Der erste Dreitausender ist ein unvergessliches Erlebnis. Doch wie bereitet man sich optimal auf die Besteigung eines hohen Gipfels vor? Wir haben bei Mag. Michael Mayrhofer, Sportwissenschafter und Partner des Instituts „Personal Fitness“ nachgefragt.
Der Salzburger, der selbst begeisterter Bergsportler ist, hat zudem exklusiv ein Trainingsprogramm erstellt. Es gibt also keine Ausreden mehr: der nächste Bergsommer kommt bestimmt!
Herr Mayrhofer, was war Ihr erster Dreitausender? Und welche Erinnerung haben Sie an diese Tour?
Mein erster Dreitausender war der Hohe Sonnblick im Raurisertal und ich war erst zwölf Jahre alt. Auf dem 3.106 Meter hohen Gipfel steht Europas höchstgelegene Wetterwarte. Die Bergtour war ein überwältigendes Ereignis, das mich nachhaltig geprägt hat und das ich nie im Leben vergessen werde.
Sie haben ein Trainingsprogramm für unsere Leser*innen erstellt. Es richtet sich an Menschen, die nahe an den Bergen wohnen und die auch in bzw. mit den Bergen trainieren können. Bleibt ein Dreitausender für jemanden, der beispielsweise aus Norddeutschland für 10 Tage ins SalzburgerLand anreist, ein unerreichbares Ziel?
Nein, keinesfalls. Wichtig ist aber, dass man eine gute körperliche Fitness sowie erste Erfahrungen in den Bergen mitbringt. In Begleitung eines Bergführers sollte die Besteigung eines Dreitausenders möglich sein. Allerdings sollten diese drei Punkte wirklich gegeben sein: Körperliche und mentale Fitness, Wander-Erfahrung sowie ein heimischer Bergführer, der sich gut auskennt.
Wie kann ich mich auf einen Wanderurlaub optimal vorbereiten, etwa im Fitness-Studio, in der Natur, etc.? Welche Muskelgruppen gilt es, besonders gut zu trainieren?
Die Vorbereitung auf einen Wanderurlaub sollte sowohl im Fitness-Studio als auch draußen in der Natur erfolgen, denn es braucht beides: Eine gute Grundlagenausdauer und Kondition, aber auch Koordination und Trittsicherheit, die man am besten draußen trainiert. Keyplayer beim Wandern und Bergsteigen ist die Beinmuskulatur. Vor allem die Oberschenkelmuskulatur lässt sich gut an Geräten oder mit dem eigenen Körpergewicht trainieren. Längere Wanderungen – auch im Flachland – sollten Teil der Vorbereitung sein. Das wichtigste ist die Kontinuität, nichts läuft von einer Woche auf die andere.
Muss ich ein spezielles Höhentraining absolvieren, wenn ich auf einen Dreitausender will?
Nein, ein Höhentraining vorab ist nicht notwendig. War man die vergangenen zwei bis drei Monate vor der Bergtour gar nicht in der Höhe, wäre es gut, beim Aufstieg auf die Herzfrequenz zu achten. Hat man den Eindruck, der Puls würde davongaloppieren, einfach das Tempo reduzieren und langsamer gehen. Langsam anfangen, ist überhaupt ein guter Tipp: Viele starten viel zu schnell los.
Wie kann ich einem Muskelkater vor Ort vorbeugen?
Nach der ersten Bergtour unbedingt dehnen, dehnen und nochmals dehnen! Am zweiten und dritten Tag sind 20 bis 30 Minuten leichtes Radfahren ein guter Tipp gegen Muskelkater.
Was ist zum Thema Akklimatisation zu sagen? Jemand, der beispielsweise nach Filzmoos reist, nächtigt auf über 1.000 Metern Seehöhe: Wie machen sich Probleme mit der Höhe bemerkbar?
Bei etwa 1.000 Meter Seehöhe ist die Akklimatisierung kein Thema bzw. sie bereitet so gut wie keine Probleme. Bei sehr empfindsamen Menschen könnte sie sich durch unruhigen Schlaf oder leichte Kopfschmerzen bemerkbar machen. Aber das ist auch schon alles und sehr selten.
Hochalpine Touren unterscheiden sich wesentlich in Länge und Schwierigkeitsgrad von Almwanderungen. Welche körperlichen bzw. mentalen Voraussetzungen sollte man für die Besteigung eines Dreitausenders mitbringen?
Die wichtigsten Faktoren für die Besteigung eines Dreitausenders sind Zeit und die innere Überzeugung, dass man auf diesen Gipfel will und es auch schaffen wird. Weiters wichtig sind ein erfahrener Bergführer und dann ganz klar genügend Flüssigkeit: Der Körper braucht in der Höhe mehr Flüssigkeit. Grundsätzlich gilt außerdem: Am Abend vor einem so großen Vorhaben keinen Alkohol trinken! Feiern besser danach!
Welche Rolle spielt der Kopf beim Bergsteigen? Bergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner hat einmal gesagt, die Bergtour ist nicht am Gipfel zu Ende, sondern wenn man wieder zurück im Tal ist. Was gilt es hier zu bedenken?
In der Tat ist – statistisch gesehen – der Abstieg der gefährlichste Teil einer Bergtour, weil körperliche Kräfte und Konzentration nachlassen. Daher unbedingt die Kräfte gut einteilen und Kopf und Körper darauf programmieren, dass der Gipfel im Grunde genommen erst ein Zwischenziel ist.
Gerade gut trainierte Menschen sind in den Bergen oft erstaunt, dass sie ihr Vorhaben unterschätzt haben. Wie kommt es, dass die Berge auch für sportliche Menschen eine größere Herausforderung sind als gedacht?
Die Natur mit all ihren Faktoren wie Wetter, Höhe, Untergrund, Temperaturunterschiede etc., aber auch die Routenauswahl halten Überraschungen bereit. Eine Bergtour kann man zwar akribisch planen, aber niemals lassen sich alle Faktoren im Vorhinein einkalkulieren. Zudem sind körperliche Belastungen am Berg von über drei bis vier Stunden wenig simulierbar und werden von vielen Menschen unterschätzt. Daher noch einmal: Lange Wanderungen am Stück – auch im Flachland – sind wichtig, damit man ein Gefühl für die Länge einer Hochtour bekommt.
Warum raten Sie ortsunkundigen Bergsteigern bei der Besteigung eines Dreitausenders zu einem Bergführer?
Weil es wirklich der einzige Weg ist, solche Touren sicher, lehrreich und freudvoll zu absolvieren!
Vielen Dank für das Gespräch!
Optimale Vorbereitung für meinen ersten 3.000er – Einfach fit nach der „Personal Fitness Methode®“
Konditionstraining (für Einsteiger):
Erster Monat:
- eine Bergtour im Ausmaß von 500 bis 700 Höhenmeter pro Woche
- Minimum: 3 Touren in diesem Monat
Zweiter Monat:
- eine Bergtour im Ausmaß von 800 bis 1.000 Höhenmeter pro Woche
- Minimum: 3 Touren in diesem Monat
Dritter Monat:
- eine Bergtour im Ausmaß von 1.200 bis 1.300 Höhenmeter pro Woche
- Minimum: 3 Touren in diesem Monat
Tourentipp: Von der einfachen Almtour bis auf 3.106 Meter Seehöhe
Tour 1 –Mayerlehenhütte, Gruberalm (Fuschlseeregion)
- Start: Parkplatz Lämmerbach, Hintersee
- Dauer: ca. 1,5 Stunden
- Untergrund: Forststraße
- Strecke: 4,8 km
- Höhenmeter: 220 hm
- Höchster Punkt: 1.036 Meter Seehöhe
- Schwierigkeit: einfach
Tour 2 – Zwölferhorn, St. Gilgen (Wolfgangseeregion)
- Start: Parken Talstation Zwölferhornseilbahn, St. Gilgen
- Route: Aufstieg zum Gasthaus Weisswand, Sausteigalm, Elferstein zum Gipfel. Abstieg entlang der Gondel zur Sausteigalm und der Aufstiegsroute.
- Dauer: ca. 4,5 Stunden
- Untergrund: Steig
- Strecke: 10,2 km
- Höhenmeter: 964 hm
- Höchster Punkt: 1.498 Meter Seehöhe
- Schwierigkeit: mittel
Tour 3 – Hochgründeck, St. Johann im Pongau (Salzburger Sportwelt)
- Start: Parken in der Ginau
- Route: Rundtour: Aufstieg über Ginaukapelle, Heinrich-Kiener-Haus zur Friedenskapelle.
- Dauer: ca. 5 Stunden
- Untergrund: Wanderweg
- Strecke: 9,3 km
- Höhenmeter: 746 hm
- Höchster Punkt: 1.827 Meter Seehöhe
- Schwierigkeit: mittel
Tour 4 – Gerzkopf, Filzmoos (Salzburger Sportwelt)
- Start: Parken Abzweigung Gseng
- Route: Rundtour: Aufstieg über Nestlerhof und „Schwarze Lacke“. Abstieg über Schafalm, Gsengplatte, Langeggsattel zum Neubergerhof.
- Dauer: ca. 6 Stunden
- Untergrund: Waldweg, Steig
- Strecke: 11,6 km
- Höhenmeter: 791 hm
- Höchster Punkt: 1.728 Meter Seehöhe
- Schwierigkeit: mittel
Tour 5– Hoher Göll, Rossfeldstraße (Tennengau)
- Start: Parken an der Rossfeldstraße
- Route: Abstieg wie Aufstieg. Aufstieg vom Egger-Sattel über 1.500 Stufen zum Purtscheller-Haus.
- Dauer: ca. 7 Stunden
- Untergrund: Steig, Geröll, Kamin (Stahlseil & Eisenstifte)
- Strecke: 3,9 km
- Höhenmeter: 1.137 hm
- Höchster Punkt: 2.522 Meter Seehöhe
- Schwierigkeit: schwer
Tour 6 – Mosermandl, Riedingtal/Zederhaus (Salzburger Lungau)
- Start: Parkplatz Franz-Fischer-Hütte
- Route: Rundtour. Aufstieg über Franz-Fischer-Hütte, Zaunersee, Windischscharte. Abstieg über Steig auf Südseite zur Franz-Fischer-Hütte.
- Dauer: ca. 6,5 Stunden
- Untergrund: Steig, Geröllfelder, Kamin (Stahlseil)
- Strecke: 12,7 km
- Höhenmeter: 1.225 hm
- Höchster Punkt: 2.660 Meter Seehöhe
- Schwierigkeit: schwer
Tour 7 –Rauriser Sonnblick (Nationalpark Hohe Tauern)
- Start: Parkplatz Lenzanger, Kolm Saigurn
- Route: Abstieg wie Aufstieg. Aufstieg über Naturfreundehaus, Barbarawasserfall, Schutzhaus Neubau, Rojacherhütte und über den Grat zum Zittelhaus (Übernachtung möglich).
- Dauer: ca. 10 Stunden / auch 2-Tages-Tour möglich
- Untergrund: Forststraße, Steig, Steinplatten
- Strecke: 12,4 km
- Höhenmeter: 1.500 hm
- Höchster Punkt: 3.106 Meter Seehöhe
- Schwierigkeit: schwer