Im Gespräch mit uns analysiert Golfprofi Matthias Schwab das Phänomen Scottie Scheffler, verrät, was es braucht, um im knallharten Profigeschäft zu bestehen, und erklärt, warum mentale Stärke oft mehr zählt als der perfekte Schwung.
Wenn es einer wissen muss, dann er: Matthias Schwab kennt Scottie Scheffler, die aktuelle Nummer 1 der Golfweltrangliste, seit unglaublichen 15 Jahren. Die beiden standen sich unzählige Male auf dem Platz gegenüber, sowohl als Teamkollegen als auch als Konkurrenten. Entsprechend tiefgründig fallen Schwabs Worte aus, wenn er über den US-amerikanischen Superstar spricht.
Inside the Ropes: Matthias Schwab über Scottie Scheffler
„Scottie ist ein absoluter Siegertyp. Aber nicht nur das: Er ist ein großartiger Mensch, tief religiös, freundlich, umgänglich und einfach nett. Abseits des Platzes ist er ein angenehmer Zeitgenosse, aber sobald es um Golf geht, schaltet er in einen anderen Modus. Er arbeitet extrem ziel- und leistungsorientiert, dabei verliert er nie den Spaß und die Freude an dem, was er tut. Ihm war immer klar, dass Erfolg kein Zufall ist. Er hat unglaublich viel Zeit und Energie investiert, war ständig entschlossen und engagiert. Kaum eine Anstrengung war ihm zu groß, um dorthin zu kommen, wo er heute steht.“
Doch Schwab betont, dass Schefflers Erfolg nicht allein auf Fleiß und Talent zurückzuführen ist: „Er ist mental vielleicht der stärkste Spieler auf der PGA Tour. Ich würde sagen, dass rund 80 % der Ergebnisse im Golf von der mentalen Stärke abhängen. Der Rest teilt sich auf das Umfeld, die Technik und das Talent auf. Ich bin sogar der Meinung, dass die Technik oft weniger bedeutend ist, als viele glauben. Wer in den entscheidenden Momenten eines Turniers mental am stärksten ist und keine Fehler macht, wird am Ende ganz oben stehen. Scottie ist dafür das beste Beispiel.“
Der steinige Weg zum Profi
Nachdem Schwab uns einen Einblick in die Denkweise eines Top-Athleten gegeben hat, lenken wir den Fokus auf seinen eigenen Werdegang. Was braucht es, um den Sprung in die Welt des professionellen Golfsports zu schaffen?
„Mein Weg führte über die Universität in den USA und schließlich für zwei Jahre auf die PGA Tour. Es war ein langer und harter Weg, der viel Arbeit erfordert hat. Eine breite sportliche Ausbildung im Kindes- und Jugendalter war dabei ebenso wichtig wie top sportmotorische Fähigkeiten. Ohne die Unterstützung meiner Eltern, meines Vereins und des Verbands wäre es nicht möglich gewesen. Schon in jungen Jahren hatte ich sehr gute Trainer. Aber neben all dem braucht es vor allem Mut, Entschlossenheit und ganz besonders Spaß und Freude am Training und an Wettkämpfen. Ohne diese Leidenschaft geht langfristig gar nichts. Wer sich zum Training zwingen muss, wird nicht erfolgreich sein.“
Schwab unterstreicht die Bedeutung von Erfahrung und internationaler Ausrichtung: „Man muss frühzeitig viel Erfahrung sammeln, an guten und großen Turnieren teilnehmen, vor allem auch im Ausland. Der nächste logische Schritt ist dann eine akademisch und golferisch starke Universität in den USA. Heutzutage haben fast alle jungen Spieler auf der PGA Tour diesen Hintergrund. Und schließlich braucht man sehr viel Selbstvertrauen, um sich als Profi behaupten zu können.“
Entbehrungen als Teil des Jobs: Schwabs ehrliche Worte
Der Traum vom Profi-Golfer kommt nicht ohne Opfer. Doch wie geht man damit um? Schwab hat eine klare Haltung:
„Sicher muss man Entbehrungen in Kauf nehmen. Aber um wirklich gut zu werden, darf man diese nicht als Belastung sehen. Sie sind Teil des Jobs, und dieser Job muss immer und überall Spaß machen. Man darf sich nicht gequält fühlen, wenn man viele Stunden trainiert, im Auto oder auf Flughäfen verbringt oder in Hotels lebt. Ich finde es außergewöhnlich, wenn man es als Österreicher auf die DPWorld Tour oder gar auf die PGA Tour schafft. Ich merke das jetzt, wo ich hart um meine Tourkarte auf der DPWorld Tour kämpfen muss. Die zwei Jahre auf der PGA Tour waren einzigartig, und ich nehme jetzt viel auf mich, um dorthin zurückzukehren.“
Fokus bewahren: Die innere Balance im Golfzirkus
Angesichts des intensiven Reiseplans und des ständigen Wettbewerbs stellt sich die Frage, wie man den Fokus behält. Für Schwab ist die Antwort einfach:
„Solange man Spaß und Freude am Training, am Reisen und an den Turnierteilnahmen hat, ist es nicht schwer, den Fokus zu halten. Golf muss Spaß machen! Spieler, die sich zum Training zwingen oder nur wegen des Verdienstes spielen, verlieren schnell den nötigen Fokus und werden es nicht lange auf einer guten Tour schaffen.“
Der Kampf gegen den Platz – und die Rolle der Mitspieler
Im Golf steht man oft alleine auf dem Platz. Doch wie sieht es mit der Konkurrenz aus? Kämpft man direkt gegen die Mitspieler?
„Eigentlich spielt man gegen den Platz, gegen jedes Loch. Ziel ist es immer, Loch für Loch und Schlag für Schlag gut zu spielen. Mental auch noch gegen einen Flightpartner zu spielen, macht keinen Sinn. Das wäre eine zusätzliche Belastung, die man sich nicht auferlegen sollte. Wichtig ist auch zu erkennen, dass man das Spiel und das Ergebnis eines Mitspielers ohnehin nicht beeinflussen kann. Ich fühle mich in einem Flight mit guten, netten und freundlichen Flightpartnern wesentlich wohler als mit verbissen kämpfenden Spielern. Meistens spielt sogar der gesamte Flight besser, wenn die Harmonie stimmt. Trotz aller Freundschaften heißt es aber bei jedem Turnier, besser zu sein als der Freund oder Flightpartner. Das weiß jeder im Golf und akzeptiert es. Dennoch gibt es bei mir und allen anderen gute Freundschaften auf der Tour, vor allem mit Spielern, die ähnlich ticken wie man selbst.“
Leidenschaft, mentale Stärke und die Unterstützung der Heimat
Matthias Schwabs Einblicke in die Welt des Spitzengolfs zeigen eindrücklich, dass Erfolg im Golfsport ein komplexes Zusammenspiel aus Talent, harter Arbeit, mentaler Stärke und unbedingter Leidenschaft ist. Seine Verbundenheit zu seiner Heimat, dem SalzburgerLand, ist dabei sein Fels in der Brandung. Wir drücken ihm die Daumen für seine zukünftigen Herausforderungen und sind stolz, mit dem Ausnahmesportler zusammenarbeiten zu dürfen!