Die beiden Kapruner Stauseen, Wasserfall- und Mooserboden, an der Grenze zum Nationalpark Hohe Tauern sind ein bequem erreichbares Ausflugsziel und Monument technischer Höchstleistungen.
Auf 2.040 Meter Seehöhe, mitten im Hochgebirge, liegen die beiden Seen. Wie grün funkelnde Edelsteine sind sie eingebettet zwischen den mächtigen Gipfeln der umliegenden Dreitausender. Fast könnte man meinen, man blickt auf stille norwegische Fjorde, doch diese Seen sind kein Geschenk von Mutter Natur, sondern eine technische Höchstleistung der Nachkriegszeit.
Entdeckungsreise in die Welt der Wasserkraft
Ich schnüre meine Wanderschuhe und begebe mich auf Entdeckungsreise in eine Welt, wo wilde Natur auf überwältigende Technik trifft. Am Ende des Kapruner-Tals, am Parkplatz Kesselfall, lasse ich mein Auto zurück und besteige einen der Transfer-Busse, die die Besucher komfortabel bis zu den Stauseen bringen. Ein erstes technisches Highlight wartet mit dem Lärchwand-Schrägaufzug, dem größten offenen Schrägaufzug Europas, auf mich. Also, raus aus dem Bus und rein in den Aufzug, denn 178 Besucher finden auf diesem Transportmittel Platz. Während des Baus der Hochgebirgsstauseen war dieser Aufzug die einzige Möglichkeit, schwere Maschinen, Baumaterialien und Lastwagen ins Hochgebirge zu bringen. Am Ende des Lärchwand-Schrägaufzugs steigen wir alle wieder in einen dort wartenden Bus zur Weiterfahrt.
Der Bau der Stauseen
Kurve um Kurve bringt uns der Bus weiter hinein in die wilde Natur an der Grenze zum Nationalpark Hohe Tauern. Während der Fahrt nutze ich die Zeit, mich in die Baugeschichte der Stauseen einzulesen. Im September 1944 wurde mit dem ersten Maschinensatz im Kraftwerk Kaprun-Hauptstufe und dem Hilfsspeicher am Stausee Wasserfallboden der Betrieb aufgenommen. 1951 war der Bau der 120 m hohen Gewölbemauer Limberg beendet worden, wodurch 1952 das Kraftwerk Kaprun-Hauptstufe eröffnet werden konnte. Mit dem Bau des Kraftwerkes Kaprun-Oberstufe wurde 1950 begonnen. Bis 1955 konnten die Mooser- und Drossensperre des Speichers Mooserboden, die beiden Sperren des Speichers Margaritze, das Oberstufenkraftwerk sowie der 12 km lange Möllüberleitungsstollen, fertiggestellt werden. Offiziell wurden die Tauernkraftwerke durch die Fertigstellung der Mooser- und Drossensperre am 23. September 1955 in Betrieb genommen. (Quelle: Wikipedia)
Energie aus Eis
Am Ziel, direkt an der mächtigen Staumauer Mooserboden, angekommen, starte ich meine Wanderung über dieses imposante Bauwerk. 84,9 Millionen Kubikmeter Wasser werden von der Talsperre zurückgehalten. Der Großteil des gestauten Wassers ist Schmelzwasser der umliegenden Gletscher. Vor allem der Pasterzengletscher des Großglockners liefert Wasser, das im Stausee Margaritze in Kärnten gesammelt und durch den 11,5 km langen Möll-Überleitungsstollen in den Speicher Mooserboden geleitet wird. 107 m hoch und 500 m lang ist die Staumauer und an der Basis ist sie rund 70 m dick. Staunend blicken die Besucher auf dieses technische Bauwerk. Einige entscheiden sich für eine Staumauerführung, bei der man ins Innere der Mooser-Sperre gelangt. Andere begeben sich in die „Erlebniswelt Strom und Eis“ ins Besucherzentrum.
Rendezvous mit dem Limberg-Zwerg
Ich jedoch nutze das traumhafte Wetter für einen sportlichen Ausflug in die Klettersteigarena Höhenburg. Drei Klettersteige in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden eröffnen am Ende der Staumauer unglaubliche Ausblicke auf die Stauseen und ins Zeller Becken. Der „Limberg-Zwerg“ ist der einfachste der Steige in diesem hochalpinen Umfeld. Ich lege das Klettersteig-Geschirr an, klinke die Karabiner ins Sicherungsseil und steige auf, denn auch die „Mooser-Mandl“ und „Drossen-Hex“ will ich später noch bezwingen. Tief unter mir liegt die stille Wasserfläche der Stauseen und am Kinderlehrpfad „Strom-Trail“ rund um den Mooserboden kann ich an den einzelnen Stationen einige kleine Besucher ausmachen. Die Kraft des Wassers, die gespeist von diesen riesigen Seen Strom erzeugt, wird aus dieser Perspektive noch deutlicher spürbar!
Fotos: © Verbund