Gams-, Hirsch- oder Dachsbart schmücken bei feierlichen Anlässen die Hüte der Jäger und Trachtenvereine im SalzburgerLand. Diese kostbare Trophäe ist nicht nur eine wertvolle Erinnerung an unvergessliche Jagdausflüge sondern auch ein Glanzstück einer fast ausgestorbenen Handwerkskunst.
Hans Wimmer aus Lofer im Pinzgau ist Jäger aus Leidenschaft und die Gams‘ haben ihn schon immer fasziniert. So kam es, dass er vor fünf Jahren den alten Loferer Bartbinder aufsuchte und ihn bat: „Lern mir bitte dein Handwerk.“ Dieser zögerte anfänglich, denn diese Kunst wird nicht so ohne weiteres an andere weitergegeben, doch Hans Wimmer blieb hartnäckig und so willigte der Altmeister schließlich ein und so ist Hans Wimmer heute einer der letzten Bartbinder des Landes. „Schon mein erster Bart, den ich unter den Anweisungen meines Lehrherrn band, ist mir sehr gut von der Hand gegangen“, erinnert er sich an die Anfänge.
Geduld & Fingerspitzengefühl
Im Keller seines Hauses hat er sich für sein Hobby also eine kleine Werkstatt zum Bartbinden eingerichtet und auf die Frage, was man denn zum Binden eines Bartes alles benötigt, antwortet er lachend: „Die Haare von Hirsch, Gams oder Dachs, etwas Spezialwerkzeug und darüberhinaus nur viel Geduld, Fingerspitzengefühl, Ruhe und Zeit!“ Etwa 30 bis 40 Stunden braucht Hans Wimmer für einen durchschnittlichen Gamsbart – das Sammeln der Haare allerdings dauert Jahre. Der Gamsbock trägt seinen Bart auf der Rückenoberseite – sie bilden die langen Haare des Aalstrichs. Für das Binden eines Barts sind die Grannenhaare mit Unterwolle von vier bis fünf Gamsböcken nötig. So sammelt Hans Wimmer für jeden Kunden die bereits abgelieferten Haare. „Wichtig ist, dass die Haar nicht Knicken oder Verbiegen. Wenn ich dann die ausreichende Menge gesammelt habe, geht´s los.“
Blind oder mit Reif?
Beim Sortieren der Gamshaare entfernt Hans Wimmer sorgfältig die „blinden“ Grannen. „Blind nennt man jene Haare, die keinen Reif, also keine weiße Spitze haben. Je mehr ich beim Sortieren darauf achte desto besser ist die Qualität des fertigen Barts. Und schon beim Sortieren kämme ich die Unterwolle aus denn die benötige ich später beim Binden,“ erklärt der Hobby-Bartbinder. Wie viele Haare in einem fertigen Gamsbart sind, möchte ich wissen, doch da schüttelt Hans Wimmer nur lachend den Kopf und meint: „Ich habe sie nie gezählt aber einige 10.000 sind es sicher, und jedes einzelne Haar wandert sorgfältig geprüft durch meine Finger.“
Um Haarbüschel aus Grannen gleicher Länge binden zu können, füllt Hans Wimmer die Haare – mit dem Reif voran – in ein Glas. Durch Stoßen des Glasbodens auf die Handfläche rutschen die Haare nach unten und mit Fingerspitzengefühl zupft er kleine Mengen an gleich langen Haaren heraus und legt sie zu Büscheln beiseite. Die Büschel werden mit Knopfzwirn abgebunden und nach Länge sortiert. Von 6,5 cm bis etwa 17 cm werden die einzelnen Büscheln in Halb-Zentimeter-Schritten abgelegt. Pro Länge werden mindestens 4 Pakete zum Binden benötigt.
Gut gekämmte Haarpracht
Mit den kürzesten Haarbüscheln wird begonnen und so bindet Hans Wimmer die ersten Pakete an die obere Spitze einer alten Radspeiche, die er sich zum gut bewährten Werkzeug umfunktioniert hat. Wichtig ist dabei, dass der Reif der Spitzen in exakt einer Höhe liegen. Ist eine Reihe fertig gebunden, werden die Haare sorgfältig gekämmt bevor ein Papierring über die festgebundenen Büschel geschoben wird, um sie zusammenzuhalten. „Jetzt kommt die zuvor ausgekämmte Unterwolle wieder ins Spiel. Zum Fixieren der Reihe – damit sie beim Zusammenziehen nicht abrutscht – wird die Unterwolle mit dem Zwirn unter die Enden der einzelnen Büschel gebunden, bevor die nächste Reihe mit etwas längeren Haaren begonnen werden kann. So arbeite ich Reihe um Reihe, bis ich die längsten Haarbüschel fixiert habe. Danach wird das Ende mit einem Faden fest umwickelt und als meine persönliche Note schließe ich diese Umwickelung mit einem Goldrand ab,“ erklärt er und präsentiert mir einen fertigen Bart, der sich beim Abziehen des Papierrings in vollkommener Rundung entfaltet. Der letzte Arbeitsschritt ist das erneute Auskämmen des Gamsbartes, bevor er in eine fein verzierte Metallhülse montiert wird, mit der er am Hut des Kunden befestigt wird.
Die Machart ist übrigens auch bei Bärten von Dachs oder Hirsch die selbe, mit dem Unterschied, dass für einen Hirschbart (der Bart befindet sich beim Hirsch an der Unterseite des Halses) nur die Haare von einem einzigen Hirsch verwendet werden, da sonst zu große farbliche Abweichungen entstehen würden.
„Jeder Bart ist ein Unikum und bei jedem einzelnen ist auch die Arbeit etwas anders. Manche gehen ganz leicht von der Hand und manche kosten mehr Zeit und Nerven. Doch ich liebe mein zeitaufwändiges Hobby und bin dem alten Bartbinder aus Lofer sehr dankbar, dass er sein Wissen damals an mich weitergegeben hat,“ meint Hans Wimmer und zieht zum Abschied seinen Hut – natürlich geschmückt mit einem prächtigen Gamsbart.
Kontakt:
Hans Wimmer
Hans.wimmer@lofer.net