„Ich mag´s ja bauchig – tassentechnisch“, freue ich mich über die außergewöhnlich rundliche Kaffeetasse, die ich bei einem Bike-Einkehrschwung im „Mama Thresl“ in Leogang in Händen halte. „Mei bist du liab“, steht auf dem dicken braun glasierten Bauch der Tasse und neben Optik und Haptik verrät der Stempel am Tassenboden, dass ich hier handgefertigte Keramik in Händen halte.
„MW“ verrät der Stempel am Boden der Tasse. „Michael Weißensteiner, ein Keramik-Meister aus Saalfelden produziert in einer Kleinserie Tassen, Bierkrüge und Gin-Flaschen fürs Mama Thresl und Priesteregg“, erfahre ich und mache mich auf die Suche nach diesem Handwerker, der einige Hotels, Tourismusverbände und Restaurants im SalzburgerLand mit außergewöhnlicher Keramik beliefert.
Hier geht´s rund
Eine sich drehende Töpferscheibe. Zwei Hände, die sich zart auf den Tonklumpen legen und ihn hochziehen zu einem Gefäß. Augenblicklich erscheinen Bilder von Demi Moore und Patrick Swayze in der Kern-Szene des Kino-Hits „Ghost – Nachricht von Sam“ vor dem inneren Auge. Helena Mitterlindner und Michael Weißensteiner lachen: „Ich glaube, wir sind die einzigen, die diesen Film noch nicht gesehen haben!“ Ich bin zu Besuch in der Keramik Werkstatt Weißensteiner im Herzen von Saalfelden.
Vater und Tochter werkeln hier gemeinsam und lassen mit ihren Händen hochwertige Gebrauchskeramik entstehen. Das Ausgangsprodukt der wunderschönen Tassen, Krüge, Teller, Weinkühler und Flaschen ist nichts anderes als verwitterter Granit. „Ton entsteht durch die Zersetzung von Feldspat. Fügt man Wasser hinzu, wird er formbar.“ Das hört sich plausibel an. Und zugegeben, es sieht auch ziemlich einfach aus, blickt man dem Keramikmeister an der Töpferscheibe über die Schultern. Tonkugel in die Mitte klatschen, Töpferscheibe anstarten und schon geht´s rund. Dann einfach die Hände auflegen und bald erkennt man den charakteristischen Bauch der Tasse. Doch einfach ist es keinesfalls, wie jedem klar ist, der selbst schon mal an der Töpferscheibe saß. Ohne Übung fliegt der Ton dem Laien recht schnell um die Ohren und beim Aufziehen der Wände entsteht etwas, was nie einem Trinkgefäß ähneln wird.
Tassen für Red Bull
Jahrzehntelange Erfahrung lässt dieses Handwerk bei Michael, der vor vielen Jahren der Liebe wegen von Freiburg nach Österreich zog, fast spielerisch aussehen. Seit 1996 gibt es seine Keramik-Werkstatt in Saalfelden. Anfangs waren es die Ton-Weinkühler, die besonders in der Gastronomie begeisterte Abnehmer fand. Während Michael die Tasse mit einem gekonnten Schnitt von der Scheibe löst, mit seinem Stempel versieht und beiseitestellt, erzählt er: „Bald habe ich das Sortiment um Tassen, Krüge, Vasen und Teller erweitert. Mama Thresl und Priesteregg waren meine ersten Gastro-Kunden, denen über die Jahre viele weitere Tourismusbetriebe gefolgt sind. Unser prominentester Auftrag war wohl die Sonderedition einer Kaffeetasse, die wir für Red Bull in großer Stückzahl produzieren durften.“
Da diese großen Aufträge nicht allein getöpfert werden können, ist seit zehn Jahren auch Tochter Helena mit in der Werkstatt. Sie lacht: „In meinem Poesiealbum stand zwar unter der Frage ,Was ich nie werden will‘ die Antwort ,Töpfer‘, aber als ich den Bachelor für Design & Produktmanagement in Händen hielt, wurde mir klar, dass ich nicht an den Schreibtisch wollte. Ich schickte also meinem Papa eine offizielle Bewerbung für eine Lehrstelle in der Töpferwerkstatt.“ Und dieser war verblüfft, wie er zugibt: „Damit hatte ich nicht gerechnet, mich aber sehr darüber gefreut. Sie hat nun das Handwerk von der Pike auf gelernt und gemeinsam produzieren wir in der Werkstatt, gehen auf Töpfermärkte, wie etwa beim Mittelalterfest auf der Festung Hohensalzburg im September. Hier kann man uns beim Schautöpfern in Original-Mittelaltergewandung über die Schulter blicken.“
Schönheiten aus Dreck
Beobachtet man Helena, die nun mit effizienten und fließenden Bewegungen aus Ton Henkel formt und mit einem gekonnten Schlenker an die bauchigen Tassen anbringt, dann merkt man ihre Freude am Tun. Der Poesie-Album-Eintrag hat sich also nicht bewahrheitet, wie sie bestätigt: „Ich liebe das Töpfern! Es ist wunderbar, aus Dreck etwas Schönes zu machen. Der Lehm, der so lange unter der Erde war, wird in unseren Händen geschmeidig und wir formen ihn zu Gebrauchskeramik, die Freude macht.“ Vater Michael stimmt ihr zu und meint sogar: „Es ist fast meditativ, wenn man an der Töpferscheibe sitzt. Der Kopf muss frei sein für das Handwerk, sonst wird das Werkstück nichts. Und schnell, schnell geht hier sowieso nicht, denn so eine Tasse nehmen wir bis zur Fertigstellung sicher 20 Mal in die Hand und mit Brenn- und Trockendauer benötigt sie ein paar Tage.“ Während nun eine Partie der Tassen in einem der beiden großen Brennöfen wandert, ist eine andere Bestellung bereits fertig fürs Ausliefern. „Und das,“ so erklärt der Keramikmeister, „ist heute Chefsache. Ich bringe sie mit dem Lastenrad zum Kunden.“
Töpferkurse für Anfänger
Während der kreative Kopf pedalierend durch die Gassen Saalfeldens verschwindet, kehrt Helena in die Werkstatt zurück. Sie bemerkt mein begieriges Schielen auf die nun leere Töpferscheibe und lacht: „Wenn du dich selbst mal an der Töpferscheibe versuchen willst, kommst du am besten zu meinen Kursen. Ab 2025 habe ich eine eigene Kurs-Werkstatt hier in Saalfelden, in der ich für alle Interessierten Anfängerkurse an der Töpferscheibe anbiete.“ An der Tür bimmelt es und eine Kundin auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk tritt ein – die Werkstatt ist nämlich gleichzeitig auch Verkaufsraum. Auf den Regalen finden sich Tassen, Krüge, Salzstreuer, Butterdosen, Weinkühler oder dekorative Rosenkugeln für den Garten. Ich verlasse mit meiner neuen – und natürlich besonders bauchigen – Kaffee-Tasse und einer fixen Buchung für den Töpferkurs die Werkstatt und freue mich seitdem bei jedem Morgenkaffe über die wunderschöne Keramik, Made in SalzburgerLand.
Kontakt:
Keramik Werkstatt Michael Weißensteiner
Lofererstraße 46
5760 Saalfelden
info@keramikweinkuehler.at