Schon Max Reinhardt hat in seinem Regie-Konzept für den Domplatz die Glocken der umliegenden Kirchen einbezogen: Die Domglocke läutet Anfang und Ende der letzten Stunde des reichen Mannes ein, nachdem die Franziskaner-Glocke zuvor mit ihrem Schall schon düstere Ahnung aufkommen ließ. Genauer gesagt, die Maria-Himmelfahrts-Glocke, mit 650 Kilo die drittgrößte im Glockenturm der Franziskanerkirche. Wenn man die 250 Stufen des Turms hinauf steigt, sieht man noch die Löcher, durch die früher die Zugseile geführt wurden. Gottfried Seer kann sich noch erinnern, wie er als Ministrant in Großarl durch die Lüfte gezogen wurde… Heutzutage drückt er einen Kopf, wenn die Inspizientin per Funk das Zeichen für das todesbange Läuten gibt. An seinem sprichwörtlichen Logenplatz hoch oben über der Altstadt steht Gottfried seit 2002, als Christian Stückl den „Jedermann“ erneuerte und ihn, zuvor bei Gernot Friedel als Rufer auf der Festung postiert, zusätzlich zum Glöckner ernannte. Damals wollte Stückl alle Glocken hören und Gottfried drückte fleißig Knöpfe, bis der verzweifelte Messner erschien: Die Arme-Seelen-Glocke läute nur , wenn der Papst stirbt!
Inzwischen erkennt Gottfried Seer auch die Glocken der umliegenden Kirchen an ihrem Klang und wenn der Wind ungünstig ist, kommt manchmal Konkurrenz jenseits der Salzach auf den Domplatz geweht. Was sagt er zu den Gerüchten, die nächste Neu-Inszenierung des alljährlichen Festspielmythos würde ohne Glocken und Rufer auskommen? „Ach!“ schüttelt er den Kopf. Und setzt an: „Jeeedeeermaaannn!!!“