Ich kann mich nicht erinnern, wann ich die Welt rund um mich das letzte Mal so unreal wahrgenommen habe. Träume ich? Mach ich das wirklich? Gedanken wie diese, jagen durch meinen Kopf. Doch das das monotone Dröhnen des Propellers lässt keinen Zweifel daran! Ich befinde mich in einem Flugzeug. In einem, aus dem ich in wenigen Minuten springen werde…
Der freie Fall.
Vieles kann man in ihn hineininterpretieren. Sich so viele Philosophien zurechtlegen, warum man ihn zumindest einmal im Leben erLeben, ja wagen sollte. Da geht es um Mut, um Vertrauen und um den Schritt, den man ins Nichts setzt und der notwendig ist, damit sich vieles zum Besseren wendet. Doch jetzt, wo ich diesen Schritt, diesen Sprung, diesen Fall in Kürze wirklich wagen soll, bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob das nicht einfach nur eine wahnsinnige Idee war und ich nicht schreiend davonlaufen sollte, solange ich noch festen Boden unter den Füßen habe.
Ich befinde mich auf einem Vorfeld des SalzburgerFlughafens, der Geruch von Flugbenzin liegt in der Luft und knapp hinter mir wird gerade ein Flugzeug aus dem Hangar geschoben. In ihm, einer Pilatus Porter PC-6 der Flying Bulls, wird sich in den nächsten Minuten entscheiden, ob ich Mumm habe, oder ob ich vor meinem großen Vorhaben dann doch kneifen werde (werde ich natürlich nicht, soviel kann ich Ihnen schon jetzt verraten). Ich blicke an mir herunter und kontrolliere zum gefühlten 20. Mal, ob denn der Gurt, den Gert mir vorhin angelegt hat, auch wirklich fest sitzt. Tut er, denn der sympathische Kerl ist ein absoluter Profi seines Fachs. Was auch gut ist, denn in Kürze wird er sich gemeinsam mit mir aus dem Flugzeug werfen und nach ca. 50 Sekunden im freien Fall den Fallschirm öffnen, der uns sicher auf den Boden zurück schweben lassen soll.
In der Luft.
Hintereinander nehmen wir im Flieger Platz, die Türen werden verschlossen und der Pilot scherzt lachend darüber, dass unser Schicksal nun wohl nicht mehr in unseren eigenen Händen läge. Warum lache ich nicht? Der war doch eigentlich gut! Langsam heben wir ab und die Stadt Salzburg unter uns wird immer kleiner und kleiner. So gerne ich normalerweise die Welt aus der Luft betrachte, heute habe ich offensichtlich keinen Nerv dafür. Das Fliegen, sonst eine wunderbare Erfahrung, ist heute nur Mittel zum Zweck. Das Spiel hat sich geändert. Heute spielen wir eines für die großen Jungs. Wir schauen nicht nur einfach aus dem Fenster auf dem Medium Luft – nein, heute werden wir Teil davon. Durch ein Klopfen auf meine Schulter werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Gert ist gerade dabei, seinen Gurt und meinen zu verbinden und nochmals alle Checks durchzugehen. Der große Höhenmesser auf seinem Arm zeigt 3.500 Meter an. Steigend! 500 Meter also noch, bevor es ernst wird. Von jetzt an ist alles auf Autopilot. Mein Leben, mein Schicksal einfach alles. Eigenartigerweise ist meine Angst wie weggeblasen, in dieser Höhe, aus der die Welt aussieht wie eine Landkarte, einfach nicht mehr existent. Ich spiele mit. Dann auf 4000 Metern endet der Steigflug abrupt, der Pilot verlangsamt das Flugzeug, die Türen werden geöffnet und das erste Tandempaar springt auch schon ab. Wie durch dichten Nebel höre ich mich fragen, ob es denn für uns jetzt auch losginge. Ja, sagt Gert und schiebt mich aus der seitlichen Flugzeugtüre. Da hänge ich nun, viele tausend Meter über Salzburg, lose an einem Mann, den ich erst vor einer halben Stunde kennen gelernt habe. Dem ich bereits jetzt mein Leben anvertraut habe. Ein letztes Mal die Frage, ob ich denn träume.
Tandem-Fallschirmspringen.
Dann beginnt sich alles rund um mich zu drehen. Ich falle. Gert ist in meiner Welt jetzt nicht existent. Ich kann es gar nicht fassen, was das für ein Gefühl ist. Ich stürze, nein fliege der Erde entgegen – und ich liebe es! Kurz sehe ich den Flieger, der bereits viele Meter von uns entfernt ist, als wir einen weiteren Überschlag machen. Dann wird der Fall wahnsinnig stabil und die Luft auf der ich reite, greifbar wie ein Polster. Mit ca. 200 Sachen rase ich der Erde entgegen, sehe die Altstadt, den Fluss, die vielen Straßen, die Berge rundherum und unter uns der Flughafen. Hier sind wir vor ein paar Minuten gestartet. Oder war es vor einer Ewigkeit? In einem anderen Leben? Ich weiß es nicht mehr, es ist mir aber auch egal. Rasend schnell kommt alles näher, mein Körper dreht fast durch vor lauter Glücksgefühlen und ich wünschte, dass dieser freie Fall niemals enden würde. Dann ein Ruck und während sich unser Schirm langsam öffnet, fallen wir sanft in unser Gurtzeug. Die Welt um mich, Verzeihung uns, kehrt langsam in den Normalmodus zurück und wir schweben gemütlich unserem Landeplatz entgegen. Endlich bleibt mir ein bisschen Zeit die Aussicht zu genießen und die Eindrücke von gerade eben ein zu verarbeiten beginnen. Was war das für ein Rausch! Einfach unglaublich.
Zurück auf der Erde.
In einem weiten Rechtsbogen dreht Gert den Schirm zur Landezone und fliegt diese gegen den Wind an. Gekonnt fängt er den Flug wenige Zentimeter über der Wiese ab und mit einem eleganten Slide auf unseren Hinterteilen endet der erste Fallschirmsprung meines Lebens. War es die Aufregung wert? Absolut. Kann ich es Ihnen empfehlen, dieses Abenteuer auch zu erleben? Oh ja! Werde ich wieder einmal aus einem Flugzeug springen? Definitiv! Das war eines der tollsten Erlebnisse, die ich jemals hatte.
Vielen Dank an Frederik und Meni – meine ‚Brothers in Arms‘ in der Luft, Werner, Bernhard, Flo, Wolfi, Gregor und an meine Babsi – die Crew am Boden. Und natürlich Gert – du bist ein Großer!
Haben Sie den Rausch des freien Falls auch schon einmal erlebt? Dann würden wir uns über Ihre Erfahrungen unter ‚Kommentare‘ sehr freuen.
Hier kann man im SalzburgerLand Tandem-Fallschirmspringen:
Salzburg:
HSV-Red Bull Salzburg
1. Salzburger Fallschirmspringerclub
Zell am See:
Alpenfreifall
©HSV Red Bull Salzburg Fallschirmsport/Helge