Margret und Eike, ein junges Akademiker-Paar bewirtschaftet jetzt die Jagglhütte bei Maria Alm. Sie wollen auf der Alm, statt wie bisher im Büro arbeiten. Hier leben die beiden nun gemeinsam mit Murmeltieren, Kühen mit Kälbern, Ziegen und selbst gezüchteten Hühnern und freuen sich ihre Gäste mit feinsten Speisen aus regionalen und selbsterzeugten Bio-Produkten verwöhnen zu können. Heute werde ich die beiden auf der Alm besuchen.
Mein Almsommer am Berg
Von Juni bis Mitte Oktober geht die Almsommer-Zeit. Mein Wecker läutet heute schon um 5 Uhr, denn ich habe vor Margret und Eike, ein frisch gebackenes Almbauernpaar, auf der Jagglhütte zu besuchen. Um 9 Uhr wollte ich oben sein, und gegen 14 Uhr wieder zurück im Büro in Salzburg. Kurz will ich noch liegen bleiben. Die ersten Gedanken schwirren in meinem Kopf herum. Ich frage mich: Ob sie sich da oben schon so richtig eingelebt haben? Da oben auf der Alm. Ich überlege, ob ich mir so ein Leben vorstellen kann: Eine Almhütte bewirtschaften. Ich, mit meinem Liebsten allein hoch oben, wo das Leben ein ganz anderes ist – weit weg vom Büroalltag, vom täglichen Autofahren, vom Lärm der Stadt und dem stockenden Verkehr. Aber auch weit weg von meinen lieben Freunden und der Familie, von Geschäften und Restaurants. Ein Leben mitten in der stillen Natur, wo man höchstens das Läuten der Kuhglocken oder das Pfeifen der Murmeltiere hört und man ganz leicht vergisst welcher Tag heute ist. Wo man nur eines weis: Es gibt reichlich Arbeit und wenn das Wetter schön ist – ja dann ist was los! Denn dann kommen die Wanderer, die Freunde der Natur, jene die sich nach Ruhe und frischer Luft sehnen und die, die sich auf eine richtig gute Jause freuen! Nun, so könnte ich in der Früh nach dem Aufwachen noch endlos weiter grübeln. Ich raffe mich aber auf, springe aus dem Bett hinein in mein Wanderoutfit. Auch mein 10-jähriger Sohn will heute unbedingt mitkommen. Es sind noch Sommerferien und wenn es ums Einkehren auf einer Almsommerhütte geht, dann ist der kleine Feinschmecker immer live dabei.
Der Weg zur Jagglhütte – eine perfekte Einsteigertour
Das Wetter ist heute nicht so perfekt. Egal – ich bin ja nicht aus Zucker und außerdem will ich jetzt nicht mehr länger warten bis ich die beiden endlich kennenlernen kann. Außerdem: Ich war schon zu lange nicht mehr am Berg und ich muss endlich mal wieder raus, muss hinauf. Der Berg ruft! Am Ausgangspunkt in Hintermoos ist der Weg zur Hütte gut beschildert. An der Wandertafel steht: Jagghütte 1 ½ Stunden. Ich freue mich, denn es ist eine perfekte Einsteigertour. Durch meinen Strandurlaub bin ich etwas eingerostet.
Daran könnte ich mich niemals sattsehen
Es beginnt ganz leicht zu regnen – es stört aber nicht weiter und nach einer Weile kommt die Sonne wieder durch – so ist es halt in den Bergen. Hier kann das Wetter schnell wechseln. Nun bin ich schon etwas in der Höhe und drehe mich um. Eine unglaubliche Stimmung entsteht vor meinen Augen. Die Wolken ziehen ab und geben die Aussicht auf die umliegenden Almen frei. Im Hintergrund sticht förmlich das „Steinerne Meer“, ein mächtiger Gebirgsstock aus schroffem Kalk, steil und erhaben empor. Die Wolkenfelder ziehen weiter nach Westen ab und geben mehr und mehr den Blick auf die herrliche Bergwelt frei. Ich denke: „Unglaublich – daran könnte ich mich niemals sattsehen.“ Es ist wie der Blick auf das weite Meer hinaus, der einem die Sorgen und den Alltag plötzlich vergessen lässt. Ich atme tief ein – erst beim Ausatmen merke ich – puh! – tut das vielleicht gut! Die klare, kühle und noch feuchte Bergluft, das Gehen, die Stille. Ich liebe das einfach, ich liebe die Berge! Warum kann ich nicht öfter in den Bergen sein? Ich merke, dass ich die Beiden da oben ein wenig beneide – es ihnen aber gleichzeitig wahnsinnig gönne und dass ich sie bewundere für Ihre Entscheidung, hier oben in den Bergen den ganzen Sommer zu verbringen.
Der Wunsch nach einem sinnerfüllterem Leben
Margret und Eike sind beide um die 30 Jahre alt. Sie haben beide studiert. Margret ist Tourismusmanagerin und arbeitete bei Bio Austria und Südtirol Werbung. Eike ist Soziologe und war mehrere Jahre in der Sozialforschung tätig. Sie waren in ihren Jobs erfolgreich und verdienten genug Geld. Doch irgendwann war das zu wenig. Es fehlte etwas Grundlegendes: Es war die Sehnsucht nach dem Echten, nach der Natur und es war der Wunsch nach einem sinnerfüllteren Leben. Dann hat es sie irgendwann gepackt und es wurden Nägel mit Köpfen gemacht. Die Bürojobs haben die beiden gekündigt. Die Sehnsucht nach dem Landleben, nach Einfach- und Echtheit hatte sich durchgesetzt. Seit Mai sind sie hier oben auf der Alm.
YouTube & Hühnerhaltung
Margret stammt von einem Bio-Bauernhof aus Saalfelden den ihr Vater Toni als Pionier bereits seit 1979 nach den Grundsätzen des Biolandbaues führte. Die dem Bauernhof zugehörige Jagglhütte auf den Geralmen bot sich an, um das ersehnte neue Leben zu beginnen. Hier gibt es Kühe mit ihren Kälbern, Ziegen, wahrlich glückliche Hühner die bunte Eier legen und die gackernd und gemütlich ihre Runden um die Hütte drehen. „Über Hühner wussten wir anfangs nicht viel. Wir haben uns Bücher über Hühnerhaltung besorgt und uns YouTube-Videos angeschaut“ erzählt mir Margret schmunzelnd
Erstmals können auf der Jagglhütte Wanderer einkehren
Seit heuer sollen auf der Jagglhütte erstmals Gäste einkehren können. Die beiden haben ihre Hausaufgaben gemacht. Die Hütte ist fein herausgeputzt und gemütlich eingerichtet. Sogar Kletterlektüre liegt bereit, denn Margret und Eike sind begeisterte Kletterer. Die Gegend rund um Saalfelden-Leogang ist ja ein wahres Kletterparadies. So kommt es öfter vor, dass an Ruhetagen nicht geruht, sonder geklettert wird. Auch vor der Hütte haben die beiden ausreichend Platz zur Rast gemacht. Die Tische sind mit kleinen Sträußen aus Almblumen und Latschen geschmückt.
Hier gibt’s Speisen aus echten Qualitätsprodukten
Ein Blick auf die Speisenkarte zeigt eindeutig. Hier gibt’s Speisen aus echten Qualitätsprodukten: Milch, Eier, Fleisch und Wurst kommen aus eigener Produktion vom Jagglhof. Auch das Brot wird im Steinbackofen der Mutter Brigitte frisch gebacken. Bei ihr kann man auch einen Brotback-Kurs machen. Natürlich gibt es auch Veganes und Vegetarisches als Alternative zur klassischen Brettljause. Alles Bio versteht sich. Alle Produkte stammen soweit möglich aus der unmittelbaren Region oder aus eigener Produktion. Alle Lieferanten sind auf der Speisenkarte aufgelistet. Transparenz ist wichtig. Das wissen die beiden Akademiker nur allzu gut, haben sie sich doch in Ihren Jobs zuvor ausreichend mit Nachfragetrends beschäftigt. Es ist ihnen aber nicht nur deswegen wichtig – es ist ein wichtiger Teil ihrer Lebenseinstellung. Das merkt, sieht und schmeckt man. „Wenn die Gäste hier ankommen ziehen sie oft noch müde Gesichter, aber nach einer gemütlichen Rast und einer gesunden Jause sind sie viel fröhlicher – das finde ich sehr schön“ – erzählt mir Eike mit stolzem Blick. Geplant ist erst mal ein Jahr auf der Alm zu verbringen, denn der Vater Toni will den Hof an die beiden übergeben und in Rente gehen. Im Winter wird die Jagglhütte dann seine Skitouren-Residenz sein. Ob die Jagglhütte dann im kommenden Jahr wieder bewirtschaftet sein wird ist noch ungewiss. Doch eines steht fest: Die Jagglhütte ist eine echte Salzburger Almsommerhütte – hoffentlich mehr als einen Almsommer lang.