Lehrling im legendären Straubinger am Wasserfall in Bad Gastein, Mentoren wie Paul Haeberlin oder Paul Bocuse, zwei Sterne im Tantris, drei im Aubergine. Und schließlich die Ernennung zum Koch des Jahrhunderts. Die Karriere des Eckart Witzigmann ist ebenso beeindruckend wie einzigartig. Seine Wurzeln im SalzburgerLand hat er dabei nie vergessen. Zum 80-jährigen Geburtstag 2021 eine Hommage an einen der ganz Großen.
„Gutes Essen ist kein entbehrlicher Luxus. Es ist und wird die Basis für ein gesundes Leben bleiben“
Eckart Witzigmann
Der Apfel fällt (nicht) weit vom Stamm
Los ging alles im verschneiten Bad Gastein der 1950er-Jahre. Der Vater Schneidermeister, trug dem Sohn auf, maßgeschneiderte Skihosen und Anzüge in die großen, mondänen Hotels des Ortes zu bringen. Neben dem Duft der großen weiten Welt, lag dort noch etwas anderes in der Luft – die herrlichen Gerüche aus der Küche. Etwas, das Witzigmann bis dahin nicht kannte… Und später wie kein anderer kennen lernen sollte. Der Papa, kritischer Feinschmecker und Liebhaber guten Essens, erkannte die feine Nase des Burschen und nahm ihn fortan zu Geschäftsessen und anderen wichtigen Terminen mit. Und auch wenn damals Fußball oder die Freunde noch höher im Kurs gestanden sind, lernte er relativ früh, die gehobene Gastronomie kennen und schätzen.
Lehrjahre eines Jahrhundertkochs
Ein paar Jahre später. Ganz nach dem Motto ‚was man sät, das erntet man‘, stand den Eltern erst einmal der Mund offen, als der mittlerweile 16-jährige Eckart selbstbewusst verkündete, nicht in die Fußstapfen des Vaters treten zu wollen, sondern Koch als seinen Beruf auserkoren zu haben. Nachdem man sich vom ersten Schreck erholt hatte, besorgte Witzigmann-Senior dem Sohn eine Lehrstelle im Grandhotel Straubinger, einem der damals besten Hotels Bad Gasteins. Etwas, das der spätere Jahrhundertkoch noch heute als großes Glück seines Lebens empfindet. Schließlich ist er der festen Überzeugung, dass die Lehrjahre eines Koches entscheidend für die spätere Karriere sind.
„Egal, wie weit man von der Heimat entfernt oder wie lange man auch weg ist, man sollte nie vergessen, woher man kommt und wo die eigenen Wurzeln sind. Das war in meinem Fall Bad Gastein und das SalzburgerLand. Hier habe ich meine ersten Schritte in die Kochwelt getan und später nie vergessen, woher ich komme. Altmodisch gesprochen: Ich bin ein bodenständiger Mensch geblieben.“
Eckart Witzigmann
13 Jahre und zwei Koffer
Nach der Ausbildung kehrte Eckart Witzigmann Gastein und dem SalzburgerLand den Rücken und ging auf Wanderschaft. Sprichwörtlich. Nur mit zwei Koffern in der Hand, zog er durch die Welt. Schweden, London, Belgien, die USA und natürlich Frankreich – überall suchte und fand er Mentoren und Lehrmeister, die sein Können immer weiter schärften. Unter ihnen Paul Haeberlin aus dem Elsass und der berühmte Paul Bocuse. Je länger der Koch unterwegs war, desto größer wurde auch seine Leidenschaft für seinen Beruf. Er entwickelte Neugier und Perfektionismus, die bis heute als Maß aller Dinge gelten.
Vorreiter der Nouvelle Cuisine
Nach 13 Jahren und jeder Menge Inspiration und Können im Gepäck, nahm die ausgedehnte Weltreise ein Ende und Eckart Witzigmann wurde 1971 sesshaft. Als Küchenchef im gerade neu-eröffneten Tantris in München. Mit vier französischen Köchen, die er von unterwegs mitbrachte, führte er die Nouvelle Cuisine im deutschsprachigen Raum ein. Das Tantris war ein Restaurant, das seine Gäste bewusst herausforderte, oft an ihre Grenzen brachte und schon drei Jahre nach der Eröffnung mit zwei Michelin-Sternen dekoriert war. Eine Legende war geboren. Da packte Witzigmann erneut seine Koffer. Er strebte nach Neuem. Wieder einmal und ebenfalls in München.
Aubergine
Kleiner, intimer, mit dem perfekten Service am Gast. Das war die Vision hinter dem Aubergine. Kein „Schickimicki-Restaurant“, sondern ein Ort des Genusses, in dem sich die Queen, Politiker und Schauspieler aus aller Welt ebenso wohlfühlen sollten, wie ganz ‚normale‘ Menschen mit einem Faible für gutes Essen. Für Witzigmann war und ist jeder Gast gleich. Ein König eben. Bereits im ersten Jahr ‚erkochten‘ sich Witzigmann und sein Team zwei Sterne. Ein Jahr später folgte der dritte. Witzigmann war somit der erste Koch außerhalb Frankreichs mit drei Michelin-Sternen. Rückblickend bezeichnet er diesen Erfolg wie „eine Besteigung des Mount Everests ohne Sauerstoff am Rücken“.
Doch auch wenn die Luft an der Spitze äußerst dünn ist, konnte Witzigmann dieses Level unglaubliche 13 Jahre lang halten. Mit der Auszeichnung ‚Koch des Jahrhunderts‘ von Gault & Millau erreichte er – um in der Bildsprache Witzigmanns zu bleiben – nach der Besteigung des Everests endgültig den Olymp der internationalen Kulinarik. Er liebte es, diese Ehre mit anderen zu teilen und sein Wissen an junge, talentierte Köche weiterzugeben. Alfons Schuhbeck, Johann Lafer und Roland Trettl sind nur drei der vielen Namen aus der Spitzengastronomie, die ihr Handwerk beim Jahrhundertkoch höchstpersönlich lernten.
Zurück zu den Wurzeln und heim ins SalzburgerLand
1994 und immer noch am Gipfel verweilend, sperrte Witzigmann das Aubergine zu und widmete sich neuen Aufgaben. Dem Schreiben von Büchern, Beraten von Gastro-Projekten auf der ganzen Welt und schließlich ereilte ihn 2003 auch noch der Ruf aus der Heimat. Dem er auch gerne folgte und die gastronomische Patronage im Restaurant Ikarus im Hangar 7 in Salzburg übernahm. Durch die monatlich wechselnden Gastköche eines der spannendsten Restaurantkonzepte weltweit. Seiner Leidenschaft für frische, regionale und saisonale Lebensmittel ist er nach wie vor treu und ist sich sicher, dass gutes Essen die Basis für ein gesundes Leben ist.
Auf der Via Culinaria der Alpinen Küche
Eckart Witzigmann ist als Salzburger hinaus in die Welt gezogen ist, um das Kochen zu revolutionieren. Und hat dabei auch die Identität der modernen alpinen Küche nachhaltig geprägt. Seine Philosophie, der uneingeschränkte Respekt vor dem Produkt, das er stets ins Zentrum seines kulinarischen Schaffens gestellt hat und das Bewusstsein für Regionalität und Qualität, dienen noch heute unzähligen jungen, aufstrebenden Köchen als Leitbild. Seine Wurzeln hat er trotz des internationalen Erfolgs niemals vergessen.
Eine Verbundenheit, die er auch als Schirmherr und Botschafter der 2008 ins Leben gerufenen Via Culinaria – Genusswege im SalzburgerLand lebt.
„Ich habe die Schirmherrschaft über die Via Culinaria übernommen, da ich das gesamte Konzept für sehr interessant und zukunftsweisend halte. Ob Wirtshaus, Bauernhof, Haubenlokal oder urige Almhütte: Die Köche im SalzburgerLand haben das Glück, die feinsten Zutaten – Quellwasser, Kräuter, Beeren, Fische, Wild – sprichwörtlich vor der Türe zu finden. Frische, Qualität und Regionalität gehen hier eine unverfälschte Symbiose ein – köstlich und wertvoll zugleich. Die Via Culinaria beschreitet einen interessanten Weg in die richtige Richtung und die ausgewählten Genussadressen entsprechen den Ansprüchen der Alpinen Kulinarik.“
Eckart Witzigmann
Ein großer Gasteiner, Salzburger und Österreicher.
Lieber Eckart Witzigmann, wir wünschen Ihnen alles erdenklich Gute zum 80. Geburtstag und möchten zum wiederholten Male DANKE sagen für die vielen tollen Begegnungen und gemeinsamen Projekte.
Buchtipp
Wer mehr über Leben und Schaffen des Jahrhundertkochs erfahren möchte, der kann im Doppelband ‚Eckart Witzigmann. Was bleibt‘ ausführlich schmökern.
©Titelbild: Markus Bassler