Ein weitläufiges Panorama wie auf dem Kitzsteinhorn hat sie nicht zu bieten, aber mindestens genauso beeindruckend sind die hoch aufragenden, schroffen und glatt geschliffenen Felswände der Sigmund Thun Klamm. Wer nach Kaprun kommt, darf sich dieses Naturphänomen auf keinen Fall entgehen lassen.
Es tost, es sprudelt, es schäumt. Von oben tropft das Wasser auf den Kopf, weiter vorne stürzt es sich die Felswände hinunter, unten bahnt es sich unbarmherzig den Weg durch die enge Schlucht. Wir befinden uns in der Sigmund Thun Klamm in Kaprun. Teilweise kann man das eigene Wort kaum verstehen, aber das muss man auch nicht. Lieber Kapuze drüberziehen, gut am Geländer festhalten und sich darauf einlassen, was einem die Felsen und das Wasser hier zu erzählen haben.

Tosende und mächtige Fluten
Bis zum Mai laufen die Vorbereitungen in der Klamm jedes Jahr auf Hochtouren, denn die fleißigen Helfer müssen den Holzsteg wieder errichten, den sie sieben Monate zuvor abgebaut haben. Vor 14.000 Jahren gab es da noch nicht so viel zu tun. Damals lag Kaprun unter einer Gletscherdecke. Als diese schließlich abschmolz, blieb ein Taleinschnitt im Massiv des Mais- und Bürgkogels zurück, durch den sich das tosende Wildwasser seinen Weg bahnte. Der Kapruner Tourismus-Pionier Nikolaus Gassner erkannte 1893 die Besonderheit dieses Naturschauspiels und erschloss die Klamm mit einer Steganlage.
Ihren Namen erhielt die Klamm vom damaligen Stadthalter von Salzburg, Sigmund Graf von Thun. Bei seinem ersten Klammbesuch zeigte er sich sehr beeindruckt und schilderte das Erlebte mit den Worten: „Tosend und mächtig strömen uns die Fluthen entgegen.“ Vier Jahrzehnte später wurde die Sigmund-Thun-Klamm zum Naturdenkmal erklärt, musste wenige Jahre danach jedoch aufgrund starker Baufälligkeit geschlossen werden.
Erst 1992 sollte es wieder so weit sein: Der Kapruner VSF (Verein zur Schaffung spezieller Fremdenverkehrseinrichtungen) errichtete die Steganlage neu und öffnete die Klamm wieder für Besucher aus aller Welt.
Mitten durch die Sigmund-Thun-Klamm
Wir sind nun mittendrin in der Klamm. Die mystische Stimmung, ein Wechselspiel aus Gänsehaut-Feeling und schlichter Schönheit, begleitet uns die Holzstufen hinauf. Oben kitzelt die Sonne den Fels, darunter das Rauschen und die kühle, aber sehr lebendige Atmosphäre der Klamm. Bis zu 32 Meter tief hat sich das Wasser in den Fels hineingearbeitet und glatt geschliffene Felswände hinterlassen, die jeden Steinmetz vor Neid erblassen lassen. Insgesamt 320 Meter geht es mit nur leichter Steigung durch die Schlucht, weshalb sich die Sigmund-Thun-Klamm als Ausflugsziel mit Kindern sehr gut eignet.
Vorbei an den dunklen, glänzenden Felswänden, vorbei an Klammgeist und Klammhexe – markanten Steinformationen, die Gesichtern ähneln – führt uns der Holzsteg viel zu schnell Richtung Ausgang. Aber halt, jetzt noch nicht den Rückweg nehmen, sondern ein paar Schritte weitergehen und sich am wunderschönen Klammsee erfreuen!

Kein Klammbesuch ohne Abstecher zum Klammsee
Die enge Schlucht öffnet sich und gibt den Blick frei auf den Klammsee und die umliegenden Berge. Wir hängen noch eine Runde um den See dran und können uns an der ergrünenden Natur und dem Wasser, das von glasklar über türkisblau bis dunkelgrau in allen Facetten schillert, kaum satt sehen. Einige Jogger und Nordic Walker nutzen den warmen Frühlingstag für ihr Training. Wir gehen es gemütlicher an und machen an einigen Infotafeln halt, die die Tier- und Pflanzenwelt der Region näher erklären.
Auf der anderen Uferseite angekommen, schwärmen die Kinder sofort zum Kinderspielplatz aus und versuchen sich am Fitnessparcours. Im Klammstüberl in herrlicher Sonnenlage kann man gemütlich Kaffee schlürfen, Eis schlecken oder sich eine frisch geräucherte Forelle schmecken lassen. Wer seine Lebensgeister wecken will, begibt sich am besten in den seichten Zufluss zum Klammsee. Die natürliche Kneippanlage erfrischt mit klarem Gebirgswasser und belebt müde Beine. Nach der abgeschlossenen Seerunde geht es über den breiten Fußweg oder wahlweise über einen Pfad wieder zurück zum Parkplatz.
Klammlichter
Richtig mystisch wird es bei einem nächtlichen Besuch in der Klamm. Von Anfang Juni bis Anfang September erstrahlen bei den Klammlichtern Wasser und Felswände in einem magischen Farbenspiel. Diese bunten Lichtelemente und das tosende Wasser lassen die Sigmund-Thun-Klamm noch ein wenig magischer erscheinen. Voranmeldung unter www.klamm-kaprun.at.
Tipp
Wer in Besitz der SalzburgerLand Card ist, kann die Sigmund Thun Klamm kostenlos besichtigen.