Das Salzburger Land ist voll von Hexenplätzen und Hexensagen. Doch wer waren diese sogenannten Hexen? Und wo findet man heute noch ihre Spuren?
Im Interview erzählt Wildmohnfrau Renate Fuchs-Haberl, die sich mit heimischer Landschaftsmythologie und alten Bräuchen beschäftigt, über die Hexen aus Sicht der Matriarchatsforschung, in der es auch um die Rückbesinnung auf die Kraft und die magischen Fähigkeiten unserer Ahninnen geht.
Schließlich wurden am Beginn der Hexenverfolgungen vor allem heilkundige und auch machtvolle Frauen – aber eben „normale, lebendige, irdische“ Frauen – der Hexerei bezichtigt. Heute würde man sie wohl Schamaninnen, Heilerinnen, Hebammen, Kräuterfrauen, Alternativmedizinerinnen, Priesterinnen nennen.
Die Macht und Anerkennung der Frauen stammte vorwiegend noch aus der vorchristlichen Kultur und war natürlich im Christentum nicht mehr gefragt und vor allem nicht mehr gern gesehen. Die Hexen waren in der Regel Frauen, Männer wurden eher als Zauberer bezeichnet. Ob männlich oder weiblich, magische Fähigkeiten wurden bekämpft – da reichte es schon, sich mit Kräutern auszukennen. Bis zum Schluss waren etwa 90 Prozent der als Hexen ermordeten Menschen, Frauen.
Die Wellen der Hexenverfolgung
Die Hexenverfolgung in Europa war nicht einheitlich und dauerhaft, sie brach immer wieder wellenartig über das Land herein. Auch wenn manch weltlicher Herrscher sich vehement gegen die Hexenverfolgung der missionierenden Kirchenmänner stellte, fanden die letzten Hexenverfolgungen im deutschsprachigen Raum erst um 1750/1770 statt.
Heute erinnern noch zahlreiche Plätze an diese Zeit. Manche sogar völlig offensichtlich und mit dem Wort Hexe im Namen. Andere wurden zusammengefasst zu Themenwegen. Wieder andere sind heute noch eher unerkennbar und nur bei den „modernen Hexen“ bekannt. Doch insgesamt deuten viele Plätze auf die Geschichte, die Sagen und Legenden rund um die Hexen im Salzburger Land hin.
Salzburg birgt auch Erinnerungen an die dunklen Seiten der Hexenverfolgung. Der Hexenturm in der Paris Lodron Straße – Ecke Wolf Dietrichstraße ist der bekannteste. Er wurde 1944 nach Bombenbeschädigungen abgerissen. Heute erinnern nur noch Malereien an der Hausfront an das Schicksal der Verfolgten. Der Hexenturm wies ursprünglich keine ebenerdige Tür auf. Im Turm sollen „Zauberer“ und „Hexen“ in aufgehängten Kupferkesseln verwahrt worden sein. Der Aberglaube besagte, sie könnten sich unsichtbar machen, wenn sie den Boden berühren. Essen wurde durch kleine Fenster über Stangen an die Gefangenen gereicht. Auf der Turmspitze war eine auf einem Besen reitende Hexenfigur aus Blech angebracht. Diese ist heute im Burgmuseum auf der Festung Hohensalzburg ausgestellt.
Plätze, Sagen und Themenwege
Das Hexenloch in Aigen und der Gaisberg
Wer ist hier die Hexe? Hier steht die Erde für die Hexe, Mutter Erde in ihrer Erscheinung als die hochschwangere Landschaftsgöttin, die dort liegt. Clemens M. Hutter schreibt in seinem Buch „Gruselwandern in Salzburg“, dass auf dem Gaisberg Hexensabbat stattgefunden habe. Aus moderner Sicht sind diese Hexenfeste das, was wir heute als Jahreskreisfeste bezeichnen, wo Frauen zusammenkommen, um sich zu verbinden und zu stärken, sich an ihre Macht zu erinnern und in einer scheinbar aus den Fugen geratenen Erde gemeinsam Orientierung und Halt zu finden, sagt Renate Fuchs-Haberl.
An Plätzen wie dem Hexenloch in Aigen wurde in früheren Zeiten gefeiert, geboren und gestorben. So steht das Hexenloch für den Schoß, aus dem das Wasser aus dem Gaisberg rinnt, aus dem die Gaisberggöttin ihr Lebenswasser in eindrücklicher Form durch den Aigner-Park ergießt.
Das Hexenloch besticht nicht nur durch landschaftliche Einzigartigkeit. Bei der Johannes Kirche in Aigen beginnt die eigentliche Wirkungsweise des Kraftplatzes. Nach der Kirche verzweigt sich der Weg. Entlang des Felberbaches stehen die Feen und Gnomensteine. Eine Eibengruppe und danach zwei Eschen. Sie stehen als Höhlenwärter. Bei der oberen Grotte in der Gilowski Schlucht liegt der eigentliche Orakelplatz.
Sagenweg am Buchberg bei Mattsee
Am Buchberg findet man einen Sagenweg, an dem die verschiedenen Sagen aus dem Trumer Seenland erklärt werden. Eine davon ist die Sage vom Hexenplatz. In der Mattseer Chronik steht, dass noch die alten Buchbergbauern als Schulkinder gesehen haben sollen, dass der Hexenplatz zu bestimmten Zeiten kreisrund ausgetreten war. Daran ist erkennbar, dass dort Rituale und Feste gefeiert wurden.
Zauberer Jackl
Zauberer Jackl war der Sohn der Schinder-Bärbel, die als Hexe verfolgt und verbrannt wurde. Er selbst galt als hellsichtig, kräuter- und heilkundig und wurde nie erwischt. Der Erzbischof nutzte die Chance und bezichtigte um die 130 Bettlerbuben der Anhängerschaft und verschaffte sich damit eine günstige Möglichkeit, diese „loszuwerden“.
Die Wetterhexe vom Haunsberg
Es hieß, die böse Wetterhexe hätte die schlimmen Wetter herbeigehext. Dabei war es genau umgekehrt: Die kundigen Frauen wussten, was zu räuchern war, um Gewitterwolken aufzulösen. Wettermachen war eine klassische Magie, die Frauen früher einfach ausgeübt haben. Diese Magie wurde jedoch von den christlichen Wetterglocken abgelöst.
In der Sage heißt es, dass sich die Wetterhexe furchtbar aufgeregt hätte, weil im nahegelegenen Stift Michaelbeuern die Wetterglocken geläutet wurden, während es ihr verboten war, ihren Wetterzauber auszuüben.
Die Schlafende Hexe
Im Anschluss an den Untersberg liegt die schlafende Hexe im Grenzgebiet zum Berchtesgadener Land. Auch hier handelt es sich um eine Berggöttin. Ursprünglich heißt es, lag hier die Percht.
Dahinter liegt Berchtesgaden. Gaden bedeutet im Mittelhochdeutschen Sitz – also der Sitz der Percht. Da liegt also diese markante Frauenberggestalt, die im alten Weltbild sicher die Percht war und die dann zur Hexe umbenannt wurde. Auch hier zeigt sich der Zugang, dass die wichtige Berggöttin zur Hexe erklärt wurde.
Wer war also diese Percht? Frau Percht ist die Göttin im Alpenraum mit ihren zwei Seiten. Die Schönpercht und die Schiachpercht. Die Schiachpercht ist die Herbst- Wintergöttin. Sie steht für die Zeit, in der alles abstirbt und sich in die Erde zurückzieht. Herbst-Winter ist die Auflösungs- und Verwandlungszeit.
Gleichzeitig ist sie die Schönpercht, die nach der Wintersonnenwende kommt und die Wiedergeburt bringt. Aus ihrer Kraxe schauen Kinderfüße heraus, sie steht für Frühling und Sommer und bringt das neue Leben zurück.
Untersberg
Der Salzburger Hausberg gilt als das weithin bekannte energetische Herzen Europas. In ihm herrsche die Anderswelt, in die die Seelen nach dem Tod wieder hineingehen sollen. In der westlichen Geomantie spricht man von einem Erdenergienetz, das auch den Untersberg überspannt und an markanten Orten – sogenannten Kraftorten – besondere Kräfte erfahrbar werden lassen.
Marienbrunnen und Mariengarten in Großgmain
So findet man um die Kirche in Großgmain einen Mariengarten und den Marienbrunnen. Vor der Kirche steht der doppelgesichtige Marienbrunnen, aus dessen Brüsten das Wasser spritzt, was den nährenden Aspekt des Weiblichen der Erde darstellt. Hier wurde sogar das Doppelgesichtige der Percht auf die Marienfigur übertragen. Im Marien-Garten, einer der Kraftorte um den Untersberg, soll schon so manche Heilung eingetreten sein.
Natürlich spannen sich die Hexensagen auch über den Lungau, Pinzgau, Pongau und Tennengau. Doch „Alleine rund um meine Heimat am Haunsberg gibt es schon so viel zu entdecken, dass ich mich noch nicht näher mit den Geschichten aus den einzelnen Gauen beschäftigen konnte.“ sagt Renate Fuchs-Haberl.
Vielen Dank für deine Zeit und die spannenden Einblicke in die Welt der Salzburger Hexengeschichte, liebe Renate!
Renate Fuchs-Haberl bietet zur „Hexen“-Thematik vertiefende Veranstaltungen an und sie informiert bei ihren landschaftsmythologischen Wanderungen zu den alten Kultplätzen auch vor Ort über die vorchristlichen Orte und Spuren in der Landschaft. Nähere Informationen dazu sind auf ihrer Homepage zu finden. Dort besteht auch die Möglichkeit, sich für ihren Wildmohnfrau-Newsletter anzumelden.