Im Ortszentrum von Rauris, gleich neben der Kirche, sticht ein neues Gebäude hervor. Doch ganz so neu ist es gar nicht. Denn die hinter dem frischen Außenputz verborgenen Steinmauern sind beinahe 700 Jahre alt. Und sie stecken voller Geschichten. Diese werden im Mesnerhaus nun fleißig weitergeschrieben: bei Literatur- und Kulturveranstaltungen, Privatfeiern, Seminaren und Hochzeiten.
Früher wohnte dort der Mesner. Heute ist es ein Ort des Zusammenkommens. Anfang 2020 verwandelte sich das frühere Mesnerhaus nach einem umfangreichen Umbau in das Haus für Kultur und Literatur. Dabei blieben alte Elemente erhalten und vermischten sich mit neuen.
Eine virtuelle Hausführung
Ebenerdig befinden sich drei Räume, die sich für Ausstellungen, Seminare und kleinere Feiern anbieten. Besonders beeindruckend zeigt sich das steinerne Kellergewölbe, das im Original erhalten wurde. Und auch in den anderen Räumen wird die lange Vergangenheit gekonnt zur Schau gestellt: Denn dort, wo der weiße Putz die Räume heller macht, blitzt an manchen Stellen bewusst immer wieder die historische Mauer hervor und erzeugt einen nostalgischen Charme.
Das Prunkstück des renovierten Mesnerhauses ist aber definitiv das Obergeschoß: Über die gesamte Fläche erstreckt sich dort ein großer Veranstaltungssaal mit Platz für bis zu 170 Personen. Licht strömt durch die vielen Fenster, der offene Dachstuhl schafft eine freundliche Atmosphäre und die steinernen Wände strahlen Natürlichkeit aus. Wie riesige Heiligenscheine hängen kunstvolle Lampen an der Decke und modernste technische Ausstattung ist zwar überall vorhanden, hält sich aber geschickt im Hintergrund.
Seinen ersten großen Auftritt nach der Eröffnung im Jänner sollte das Haus für Kultur und Literatur bei den 50. Rauriser Literaturtagen haben. Dann kam allerdings Corona und die Veranstaltung wurde um ein Jahr verschoben. Doch die historischen Mauern stecken ein weiteres Jahr locker weg und werden auch etwas verspätet eine würdige Kulisse für das besondere Jubiläumsjahr der Rauriser Literaturtage abgeben. Bis dahin gab und gibt es zahlreiche kleinere Veranstaltungen, die bereits viele Besucher in das neue Mesnerhaus locken: Kabaretts, Lesungen, Ausstellungen und Konzerte.
Von draußen sieht das Haus für Kultur und Literatur topmodern aus. Doch kaum trete ich über die Schwelle, nimmt mich der Stein gefangen und ich spüre: Gewöhnliches erwartet mich hier nicht. Dieses Gebäude ist etwas Besonderes. Und ich behalte recht. Denn drinnen empfangen mich Andrea Rohrmoser, die aktuell für die Verwaltung des Hauses zuständig ist, und Karl Granegger, ehemaliger Mesner, der maßgeblich am Umbau des alten Mesnerhauses beteiligt war. Mit den beiden reise ich in der Zeit etliche Jahrhunderte zurück.
Ein Haus – viele Geschichten
Die Aufzeichnungen führen zurück bis in das Jahr 1330. Damals wurde das Mesnerhaus erstmals urkundlich erwähnt. Als die Erzdiözese Salzburg das Gebäude um 1550 übernahm, wurde es zum Wohnhaus für Mesner, Lehrkräfte und Organisten. Oft handelte es sich dabei auch nur um eine einzige Person, die gleich alle Aufgaben auf einmal bewältigte, um vom spärlichen Lohn überhaupt leben zu können.
Im Jahr 1706 wütete ein großer Brand im Rauriser Ortszentrum. Neben der Kirche und der Michaelskapelle wurde auch das Mesnerhaus schwer beschädigt. Doch bald war es wieder aufgebaut und bot den Mesnern weiterhin ein Zuhause.
Recht lebendig war es im Mesnerhaus immer, wenn es vorübergehend als Schulhaus genutzt wurde und Dutzende Kinderfüße ins Innere trappelten. Und wie Karl Granegger erzählt, gab es im Mesnerhaus schon damals größere Zusammenkünfte: In den frühen 1900er-Jahren trafen sich dort jeden Sonntag zahlreiche Bewohner des Raurisertals. Warum? Zu dieser Zeit durfte die Kommunion nur nüchtern empfangen werden. Und wer ab Mitternacht brav fastete, dessen Magen knurrte natürlich mit jeder Stunde bedrohlicher. So lud die Mesnerin – Karl Graneggers Großmutter – nach der Messe ins Haus. Brot, Butter und Milch mussten die Kirchgänger selber mitnehmen. Die Mesnerin erwärmte ihnen die Milch und gemeinsam verspeisten sie ihr Frühstück und tauschten sich über die Neuigkeiten im Tal aus.
Im Winter brachte die Mesnerin das Haus zum Singen. Sie stammte aus der Gegend von Altaussee und dort war es Brauch, im Herbst Singvögel zu fangen, die dann den Winter über aus der Steign (= Käfig) ihr melodisches Zwitschern erklingen ließen. Wer am Mesnerhaus vorbeiging und ganz genau lauschte, konnte den plaudernden Gesang von Gimpel und Stieglitz vernehmen. Da wirkte der Winter gleich weniger streng und frostig.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebäude noch als Wohnhaus genutzt. Danach fand es eine neue Bestimmung.
Der Teufel auf der Leinwand
In den 1950er- und 1960er-Jahren flimmerten im Mesnerhaus Kinofilme über die Leinwand. „Ein Kino in Rauris! Was haben wir uns gefreut!“, erzählt eine Einheimische und erinnert sich an die Zeit, als sie mit der Schulklasse zum ersten Mal ein Kino besuchten. So gut es ging machten sie es sich auf den hölzernen Klappsesseln bequem und starrten gebannt auf die große Leinwand. Auf dem Programm: „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“. So manch einer ist dabei immer tiefer in den Sessel gerutscht und verfolgte den Film zeitweise mit halb zugekniffenen Augen. Der Sessel in der letzten Reihe ganz außen gehörte stets dem Polizeioberst. Von seinem Dienstsitz aus überprüfte er, ob der Jugendschutz eingehalten wurde. Denn bei Filmen wie „Die Magd von Heiligenblut“ kam es schon mal vor, dass sich ein paar Lausbuben in den dunklen Kinosaal einschleichen wollten.
Nachdem der Fernseher die große Leinwand ablöste und sich der Kinobetrieb nicht mehr lohnte, wurde aus dem Mesnerhaus eine Rumpelkammer. Mittlerweile war das Gebäude schon sehr desolat. Nur während der Kirchenrenovierung war es noch einmal für einen weiteren – weitaus weniger erfreulichen – Anlass bestimmt: Es diente als Aufbahrungshalle.
Und Tränen fließen heute noch …
… allerdings nur noch Tränen der Freude. Denn Ja-Sagen ist im Mesnerhaus ausdrücklich erwünscht. Da es für die heimischen Hotels immer schwieriger wird, in Hauptsaisonzeiten größere Hochzeitsgesellschaften unterzubringen, wurden im renovierten Mesnerhaus nun perfekte Rahmenbedingungen für den schönsten Tag im Leben geschaffen. Und aufgepasst! Nicht nur Einheimische gehen im Raurisertal den Bund fürs Leben ein. Immer wieder verfallen auch Gäste dem Charme des idyllischen Tals und lassen sich inmitten dieser prächtigen Naturkulisse trauen.
Brainstorming auf dem Land: Seminare im Rauriser Mesnerhaus
Raus aus der Großstadt, rein in die ländliche Idylle. Mit den Dreitausendern im Blick, frischer Bergluft in den Lungen und dem harmonischen Innenleben des Mesnerhauses arbeitet es sich doch gleich viel leichter. Die Reizüberflutung verschwindet hier wie von selbst und beim Brainstorming flitzen die Gedanken ohne Barriere.
Das Mesnerhaus ist die ideale Location für Seminare, Konferenzen und Meetings. Beim Organisieren eines Gesamtpaketes inklusive Verpflegung und Übernachtung sind die Mitarbeiter des Mesnerhauses und der Tourismusverband Rauris gerne behilflich. Die besten Freizeittipps gibt es obendrauf! Denn wie könnte ein arbeitsreicher Tag besser ausklingen als bei einer Almwanderung oder einer Radtour? Und was beim Freizeitprogramm in Rauris niemals fehlen darf: Goldwaschen. Dabei können die Mitarbeiter gleich die ersten Gewinne einstreifen – und die herausgewaschenen Goldflitter ohne Bedenken in die eigene Tasche stecken.
Sie möchten gerne einen Raum für Ihr Vorhaben buchen oder wissen, welche Veranstaltung demnächst stattfindet? Schauen Sie auf die Website des Mesnerhauses oder kontaktieren Sie Andrea Rohrmoser direkt:
Mesnerhaus Rauris
Andrea Rohrmoser
Kirchweg 3 . 5661 Rauris
+43 664 191 63 01
mesnerhaus@raurisertal.at
Fotos: © lichtfarben.at; Mesnerhaus ; stefannocker.at