Josef Stoitzner und Bramberg – das war eine Liaison, die von Liebe, Inspiration und Leutseligkeit geprägt war. Doch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg ging es auch ums nackte Überleben. Der Wiener Maler Josef Stoitzner übernahm Auftragsarbeiten und tauschte Gemälde gegen Tabak, Brennholz und Lebensmittel. Auch im Weyerhof in Bramberg hängen einige Originale von ihm. Im Gegenzug dazu wurden Fritattensuppe, Zwiebelrostbraten und Kaiserschmarrn aufgetischt. Das waren nachweislich die Leibspeisen des Malers, die er am liebsten mit einem Stamperl Birnenschnaps krönte
Die Kunst nährt die Seele, die Kulinarik den Leib.
Doch nicht selten waren es vor allem die Künstler selbst, die nicht wussten, woraus ihre nächste Mahlzeit bestehen würde. Auch in Josef Stoitzners Leben (1884 – 1951) gab es Tage, an denen er am Morgen nicht wusste, womit er die Wohnstube in seinem Bramberger Haus heizen und seine Familie ernähren sollte. Es waren die kargen Nachkriegsjahre, in denen es den Bauern droben im Oberpinzgau noch am besten ging: Sie hatten zumindest etwas Mehl, Gemüse und Kartoffeln, Eier, Milch und Butter sowie Speck vom Hausschwein. Josef Stoitzner hingegen hatte nur sein Talent, sein Können und seinen ungebrochenen Arbeitswillen.
59 Jahre war der Maler alt, als er 1943 von Wien nach Bramberg übersiedelte. In den Ort, den er seit seiner Jugend kannte, wo er unzählige Male auf Sommerfrische war und wo er die Liebe zur Natur und zur hiesigen Arzttochter entdeckte. In Bramberg erzählt man sich bis heute die Geschichte, dass die Stoitzners eigentlich gar nicht hierher wollten. „Als die Familie Stoitzner 1902 zum ersten Mal in den Pinzgau reiste, war ihr geplantes Urlaubsziel Krimml. Doch die Stoitzners stiegen irrtümlich bereits in Bramberg aus dem Zug aus. Da ihnen der Ort so gut gefiel, entschlossen sie sich, ihren ersten und in Folge alle weiteren Urlaube hier zu verbringen“, wirdSusanne Diefenbach-Stoitzner, Künstlerin und Enkelin von Josef Stoitzner zitiert. Ob so geschehen oder anders: In jedem Fall blieben die Stoitzners und 1909 heiratete der junge Josef – gerade einmal 25 Jahre alt – die hübsche Anna Millinger und holte sie zu sich nach Wien. Im selben Jahr absolvierte er die Lehramtsprüfung, wurde Fachinspektor an diversen Schulen in Wien und Umgebung und Mitglied der Wiener Secession. Bald schon wuchs die Familie: 1911 wurde Sohn Josef, 1913 Tochter Anna geboren. Dann kam der Erste Weltkrieg: Josef Stoitzner wurde eingezogen und kehrte als Kriegsinvalide zurück.
Die Zwischenkriegsjahre waren äußerst produktiv: Josef Stoitzner reiste viel und seine Eindrücke spiegeln sich in seinem Werk wider. Doch immer schon war es auch seine zweite Heimat – der Pinzgau und vor allem Bramberg – die sich in seinen Bildern findet: Die Natur wurde ihm zur wichtigsten Inspirationsquelle. Es waren die Berge, die Jahreszeiten, die Bauerngärten, die schön dekorierten Stuben, die Blumen, der Schnee, die Gletscher und die Bäume, die Josef Stoitzner faszinierten. Seine Motive fand er überall im Ort, wissen Waltraud Moser-Schmidl, Obfrau des Museum Bramberg und Franz Meilinger vom Weyerhof: „Der Pepo, wie er hier genannt wurde, war bei den Einheimischen sehr beliebt: Er galt als gesellig und leutselig. Aufgrund seiner Kriegsverletzung war er meistens mit dem Moped unterwegs und wenn man ihn in der Ferne hörte, riefen die Leute schon: ‚Da Maler kommt.‘ Nicht selten kam der Josef Stoitzner auch, um ein Kunstwerk zu tauschen: Gegen Brennholz, Lebensmittel oder eine warme Mahlzeit, wie das damals so Brauch war. Sogar für Tabak soll er kleine Bilder gemalt haben.“
Der Wegzug aus der Stadt – noch während des Zweiten Weltkrieges – geschah aus purer Not. Das Atelier war ausgebombt, zahlreiche seiner wertvollen Holzschnitte und Lithographien unwiederbringlich verloren. Es war ein Abschied für immer. Anna Millinger kam gern nach Bramberg zurück, denn so richtig wohl hat sie sich in der großen Stadt nie gefühlt. Für Josef Stoitzner war der Wegzug letztendlich auch ein Ankommen: An dem Ort, wo er seinen Lebensabend verbringen würde. Aber auch an dem Ort, der ihm Inspiration war und den er seit Jahrzehnten liebte. „Josef Stoitzner galt nicht als Zugereister. Man mochte ihn und auch seine Bilder wurden hochgeschätzt. Er hat viele Auftragsarbeiten für gut situierte Familien übernommen: Das Malen war sein Brotberuf. In zahlreichen Bauernhäusern und Gasthöfen finden sich noch originale Stoitzner-Bilder. Generationen von Brambergern wuchsen mit diesen großen Ölbildern auf. Viele haben ihren Wert erst sehr spät erkannt“, erzählt Waltraud Moser-Schmidl bei einem Bummel durch die Nationalparkgemeinde Bramberg. Josef Stoitzner wurde in der Fachwelt lange Zeit nur wenig beachtet. Und das obwohl er in New York ausstellte und 1939 Mitglied des Wiener Künstlerhauses wurde. Das Salzburg Museum beispielsweise erwarb erst 1983 die ersten Bilder von ihm.
Hochbegehrt – die Stoitznerbilder
Heute werden Stoitzner-Bilder hoch gehandelt und wer sich im Museum Bramberg umsieht, weiß warum: die großformativen Ölbilder verfügen über eine enorme Tiefe, sind detailgetreu und überraschen mit ungewohnten Perspektiven. „Die jährlich wechselnden Sonderausstellungen bestücken wir mit Leihgaben. Viele davon stammen von Familien aus dem Ort“, erklärt Waltraud Moser-Schmidl stolz. „Josef Stoitzner war aber nicht nur ein Chronist, sondern auch ein Ästhet. Er hat Details verändert, nicht alles war so, wie es seine Bilder zeigen.“ Aber dennoch hat er monumentale Erinnerungen geschaffen. Die „Türkische Zeltstadt“ beispielsweise – ein Gletscher im Obersulzbachtal – gibt es schon lange nicht mehr: Josef Stoitzner hat sie in Öl festgehalten und so für die Nachwelt erhalten.
Bramberger Genuss-Spaziergänge
Nach einem Besuch im Museum Bramberg und einem Spaziergang zum ehemaligen Stoitzner-Wohnhaus besteht im Rahmen der „Bramberger Genussspaziergänge“ die Möglichkeit, ausgewählte „Genuss-Orte“ zu besuchen.
MUSEUM BRAMBERG – TANZLEHENSTALL
Ställe, Gehöfte und Werkstätten waren immer ein beliebtes Motiv von Josef Stoitzner. Auch das Tanzlehengut wurde vom ihm verewigt. Heute sind in den alten Ställen Haflinger untergebracht, darüber hinaus wird Kunst und Kulinarik präsentiert: Besonders beliebt bei Besuchern sind die „Apfelradl“ aus alten Apfelsorten des Obstgartens.
MUSEUM BRAMBERG – SAMPLHAUS
Das Samplhaus bietet Raum für althergebrachtes Wissen. Entlang von „Stoitzner-Motiven“ und durch die Stoitzner-Gasse mit dem Wohnhaus der Familie gelangt man zum Samplhaus. Ein wunderbarer Bauerngarten bildet die Kulisse für den Wochenmarkt und es besteht die Möglichkeit, Krapfen mit Sauerkraut zu kosten.
Einkehr im Weyerhof
Und danach empfiehlt sich eine Einkehr im wunderschön gelegenen Weyerhof, in dem auch Josef Stoitzner gerne zu Gast war. Küchenchef Franz Meilinger hat in Gedenken an den berühmten Gast ein spezielles Menü kreiert. „Bei uns gibt es nach wie vor die ehrliche und echte Küche, wie sie schon Josef Stoitzner geschätzt hat. Bei unseren Nachforschungen haben wir erfahren, dass er vor allem Zwiebelrostbraten geliebt hat. Und den Birnenschnaps hat er nicht nur gerne getrunken, sondern auch immer wieder gemalt“, so Franz Meilinger.
Und so nährt die Kunst heute immer noch die Seele und die Kulinarik den Leib: In Bramberg eine wunderbare Kombination in Gedenken an einen großen Maler, der dieser Empfehlung bestimmt zugestimmt und am Ende ein zweites Stamperl Birnenschnaps geordert hätte.