Der Besuch eines Museums kann eine gute Möglichkeit sein, seinen kulturellen Horizont zu erweitern. Meist wird man jedoch von argwöhnischen Blicken der Museumswächter, einem Schilderwald von Verboten und einem schrillen Alarmton, bei jeder näheren Betrachtung der Kunstwerke gestört. Ganz anders beim Kunstprojekt der Salzburg Foundation. Hier wird die Interaktion mit den Kunstwerken geradezu gefordert. Die Kunst im öffentlichen Raum schafft es zudem auch besonders Menschen, die sich nicht unbedingt mit Kunst auseinandersetzen, auf jene aufmerksam zu machen.
Unter der künstlerischen Leitung von Prof. Dr. h. c. Walter Smerling wurde das Kunstprojekt 2002 von der Salzburg Foundation ins Leben gerufen. In über zehn Jahren wurden unter einem unabhängigen Expertenteam Künstler ausgewählt, die sich mit dem Thema Salzburg auseinandersetzen und in einem Kunstwerk verwirklichen. Das Besondere an dem Projekt ist, dass die Künstler den Standort ihrer Werke selbst wählen durften. Das Kunstwerk wirkt also mit der Umgebung in der es steht.
Anselm Kiefer – A.E.I.O.U. (2002)
Direkt am Furtwänglerplatz steht Anselm Kiefers Beitrag zum Kunstprojekt der Salzburg Foundation. Ein Pavillon in Kubusform, der im inneren 3 Kunstwerke zeigt. Ein Gemälde bespannt mit einem Zaun und einem Zitat aus Ingeborg Bachmanns Gedicht „Das Spiel ist aus“. Gegenüber eine Skulptur aus Dornen und verbrannten Büchern. An der Decke sein Markenzeichen – die Glühbirnen. Die Stimmung im Pavillon bringt eine Thematik auf, die seither Unbehagen in den Menschen auslöst – der zweite Weltkrieg. Auch Salzburg hat eine Vergangenheit zu diesem Thema, die Anselm Kiefer in seinem Werk aufarbeitet.
Mario Merz – Ziffern im Wald (2003)
Spaziert man gemütlich über den Mönchsberg, könnte es gut sein, dass man an Mario Merz‘ Iglu aus Ziffern vorbeikommt. Das Iglu fügt sich so gut in die Landschaft ein, dass man manchmal vergisst, dass es von Menschenhand geschaffen wurde. Bei seinem Konzept beruft sich Merz auf den Mathematiker Fibonacci dessen Zahlensystem (Die nächsthöhere Zahl in der Reihe ist jeweils die Summe der beiden vorangehenden) den Wachstum der Natur beschreibt. Das Besondere an seinem Werk, sind die verschiedenen Betrachtungsweisen, die man dazu hat. Ob mitten in dem Iglu, außerhalb, oder durch das Blättergestrüpp drumherum. Die Harmonie dieses Werks ist deutlich spürbar.
Marina Abramovic – Spirit of Mozart (2004)
Wildes Verkehrstreiben, hupende Autos, Sirenen und Touristengruppen die Salzburg erkunden – welch eine Ironie, dass Marina Abramovic gerade hier zum Meditieren einlädt. Eine Stuhlgruppe stellt den Platz der Meditation dar. Davor erstreckt sich ein 15 Meter hohes Stuhlgerüst, das wenn man darunter hinaufblickt, den Geist Mozarts erblicken lässt. Es braucht schon viel Konzentration um hier zur Ruhe zu kommen, vielleicht ist aber auch genau das die Herausforderung.
Markus Lüpertz – Mozart – eine Hommage (2005)
Man lobt in Salzburg seine Musik, erzählt sich Geschichten aus seinem Leben und sieht ihn auf den Verpackungen der Mozartkugel. Markus Lüpertz zeigt ein ganz anderes Bild der Ikone – nämlich genau das, wie er ihn sieht. Lüpertz sieht Mozart weder als Mann noch als Frau. Die Oberfläche der Bronzeskulptur ist sehr unruhig und zerissen. Und doch blickt er in stolzer Standbein/Spielbein-Pose auf die Markuskirche. Eine der Kirchen, die ihn damals dazu veranlasst hat die Stadt zu verlassen. Lüpertz stößt die Betrachter bewusst mit seiner Interpretation vor den Kopf. Bringt sie zugleich aber auch zur Auseinandersetzung mit der Thematik Mozart.
James Turell – Sky-Space (2006)
Als Landart-Meister versteht es Turell sehr gut die Natur in Szene zu setzen. Der elliptische Kunstraum (außen bestehend aus dem Mönchsberger Konglomerat) lädt zu einem unglaublichen Lichtspiel ein. Durch die sich farblich wechselnde Innenbeleuchtung zeigt sich der Himmel durch die elliptische Öffnung in der Decke in einer ganz neuen Form. Der Himmel im Inneren des Sky-Space scheint eine anderer zu sein als außerhalb.
Stephan Balkenhol – Sphaera und Frau im Fels (2007)
Balkenhol gibt, mit seinen an zwei Standorten liegenden Werken, ein Paradebeispiel dafür ab, welch ein unbeschriebenes Blatt ein Kunstwerk sein kann. Am Kapitelplatz steht ein Mann auf einer riesigen, goldenen Kugel. Der Mann kommt uns bekannt vor. Sagt jedoch im ersten Moment nichts Konkretes aus. Er ist quasi ein Jedermann. Hier kommt es auf die Interpretation des Betrachters an. Genauso regt auch die weibliche Figur am Toscaninihof dazu an, sich sein eigenes Bild über die Figur zu machen.
Anthony Cragg – Caldera (2008)
Anthony Craggs Kraterkessel steht in direkter Verbindung mit dem kesselartigen Erscheinungsbild der Stadt Salzburg. Die Bronze Skulptur verführt zum erkunden. Man entdeckt immer wieder neue Formen, Gesichter die ineinander verlaufen und sich zugleich wieder auflösen können, sobald sich der Blick auf etwas anderes konzentriert. Die Skulptur ist auch von innen begehbar und eröffnet damit einen neuen Blickwinkel auf das Werk. Den Standort seiner Caldera wählte er bewusst am Makartplatz um ein zweckfreies Objekt, wie dem Kunstwerk, der belebten Umgebung entgegenzusetzen.
Christian Boltanski – Vanitas (2009)
Für dieses Kunstprojekt wurde sogar ein noch verborgener Raum des Salzburger Doms geöffnet. Die Chorkrypta (ein geweihter Ort, der auch als Grabgelege diente) stellte den perfekten Ort für Boltanskis modernen, audiovisuellen Totentanz dar. 12 Figuren aus Todessymbolen, werfen durch flackerndes Licht einen Schatten an die Wand, der fast neckisch zu tanzen scheint. In der Apsis sieht man den Schatten des Todesengels vorbeifliegen. Währenddessen eine Computerstimme die eine automatische Zeitansage macht. Das Bewusstsein des Verrinnens der Zeit und der allgegenwärtige Tod wird einem hier bewusst. Zugleich scheint er aber auch durch seine Cartoonartige Darstellung des Todes, die Angst davor zu nehmen.
Jaume Plensa – Awilda (2010)
Awilda ist das Abbild einer Frau aus Santa Domingo, die lange den Wunsch hatte nach Europa zu kommen und dies auch letztendlich geschafft hat. Sie strahlt eine innerliche Ruhe aus und wirkt trotzdem sehr rätselhaft. Im Gegensatz zu anderen Skulpturen kommt sie direkt aus dem Boden. Bei der Betrachtung kommt sofort Irritation auf. Das liegt an den 20 übereinandergelegten Marmorplatten, die leicht verschoben sind. Awilda soll eine Stück Zukunft in das traditionsbewusste Salzburg bringen. Mit dem stark frequentierten Standort in der Dietrichsruh der Universität Salzburg, hatte Plensa den perfekten Standort für die „heimatlose“ Awilda gefunden.
Erwin Wurm – Gurken (2011)
Mit seiner ironischen Entlarvung gesellschaftlicher Strukturen und Eigenschaften, hatte Erwin Wurm schon öfter für Aufsehen gesorgt. Auch seine Gurken wirken im ersten Moment sehr willkürlich gewählt. Jede einzelne von ihnen scheint jedoch einen eigenen Charakter, ein eigenes Leben zu haben. Die Wahl der Gurken ist gar nicht so schlecht gewählt, da eine Gurke nie wie eine andere aussieht. Das Individuum wird herausgehoben. Dass die Gurken am Furtwänglerplatz direkt vor der ehrfürchtigen, monumentalen Statue Friedrich Schillers stehen, geht einher mit Wurms skurrilem Humor.
Marko Wakolbinger – Connection (2011)
Die Großformatige Skulptur am Rudofskai lädt zur Interaktion ein. Ist die äußere Oberfläche matt, so wirft sie an den beiden Enden durch die verzerrte Spiegelung ein ganz anderes Bild des Betrachters zurück. Der Betrachter wird zum Teil des Kunstwerkes. Das Werk funktioniert auch nur dann wenn die Interaktion stattfindet. Die äußere Oberfläche stellt das einfache Leben dar. Während sich im inneren die aufregende, verzerrte Welt der Kunst zeigt. Die Frage die Wakolbinger stellt ist, ob sich Kunst und Leben vereinen lassen?
Brigitte Kowanz – Beyond Recall (2011)
Beyond Recall ist an einem bedeutenden Knotenpunkt Salzburgs gelegen – der Staatsbrücke. Diese jedoch hat eine grauenvolle Geschichte zu ihrer Erbauung. Zwangsarbeiter mussten damals unter unmenschlichen Bedingungen an der Brücke arbeiten. Das Kunstwerk ist zugleich eine Gedenkstätte an diese Arbeiter. In 4 semitransparenten Spiegelkuben findet man in Leuchtröhrenschrift die Worte Beyond Recall, Envision, Dedicated Secret sowie den Gedenktext. Durch die Reflexion des inneren, wie auch äußeren Lichteinfalls, scheinen sich die die Schriftzüge in den Kuben unendlich fortzusetzen.
Führungen
Für alle die sich eine individuelle, speziell auf die Gruppe aufgebaute Führung wünschen, sind mit der Kunstvermittlung Durchblick am besten beraten. Anita Thanhofer führt durch die einzelnen Kunstwerke und gibt zugleich genug Freiraum und Zeit für die Auseinandersetzung. Die Kunst soll nicht nur betrachtet, sondern erlebt und erfahren werden.
Führungen Durchblick
Die Salzburg Foundation bietet für alle, die die Kunstprojekte selbst erleben wollen Führungen an. Diese finden an jedem 1.Samstag im Monat statt und führen durch die 12 Stationen.
Führungen Salzburg Foundation
Salzburg Foundation
Mozartplatz 4
A-5020 Salzburg
Tel.: +43 662 87 16 87
Mail.: office@salzburgfoundation.at
www.salzburgfoundation.at
Durchblick – Kunstvermittlung für Kinder und Erwachsene
Mag. phil. Anita Thanhofer
Dürnbichlstraße 16
A-5301 Eugendorf
Tel: +43 (0)650/275 35 50
Mail: anita@kunst-durchblick.at
Web: www.kunstblick.at