Ziel immer weiter den Hang hinauf und wir geraten am einen oder anderen Ziel schon mal ein bisschen ins Schwitzen. Kurz durchschnaufen, den Bogen spannen und schon schwirren die Pfeile durch die Luft. Einmal schießt man steil nach oben in Richtung Steinadler, dann wieder bergab auf eine friedlich grasende Bergziege. So manche Tiere verstecken sich auch gerissen hinter buschigen Gräsern. Das spektakulärste Ziel des Parcours ist sicherlich der weiße Gorilla, der thronend in der Mitte des Geländes steht. Von dort aus hat man nicht nur ein herrliches Panorama auf das schneebedeckte Kitzsteinhorn, man überblickt auch das ganze Gelände und kann anderen Gruppen beim Schießen zusehen. Begeisterung am Bogensport scheinen dabei die verschiedensten Leute zu finden, und man kann keine genaue Zielgruppe ausmachen. Von Kindern über Jugendliche bis hin zu Erwachsenen jeglichen Alters scheinen wirklich alle ihren Narren daran gefressen zu haben, bewaffnet mit Pfeil und Bogen durch die Natur zu marschieren und dabei Jagd auf Schaumstofftiere zu machen. So wie wir.
Nach 28 Tieren und gefühlten 300 Schuss erreichen wir ausgepowert aber euphorisch wieder unseren Ausgangspunkt beim Verleih und Shop. Grinsend erwartet uns schon Thomas und fragt uns, wie es denn gelaufen sei. Ohne Übertreibung: Es war toll! Nach einem kühlen Getränk auf der Hausbank verabschieden wir uns und nehmen seinen Rat an, vor dem Weiterfahren doch noch im Gasthof Schörhof eine Kleinigkeit zu essen. Ein guter Tipp, denn das Essen hier im schattigen Gastgarten ist hervorragend. Lachend lassen wir den Nachmittag noch einmal Revue passieren und sind uns einig, bald wieder zu kommen. Auch wenn ich heute keine Chance hatte – das nächste Mal werde ich dann meine Robin Hood Qualitäten aus dem Hut zaubern und das Siegerlächeln tragen. Oder zumindest übernächstes Mal…

MABOW Bogenparcours beim Hotel Gasthof Schörhof
Marzon 10
5760 Saalfelden
direkt an der B311 – Parkplatz beim Gasthof Schörhof
www.mabow.at
Fotos © Peter Zeitlhofer