Für die kommende Wandersaison begebe ich mich auf die Suche nach dem perfekten Wanderschuh. Denn ich habe es satt, dass ich vom Wandern immer mit schmerzenden Blasen an den Fersen heimkomme. In Kleinarl bin ich fündig geworden – Bernadette Baldauf ist nach ihrer Lehrzeit in Wien in ihre Heimat zurückgekehrt und hat „Die Schusterei“ eröffnet. Dort habe ich sie besucht.
Bernadette, was macht einen guten Wanderschuh aus?
Also, hier spreche ich als begeisterte Bergwanderin und Schuhmacherin. Der Wanderschuh muss auf jeden Fall atmungsaktiv sein. Die Wanderungen sind oftmals anstrengend und man schwitzt. Die Nässe darf dabei nicht im Schuh bleiben, denn dann entstehen Blasen und Scheuerstellen. Vom unangenehmen Geruch mal ganz abgesehen.
Welches Material verwendest du, damit der Wanderschuh atmungsaktiv wird?
Trotz bahnbrechender Technologie in allen Bereichen unseres Lebens wurde noch nichts Besseres zur Schuhherstellung entdeckt als Leder. Das Fasergefüge ist so verwoben, dass die Luft ungehindert zirkulieren kann. Es ist elastisch, reißfest und trotzdem weich und ‚wächst‘ mit dem Träger. Außerdem wird es bei entsprechender Pflege durch die Patina, die sich entwickelt, immer ‚schöner‘. Und was natürlich auch noch zu beachten ist: Die ganzen wasserabweisenden Materialen, die bei Textilien und Schuhen verwendet werden, sind sehr schlecht für die Umwelt, da sie oftmals über Generationen nicht abgebaut werden können.
Natürlich gibt es auch bei Leder, genau wie bei Textil (zum Beispiel bei Baumwolle) unglaubliche Unterschiede in der Qualität. Ich versuche in meiner Werkstatt Leder zu verarbeiten, das unter fairen Bedingungen hergestellt wurde, am besten aus heimischen Rindern, zumindest vegetabil gegerbt, das heißt ohne Zusatz von Chrom. Es gelingt mir nicht immer, aber ich gebe mir redlich Mühe. Allein über Leder könnte ich ein Buch schreiben… Also meiner Meinung nach ist ein guter Wanderschuh aus Leder hergestellt.
Aber ist Leder nicht sehr schwer?
Leder ist bestimmt schwerer als Textil, das stimmt. Aber der perfekte Wanderschuh muss leicht sein. Es ist oftmals schon der vollbepackte Rucksack schwer, daher sollte der Wanderschuh immer wenig Gewicht haben. Dennoch kann man sagen, dass sehr leichte Materialen oftmals qualitativ nicht so gut sind. PU (Polyurethan) – das beliebteste Sohlenmaterial der Industrie – ist bestimmt leichter als eine Gummisohle, wie ich sie verwende, denn PU wird geschäumt. Jedem, der viel wandert, ist es bestimmt schon einmal passiert, dass die Sohle vom Schuh bröselt, das war dann eine PU-Sohle. Außerdem geht nichts über die Abriebfestigkeit von einer Gummisohle. Tatsächlich ist es eine große Herausforderung für mich als Schuhmacherin, den Schuh leicht zu ‚bauen‘, aber auch hier bin ich am Tüfteln und Ausprobieren.
Was ist sonst noch wichtig für einen Bergschuh?
Er muss auf jeden Fall gut passen. Zusätzlich muss er Stabilität und Halt geben. Die Ferse und der Ballen müssen gut gefasst sein, die Zehen brauchen hingegen Platz. Hier tue ich mir leicht. Ich mache Schuhe nach Maß, jeder Kunde hat bei mir seine eigenen Leisten und meine Wanderschuhe passen wie ‚angemessen‘.
Eingetragen will jeder Wanderschuh werden, die erste Tour ist vielleicht noch ein bisschen mühsam, man muss sich erst anfreunden mit dem neuen Schuh. Das ist auch bei meinen so. Am besten ist es, man startet mit einem Spaziergang oder einer leichten Wanderung. Dann sollte der Schuh auf jeden Fall langlebig sein. Leider sind bei uns Schuhe und Kleidung zu Wegwerfprodukten geworden. Das muss einfach nicht sein.
Und was ist mit dem Design? Das ist für viele sicherlich auch wichtig.
In meiner Werkstatt kann man auch beim Design mitreden. Die Kunden wählen die Farbe des Leders – ich habe auch außergewöhnliche Farbkombinationen auf Lager, sie entscheiden sich für die Höhe des Schuhs und kombinieren Ösen und Hacken nach Lust und Laune. Denn besonders ein Wanderschuh sollte ein guter und bequemer Begleiter sein mit dem man so manche Gipfelfreuden teilen kann.
Nun mache ich mich an die bunten Ösen und Hacken und freue mich schon auf die neuen Wanderschuhe und die bevorstehenden Wanderungen. Doch etwas Geduld muss ich noch aufbringen, denn Bernadette Baldauf verrichtet ca. 40 Stunden reinste Handarbeit für ein Paar maßgeschneiderte Bergschuhe – dafür sitzen diese dann perfekt!