Hallo! Ich bins, der Wagrainer Schneemann. Es ist für mich eine große Ehre, dass ich von mir erzählen darf – immerhin bin ich doch schon ziemlich alt. Aber das macht nichts. Weil ich jedes Jahr wieder von Neuem geboren werde und den Marktplatz von Wagrain verschönere. Gerne erzähle ich euch meine Geschichte. Taucht ihr mit mir ein?
Sommerurlaub vom Wagrainer Schneemann
Und eintauchen ist schon das richtige Wort: Denn ich bin nicht immer in Wagrain. Sondern nur von Jänner bis ca. März – je nachdem, wie sich das Wetter entwickelt. Dann schmelze ich in die Wagrainer Ache, fließe mit der Salzach, dem Inn und schließlich ganz lang in der Donau, bis ich schlussendlich im Schwarzen Meer lande. Dort tauche ich in die Unterwasserwelt ein, schwimme mit Schwarzen Kabeljauen und spiele mit Stachelaustern. So 8 bis 9 Monate bin ich da unterwegs. Und irgendwann bekomme ich wieder Sehnsucht.
Sehnsucht nach den Menschen in Wagrain, nach dem Plätzchen neben der Linde und nach den Blicken der Gäste – die verursachen mir nämlich oft eine Gänsehaut. Also, die von der guten Sorte, weil sie mich so anstarren. Tja, wenn diese Sehnsucht nach meiner Winter-Heimat laut wird, such ich mir ein lauschiges Plätzchen auf der Oberfläche des Schwarzen Meeres und lass mich von der Sonne verdunsten.
Dann reise ich fein eingepackt in Schäfchenwolken zurück ins SalzburgerLand. Und jetzt kommt der spannendste Teil meiner Reise:
Ich verwandle mich von Wasserdampf in Schnee. Ich kann euch gar nicht sagen, was das für ein Gefühl ist – es kribbelt, es kracht, es krampft. Aber nur ganz kurz. Dann gleite ich auf vielen flauschigen Schneeflocken zurück nach Wagrain. Dort sammeln mich die Fußballer und bauen mich wieder auf. Aber das war nicht immer so.
Meine Geschichte
Denn zwischendurch bauten mich Mitglieder der Trachtenmusikkapelle, der Freiwilligen Feuerwehr oder des ÖJBs (Österreichische Jugendbewegung). Das älteste Foto von mir hat Regierungsrat Spiller geknipst – 1932.
Wahrscheinlich gibt es mich aber schon länger, denn 1927 setzte eine Gruppe rund um Karl-Heinrich Waggerl eine Initiative, um den Tourismus, der damals noch Fremdenverkehr hieß, wieder anzukurbeln. Es gab nämlich in diesem Jahr einen verheerenden Brand im Wagrainer Ortsteil Markt.
Ja. Und seither bin ich fester Bestandteil des Winters in Wagrain. Nur in den Kriegsjahren war ich nicht zu Gast in Wagrain-Kleinarl und auch in den 1950er Jahren fehlte ich für 2 bis 3 Jahre. Da löste meine Wenigkeit einen Streit unter den Wagrainern aus, wer mich wohl aufbauen darf…
Und früher hatte ich auch Ohren, Hände und so einen Kasperlhut. Oder ich wurde auch mal von den Holzschnitzern Peter Erlbacher und Martin Seer geformt. War alles schon ok, aber jetzt möchte ich so nicht mehr aussehen. War wohl die Mode damals – und ich als weltoffener Wagrainer Schneemann machte da natürlich mit.
Jetzt möchtet ihr sicherlich wissen, wie die Fußballer mich errichten, oder?
Aufbau vom Wagrainer Schneemann
Puh. Das ist mittlerweile echt eine Prozedur. Gott sei Dank dürfen die Fußballer die schweren Geräte von Wagrain Bau verwenden, ansonsten wäre ich wohl nur so ein kleiner Garten-Schneemann. Aber das bin ich nicht. Ich bin der stattliche Wagrainer Schneeman!
Also, die jungen Wagrainer sammeln eine riesige Menge an Schnee. Jetzt ratet mal, wie viel.
Es sind 114 m3! Hättet ihr nicht gedacht? Nein? Ist aber so. Denn immerhin bestehe ich aus 3 Kugeln – wie halt andere Schneemänner auch. Nur, dass meine Kugeln eigentlich Stockwerke und somit eher rechteckig sind. Aber diese Andersartigkeit stört mich gar nicht, sondern ich bin stolz darauf. Und jeder darf ja aussehen, wie er oder sie mag.
Auf jeden Fall ist das erste Stockwerk 4 x 6 m groß und fasst rund 65 m3 Schnee, das Bauch-Stockwerk hat eine Größe von 3 x 4 m und darin sind rund 32 m3 Schnee und das Kopf-Stockwerk misst 2 x 3 m und darin finden rund 17 m3 Schnee Platz. Insgesamt bin ich etwa 11 m hoch und von da oben habe ich alles im Blick, was sich so am Marktplatz in Wagrain tut.
Mit Hilfe von großen Maschinen bauen die Fußballer eine Rahmenschalung und füllen diese mit Schnee. Das machen sie für alle Stockwerke. Danach entfernen sie die Schalung wieder und ich bekommen eine feine Gesichtsbehandlung – inkl. Augenlifting, Karottenzupfen und einer Lippenpflege. Und die Fußballer schauen schon noch drauf, dass ich nicht komplett eckig bin. Darüber bin ich echt froh. Sie sind alles so herzensgute Menschen und meinen es jedes Jahr so gut mit mir. Sie setzen mir sogar einen Hut auf, dass ich von der Sonne geschützt bin. Und einen Schal bekomme ich auch, damit ich in der Eiseskälte nicht friere.
Wagrainer Schneemann besichtigen
So im Dezember lande ich in Wagrain – zuerst mach ich es mir auf den Wiesen gemütlich, decke die letzten Gräser zu und verleihe dem Ort seinen weihnachtlichen Charme. Dann ab Mitte Jänner erhebe ich mich am Marktplatz – dort könnt ihr mich auch besuchen. Ich bin täglich da, bis mich die Sonne auf meine Sommerfrische ins Schwarze Meer schmilzt – meistens bis nach Fasching. Schaut gerne vorbei, ich freue mich auf euch!