Andreas Senn steht für die innovative und leichte Küche. Seit gut einem Jahr kocht er im Salzburger Gusswerk, seit einigen Wochen unter dem eigenem Namen „Senns Restaurant“. Nun hat er seinen ersten Michelin-Stern verliehen bekommen. Einer, aber nicht der einzige Grund, ihm einen Besuch abzustatten.
Zwei Wochen nach Eröffnung eines Restaurants den ersten Michelinstern verliehen zu bekommen, dürfte rekordverdächtig sein. Aber eigentlich auch wieder nicht, immerhin kocht Andreas Senn ja schon ein gutes Jahr im Salzburger Gusswerk. Aber der Reihe nach: Vergangenen Frühling eröffnete das Kitzbüheler Restaurant „Heimatliebe“ eine Sommer-Residenz im Salzburger Gusswerk. Chefkoch: Andreas Senn. Die Location im Norden Salzburgs mit ihren alten Gemäuern, der letzten gegossene Glocke, die noch an schweren Ketten hängt, hatten bei dem Tiroler im Zuge eines Koch-Workshops Jahre zuvor einen überwältigenden Eindruck hinterlassen. Senn, den es für ein Engagement in den Hangar 7 verschlagen hatte und der dann in Salzburg „hängen geblieben war“, wie er sagt, zählte eins und eins zusammen und schmiedete einen Plan: Ein eigenes Restaurant im Gusswerk. Zunächst einmal allerdings sollte es eine Kooperation mit dem Kitzbüheler Restaurant „Heimatliebe“ werden. Im Zuge des letzten Jahres kochte sich Andreas Senn dann mit seiner leichten und zugleich progressiven Küche zwar in die Herzen der Salzburger, die Philosophien der Kooperationspartner entwickelten sich allerdings zusehends auseinander. Die Arosa-Gruppe spezialisierte sich vermehrt auf Familientourismus, Senn jedoch hatte es von Anfang an in Richtung Spitzengastronomie gezogen.
Leicht & überraschend
Die Trennung war daher nur eine Frage der Zeit, und so fasste sich Senn ein Herz und entschloss sich, den lang geträumten Traum vom eigenen Restaurant endlich wahr werden zu lassen. Seit Anfang März kocht er daher an alter Adresse unter eigener Flagge. „Senns Restaurant“ heißt das Restaurant schlicht. Kein Pop-Up mehr, sondern ständiger Heimathafen soll es fortan sein. Das bewährte Konzept wird beibehalten: Leichte, innovative Küche, im besonderen Ambiente des Gusswerks präsentiert.
Der erste Stern nun sei völlig überraschend gekommen, sagt Senn, und man glaubt es ihm auch aufs Wort, wenn er es auf die ihm eigene ruhige und akribische Art tut. „Eine Riesenüberraschung und Ansporn für die kommende Zeit“ sei das. Und wie um den Worten umgehend Taten folgen zu lassen, serviert uns Andreas Senn zum Einstand seines alten, neuen Restaurants ein kleines 3-gängiges Menü. Schon die aus Gänseleber mit Ziegenfrischkäse, Malz und Sanddorn bestehende Vorspeise lässt dabei die Handschrift des Spitzenkochs erkennen: Zwar gilt die Gänseleber gemeinhin nicht als leichteste aller Speisen, Senn allerdings gelingt es, sie so zu kombinieren, dass daraus ein wirklich zartes Entree wird. Als bittere Komponente fungiert mit Haselnüssen, Eiern und Mehl zu einer süßlichen Beilage aufgeschlagenes Malz. Zusätzlich wird die Leber von gelben Rüben, fein geschnittenem, in Apfelsaft und Weinstein eingelegtem Fenchel, Sanddorncreme, einem Pürree aus roten Rüben und Gänselebereis begleitet. Fenchelblüten und Atsina Kresse fungieren als Dekor. Sehr wichtig sei, erklärt Senn, dass die gefrorenen Sanddorn-Kügelchen als kalte Komponente der Gänseleber ihre Wuchtigkeit nehmen. Und tatsächlich mindern die süßen, kalten Aromen den Fettgeschmack im Mund ganz erheblich. Selten hat man Gänseleber auf so leichte Art genossen.
Ein Hauch von Rock´n´Roll
Darauf folgt ein Fisch wie ein Gedicht: In Miso karamellisierter Black Cod mit zweierlei Spargel. Einmal roh mariniert, einmal leicht in Butter geschwenkt. Dazu Lauchpürree, Zitronengel aus Amalfizitronen, Manjuk mit Petersilie und Minze. Den aus Alaska stammenden „Black Cod“ (im Deutschen auch Kohlenfisch genannt), der sich durch sein Kabeljau-ähnliches zartes Fleisch auszeichnet, reibt Senn mit weißer Miso-Paste ein und lässt ihn bei 250 Grad im ca. zehn Minuten Heißluftofen karamellisieren. Der Fisch bleibt dabei richtig saftig. Dazu gibt es fein passiertes Lauchpürree (bestehend aus blanchiertem Lauch, der mehrmals fein passiert wird), Maniuk und Marchfelder Spargel. Abermals wird die bewusste Leichtigkeit, mit der Senn kocht, deutlich: Auf Butter wird weitestgehend verzichtet, auch bei Saucen und Jus. Nur in der klassischen französischen Küche werde noch viel mit Butter gearbeitet, so Senn. Seine, die moderne Küche, aber konzentriere sich mehr auf die Essenzen des Gemüses und leichte Auszüge vom Fleisch. Keine kräftigen, dicken Saucen also, die sich gleich auf die Hüften legen.
Zum Abschluss gibt es Gurke mit weißer Schokolade und Yuzu. auf eine Scheibe Dillkuchen gebettet. Auch hier regiert eine Leichtigkeit, die uns staunen lässt. Doch die Leichtigkeit soll sich in Senns Restaurant nicht nur auf die Teller beschränken. Auch die Atmosphäre soll locker sein, das ist Senn ganz wichtig. „Zu uns kann man gerne auch in T-Shirt und Jeans kommen“, lacht er. Tatsächlich spürt man einen Hauch von Rock´n´Roll durch das alte Gusswerk wehen. Das leichte, in seiner Zusammenstellung wirklich überraschende Essen steht natürlich an erster Stelle. Aber auch das Gemäuer, die handgeschmiedeten Buttermesser und der Verzicht auf jegliche Tischwäsche tun ein Übriges dazu, um Senns Restaurant als etwas so noch nie da Gewesenes zu erleben.
Für Mittagsgäste wartet das Montag bis Freitag von 12 bis 15 Uhr geöffnete Bistro mit täglich wechselnden Lunch-Boxen auf. Für günstige Euro 14,90 erhält man ein komplettes Mittagessen, bestehend aus Suppe, Salat, Haupt- und Nachspeise.
Senns.Restaurant im Gusswerk
Söllheimerstraße 16, Objekt 6c
5020 Salzburg
Reservierungen unter: 0664 45 40 232, www.senns.restaurant
Öffnungszeiten:
Bistro: MO–FR, 12:00–15:00 Uhr, Restaurantbetrieb: DI–SA, 18:30–21:30 Uhr
Fotocredit: Andreas Kolarik, www.kolarik-fotografie.at