Infinity-Pool, Saunawelt und stets aufgeräumte Ruheräume mit Duftnote, dazu leise Musik: Damit verbinden wir für gewöhnlich den Wellnessbegriff. Saalbach Hinterglemm geht aber mitunter auch ungewöhnliche Wege. Um Wellness weiter zu denken bedienen sich die Glemmtaler an Naheliegendem und verlegen den Schauplatz ins Freie.
Es mag eine Lehre aus der Geschichte sein, weshalb sich Saalbach Hinterglemm den Wald zum Schatz auserkoren hat und ihn so besonders wertschätzt. Zu Zeiten der Siedler war Holz als Bau- und Heizmaterial gefragt, außerdem fand sich mit der Saline Bad Reichenhall ein Großabnehmer. Kommerzielle Interessen führten einst zu einem Kahlschlag, letztlich mangelte es zum einen an Bäumen, außerdem drohte in der Folge auch die Luftqualität Schaden zu nehmen. Kurzum: Die heute rund 4.000 Hektar Wald auf den Hängen des Glemmtals sind keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Verdienst von darauffolgenden Generationen, die fleißig aufgeforstet haben und deren Werk unter neuem, geschärftem Bewusstsein nie wieder zum Raub von Profitinteressen werden sollte.
Raufkommen um runterzukommen
Wer heute ins Glemmtal fährt, der bemerkt einen schier imposanten Reichtum an Wald. Eindrucksvoll wurde dieser Naturraum zurückgewonnen. Glasklares Quellwasser, frische Luft, dazu Beeren und Schwammerl in Hülle und Fülle. Fährt man mit der Gondel auf den Reiterkogel, hoch über Hinterglemm, dann bekommt man bei traumhafter Aussicht einen Überblick und eine Vorstellung von den immensen Dimensionen, die der Wald hier wieder angenommen hat.
Die heutige Wertschätzung für den Wald zeigt sich ebenfalls hier, aber der Reihe nach: Zwei Stunden zuvor bestellt, holen wir an der Reiteralm zunächst nur unseren vollbepackten Picknickkorb mit Decke und regionalen Köstlichkeiten ab und lassen uns mit einem schmackhaften Wildkräuter-Smoothie willkommen heißen – das faszinierende Bergpanorama heben wir uns für später auf.
Das Wohlgefühl des Waldes
Kaum oben auf 1.700 Metern Seehöhe angekommen, wollen wir zunächst richtig runterkommen – geistig versteht sich. Wir erblicken schon die Waldgrenze unmittelbar oberhalb der Reiteralm. Dort treten wir ein in den Wald-Wellness-Weg, den die Glemmtaler in den letzten Monaten geschaffen haben und heute stolz der Öffentlichkeit präsentieren. Noch ehe ich mir die knackigen Infos zum Thema Wald auf den originellen Tafeln durchlese, kommt meine Feststellung: „Stimmt ja wirklich, was da steht!“
Die natürlichen Killerzellen im Körper vermehren sich um 40 Prozent, diese stärken das Immunsystem und entfernen kranke Zellen aus dem Körper. Großartige Fakten, die im ersten Wohlgefühl nach Betreten des Waldes gar untertrieben erscheinen. Mich begeistert, wie im Dickicht der Bäume augenblicklich positive Gedanken auf mein Gemüt einfallen und ich voller Achtsamkeit nur die Dinge wahrnehme, die hier und jetzt wirklich zählen. Der Termin danach – ach lass ihn doch kommen, und dass soeben der topfitte Saalbacher Altbürgermeister wieselflink an meinem jungen Semester vorbeigesaust ist: für den Moment ist’s mir vollkommen egal.
Baden wie die Japaner
Ich bin eingetaucht in den Naturraum Wald und mir wird langsam klar, warum hier alle von „Waldbaden“ reden. An der Waldbibliothek, einer kleinen hölzernen Installation entlang des wohligen Pfades, macht unsere Wandergruppe halt – Altbürgermeister Peter Mitterer wäre eingeholt. Ich mache es mir bei einem Gläschen Waldkräutersekt auf einer der Hängematten gemütlich, während mehrere sportive Damen bei Yoga-Vorführungen auf den eigens dafür angebrachten Plattformen ihre Eleganz und Fitness demonstrieren.
Eine Fläche wäre noch frei, ich möchte aber nicht mitmachen und lausche stattdessen den Worten von Martin Enn. Er ist Initiator dieser tollen Idee, die ursprünglich eben als „Waldbaden“ bekannt ist und aus Japan kommt – fernöstliche Inspiration, die jetzt in diesem 200 Jahre alten Fichtenwald unter dem Begriff „Wald-Wellness“ ihr passgenaues Abbild findet. Enn sollte genau die richtigen Worte für mich finden, er erzählt: „Wer sich im Wald aufhält, der muss sich gar nicht groß sportlich ins Zeug legen, um die positiven Wirkungen zu erfahren und mitzunehmen – völlig okay, sich hier einfach nur zu entspannen.“
Nach dem Picknick: Ein Ausklang mit Aussicht
Mein verschmitztes Lächeln ist noch gar nicht abgeklungen, da springe ich doch plötzlich eilig aus der Hängematte. Wenige Meter weiter wird die farbenfrohe Picknickdecke ausgebreitet, darauf der reichlich gefüllte Korb, den die Herrschaften jetzt für uns öffnen. Die regionalen Schmankerl daraus sind gewissermaßen das Tüpfelchen auf dem i für alle, die es sich beim Waldbaden an nichts fehlen lassen möchten. Herrlich leichte Kräuteraufstriche, feinster Käse, backfrisches Brot – ein schmackhaft gesunder Mix für den Körper, während die Seele längst ihre Balance gefunden hat.
Zurück an der Waldgrenze lichtet sich das Dickicht und es öffnet sich zugleich das herrliche Bergpanorama. Wir spazieren wieder hinunter zur Reiteralm, wo sich die tolle Aussicht auf der Terrasse am besten genießen lässt. Wer noch nicht genug hat: zu entdecken gibt’s rundum noch allerlei. Hochseilgarten, Heilkräuterweg, dazu rundum Alpenblumen und nicht zuletzt den malerisch angelegten Steingarten, von wo aus sich traumhafte Panorama-Schnappschüsse machen lassen.
Fotos (c) Christoph Dum; Tourismusverband Saalbach Hinterglemm, saalbach.com