Das Wiesergut in Hinterglemm. Das weckt Assoziationen von glücklichen Kühen, blühenden Wiesen, duftenden Brotlaiben frisch aus dem gemauerten Backofen, heimeliger Atmosphäre und knisterndem Feuer im Kamin. Im Kern des 2012 eröffneten Hotels Wiesergut in Hinterglemm verbirgt sich – trotz edlem aber zurückhaltendem Design – auch ebendies.
Das Geheimnis? Hinter der modernen Fassade und dem reduzierten Design schlummert der Geist des ehemaligen Gutshofs der Familie Kröll, der bis 2012 auf dem Grund des Design- und Boutique-Hotels stand. Über 800 Jahre war das ursprüngliche Gut „Wiesern“ alt. Hier betrieb die Familie Kröll am Fuße des Zwölferkogels eine Landwirtschaft und beherbergte Urlauber am Bauernhof.
Von der Vision zum Wohlfühlrefugium
Es ist sechs Jahre her, als ich Sepp Kröll auf der von ihm geführten edel-rusitikalen Wieseralm am Reiterkogel traf und er mir von seiner Idee erzählte. „Ich habe eine Vision. Ich möchte etwas ganz Neues aus dem Wiesergut kreieren“, meinte er mit glänzenden Augen und präsentierte stolz eine Skizze seines imaginären Traumhotels. Nur wenige Jahre später stehe ich nun vor der Verwirklichung dieser Vision. Auch wenn äußerlich nichts an die Gemäuer der Vorfahren erinnert, sind die alten Werte abseits des alpinen Kitschs und Land-Klischees hier erhalten worden.
Bereits in der Lobby spürt man Luxus-Komfort ohne pompösen Prunk. Diese puristische Zurückhaltung in warmen Erdtönen, die wohltuend entspannend für die meist ohnehin überreizten Sinne ist, zieht sich durch das ganze Gebäude. Wie bei einem traditionellen Gutshof umschließen die eingeschossigen Flanken des Hotels einen grünen Innenhof mit Obstbäumen – das gibt ein Gefühl von Geborgenheit. Neben dem lichtdurchfluteten Restaurant befindet sich das behagliche, holzgetäfelte „Stüberl“. Und zwar an genau derselben Stelle wie im alten Gutshof. Auch der alte Holzbackofen wurde wieder aufgebaut. Er ist aber nicht nur ein schönes Designelement in der Tagesbar „Piazza“ – der Duft nach frischem Brot verrät – hier wird noch selbst gebacken.
Nichts ist dem Zufall überlassen und hinter jedem Sessel, jeder Lampe steckt eine Inspiration und alles ist Teil eines gut durchdachten Konzepts. Selbst die vielen Bücher, die in Regalen vor dem Restaurant oder auf den Beistelltischen der Sitzgruppen in der Lobby liegen. Sorgfältig wurden die exklusiven Bildbände, Romane oder Kinderbücher ausgewählt und platziert. Mit dem durchdesignten Gesamtkonzept ist es Martina und Sepp Kröll gelungen, ihre Vision umzusetzen – die alte Tradition neu zu interpretieren und trotzdem authentisch und echt zu bleiben.
Clean Chic & Gemütlichkeit
In den Gutshof- und Gartensuiten verströmen Naturstein, feinster Lodenstoff, wettergegerbtes Leder und rohes Holz – unterbrochen mit Flächen aus Sichtbeton – pure Gemütlichkeit und Charme, ohne die weitläufigen Räume zu überladen. Clean Chic, gepaart mit traditioneller Wärme – so könnte man den Eindruck aus einem Begriff der Modewelt ableiten. Im gläsernen Kamin knistert ein Feuer und direkt daneben sind blanke Holzscheite zu einem exakten Stoß geschlichtet. Durch die hohe Glasfassade der Gartensuiten scheint das Panorama der umliegenden Berge bis direkt ins Zimmer zu rücken und der Blick ist frei auf blühende Felder und ferne Gipfel. Ein privater Luxus auf der Terrasse ist der quellwasserbefüllte Hotpot, der geradezu zu einem heißen nächtlichen Bad unter dem Funkeln tausender Sterne lockt.
Über den gläsernen Gang, der das gesamte Gebäude verbindet, gelangt man zum exklusiven Spa-Bereich. Ein 18 Meter langer Edelstahlpool lädt zum Schwimmen ein, während auch hier die Glasfassade den Blick auf den Zielhang des Zwölferkogels freigibt. Ausgesuchte Wellness- und Kosmetik-Behandlungen mit eigens kreierten Produkten schaffen Glücksmomente – für „sie“, für „ihn“ oder für verliebte Paare im Private-Spa am Dach.
Bauer aus Überzeugung
Vom „Urlaub am Bauernhof“ ist im Wiesergut auf den ersten Blick nicht mehr viel zu sehen – und doch beweisen die feinen Details die gelebte Nähe zur Landwirtschaft. Das Restaurant bedient sich aus frischen Produkten aus dem eigenen Gemüse- und Kräutergarten. Die Marmeladen sind selbst eingekocht, Wildbret stammt aus der eigenen Jagd und das Pinzgauer Rind kommt von der eigenen Weide. Denn die glücklichen Kühe gibt es noch! Und wenn Sepp Kröll nicht gerade als Hotelier im Wiesergut nach dem Rechten sieht, als Hüttenwirt auf der Wieseralm seine Gäste begrüßt oder als Papa Zeit mit seinen drei Kids verbringt, dann schlüpft er in die Gummistiefel und ist Bauer aus Überzeugung. „Bei der körperlichen Arbeit in der Landwirtschaft hole ich mir meine Kraft und Energie. Im Sommer sehe ich abends noch zu den Kühen auf der Alm – das erdet mich!“, meint Sepp Kröll – und diese Erdung spürt man auch allgegenwärtig im Wiesergut.
Bilder: Günter Standl Fotografie