Der Schweizer Dominik Flammer gilt als einer der Vordenker der alpinen Kulinarik. Mit seinem Buch „Das kulinarische Erbe der Alpen“ hat er quasi das Fundament für die „Festspiele der Alpinen Küche“ in Zell am See-Kaprun gelegt. Wir haben ihn im Rahmen des ersten alpinen Food-Festivals im SalzburgerLand zum Interview getroffen.
Herr Flammer, wie wichtig schätzen Sie Ihren Beitrag mit ihrem Buch „Das kulinarische Erbe der Alpen“ und Ihrer Arbeit mit Köchen zur kulinarischen Wiederentdeckung der „Alpinen Küche“ in der Gastronomie ein?
Dominik Flammer: Es hätte die Wiederentdeckung und Weiterentwicklung der Alpinen Küche ohne Andreas Döllerer, Vitus Winkler und mich auch gegeben, selbstverständlich. Aber ich nehme an, dass wir sicher drei der zentralen Figuren sind, neben vielen anderen Köchen und Produzenten, die auf die Globalisierung der Kulinarik mit der Fokussierung auf das Regionale reagiert haben. Es wäre verwegen zu glauben, dass es das ohne uns nicht geben würde. Aber wir haben alle eine wichtige Rolle gespielt. Die Sterneköche insbesondere deswegen, weil sie mediale Aushängeschilder sind, die die Alpine Küche braucht. Wir brauchen sie, weil sie Botschafter sind für unsere Ideen.
Die Schlagwörter „Regionalität“ und „Saisonalität“ sind im Trend, beherrschen die kulinarische (Marketing)welt. Ist die Alpine Küche eine Trendküche?
Dominik Flammer: Sie ist kein Trend, sondern sie ist die ewige Konstante. Regionalität und die alpine Kulinarik haben mit ‚Mainstream‘ überhaupt nichts zu tun. Ganz im Gegenteil. Wir haben das große Glück, dass diese ewige Konstante gerade ganz massiv gestärkt wird, weil Regionalität ein Gegengewicht zur ganzen Vereinheitlichung in der weltweiten Nahrungskette ist. Die Bedürfnisse nach lokalen Lebensmitteln schlummern in uns allen. In allen Konsumenten- und Einkommensschichten. Und das Wichtigste daran ist: Das Thema Regionalität bedeutet extrem viel Unterstützung für unsere Landwirtschaft und unsere Bauern. Und das bedeutet wiederum, dass die regionale Wertschöpfungskette funktioniert und die regionalen Veredler und Genusshandwerker gestärkt werden.
Was sind für die Alpine Kulinarik die zukünftigen Herausforderungen?
Dominik Flammer: Es ist die zentrale Aufgabe, wenn wir die Alpine Küche voranbringen wollen, dass folgende zwei Aspekte erfüllt werden: Einerseits müssen wir das Prinzip ‚Koch sucht Bauer‘ und ‚Bauer sucht Koch‘ vorantreiben und die Zusammenarbeit zwischen Köchen und Produzenten intensivieren. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, damit die Gastronomie mitziehen kann. Hier geht es um ein konstruktives Miteinander, dass auch die Produzenten bereit sind, auch auf die Wünsche der Köche und Konsumenten einzugehen. Im Idealfall finden beide in der Zusammenarbeit einen Weg, damit beide Seiten profitieren. Der Veredler hat fixe Abnehmer seiner regionale Spezialitäten und der Gastronom hat beste Qualität direkt vor der Haustür. Die zweite Notwendigkeit ist, dass sich Politik und Tourismus-Organisationen langfristig aus dem Korsett des ‚Grenzdenkens‘ lösen müssen. Wir alle müssen vernetzter denken, um uns erfolgreich lokal vermarkten zu können. Sonst werden wir weltweit nicht die Rolle spielen, die unsere Vielfalt eigentlich zulassen würde.
Sie sind aus der Schweiz und leben in Zürich. Wie erleben Sie das kulinarische SalzburgerLand?
Dominik Flammer: Meine Homebase ist der Alpenraum. Meine Frau ist aus der Steiermark und ist in Bayern aufgewachsen, ich selbst wohne in Zürich und in der Innerschweiz. Und ich bin ständig im ganzen Alpenraum unterwegs und schaue mir alles an. Da mache ich natürlich auch sehr im gern im SalzburgerLand Station. Das SalzburgerLand hat viele regionale kulinarische Schätze – und Salzburg hat im Produzentenbereich in den vergangenen zehn Jahren einen unglaublichen Sprung gemacht. Was ich immer wieder merke: Das SalzburgerLand hat auch deswegen ein enormes Potenzial, weil die Dichte an die Bio-Landwirtschaft sehr hoch ist. Wir stellen im gesamten Alpenraum fest, dass ein großer Teil der kulinarischen Innovationen aus der Bio-Landwirtschaft kommt, da die Bio-Bauern oft eine neue Freude und neue Leidenschaft mit in ihre Produkte einbringen. Und Leidenschaft braucht’s, wenn man sich mit neuen Nutzpflanzen und Veredelungstechniken auseinandersetzen will.