„Es sind diese Momente, wenn plötzlich alle synchron musizieren. Man spielt, denkt, fühlt das Gleiche: Das Publikum ebenso wie wir Musiker. Das ist es, was der Jazz für mich ausmacht.“ Johannes Steiner, geboren in Kuchl im SalzburgerLand, ist der lebende Beweis dafür, dass österreichische Volksmusik und amerikanischer Jazz sich keineswegs beißen. Mit der Harmonika in der einen und der Trompete in der anderen Hand tritt der Musiker auf Bühnen der ganzen Welt auf, beehrt Jazzfestivals und gewann 2005 ein Musikerstipendium vom Land Salzburg. Aber von vorne.
Er kommt aus der Volksmusik
Alles begann für den 7-jährigen Johannes Steiner mit der Vorliebe seines Vaters für die österreichische Volksmusik. Quasi in die Wiege gelegt, war Steiner von klein auf fasziniert von den Heimatgefühlen, die Musik in ihm weckte. Der sehnlichste Wunsch des Buben: selbst mitzuspielen. „Damals gab es aber noch keine Instrumente für so kleine Hände“, erinnert er sich.
Zwei Jahre später war es dann endlich so weit und die Finger groß genug. Mit Feuereifer begann er, auf den Knöpfen eines für den Laien eher exotisch klingenden Instrumentes zu üben: Der diatonischen Harmonika. Für die österreichische Volksmusik unerlässliches Standardrepertoire. Von der ersten Probe an gab es für den Jungen keinen Halt, ein Instrument sollte bald nicht mehr reichen. Steiner entschied sich für ein weiteres, die Trompete. Ihre deftigen Töne gepaart mit den volkstümlichen Klängen der diatonischen Harmonika: Die Kunst Johannes Steiners, kontrastreiche Klängen zu einer entspannten und doch mitreißenden Mixtur zu verbinden, nahm ihren Lauf.
Musizieren will gelernt sein
Mit 17 setzte Steiner alles auf eine Karte. Er schmiss das Gymnasium und wechselte auf das Landeskonservatorium in Klagenfurt, wo er sich ganz dem Studium der Diatonischen Harmonika und der Trompete widmete. Nur zwei Jahre später unterrichtete er bereits selbst an der Landesmusikhochschule Oberösterreich.
Bis dato noch konzentriert auf klassische Musikrichtungen, auf Orchester und Schulmusik, war es der Trompetenlehrer des Jugendlichen, der ihn auf die zukunftsweisende Fährte brachte. Von einem Jazzkonzert zum nächsten nahm er seinen Schüler mit und schürte so nach und nach seine Aufmerkamkeit für die impulsiven Spielarten des noch fremden Musikgefildes. Dann die schicksalhafte Begegnung mit einer jungen Tuba-Spielerin auf dem Festival „Spiel der Nationen“. Auf dem Fest für Blaskapellen aus der ganzen Welt stellte sie dem jungen Steiner die einfache Frage: „Du magst Jazz. Warum spielst du ihn nicht?“
Ein Jazz-Musiker war geboren
Wie Schuppen sei es ihm von den Augen gefallen, erzählt der 37-Jährige heute. Zunächst nur Unterricht bei einem Jazz-Lehrer, nahm er mit 23 ein ganzes Studium der Jazz-Musik an der Anton-Bruckner-Privatuniversitöt in Linz auf. Was ist es, was den den Musiker bis heute so am Jazz begeistert? „Es ist die schier endlose Möglichkeit, sich und seine Gefühle auszudrücken. Da wo Worte versagen, übernimmt die Musik. Erzählt Geschichten.“
Ein kleines aber feines Lokal in der Salzburger Bahnhofsgegend sollte der Ort werden, an dem er nicht nur auf jede Menge Gleichgesinnter sondern auch auf seine künftigen musikalischen Wegbegleiter treffen sollte. Im Jazzit kamen (und kommen bis heute) jeden Dienstag kamen (und kommen bis heute) Gitarristen, Trompetenspieler, Sänger und Musiker aller Art zusammen, um sich auf die Bühne zu begeben und mit frischem Enthusiasmus vollkommen improvisierte Konzerte aufzuführen. Oftmals ohne sich vorher auch nur begegnet zu sein. „Das war eine neue Welt für mich, am Anfang konnte ich das gar nicht glauben, dass es sowas gibt.“
Das Trio
Es waren die Sängerin und Saxofonistin Amy Denio sowie der Schlagzeuger Robert Kainer, mit dem Steiner das Trio mit dem Namen „Die Resonanz“ gründete. Mit Konzerten auf Jazz-Festivals, in Saalfelden wie auch in Berlin, Slowenien und Warschau, hatte Johannes Steiner bereits vorgelegt un hatte 2005 ein Jahresstipendium der Musik vom Land Salzburg in Höhe von 5.000 Euro erhalten. „Das war der Startschuss für uns. Damit finanzierten wir uns die erste Platte.“ Der, wie er stolz hinzufügt, „sogar mal der CD-Tipp der Woche auf Arte war.“ Seit 2006 und bis heute hat es das Trio auf drei weitere Platten sowie viele viele Auftritte im deutschsprachigen Raum gebracht.
„Es kann ein wunderbares, es kann aber auch ein echtes Scheißgefühl sein, auf der Bühne zu stehen“, reflektiert der 37-Jährige. Da seien einerseits die Schlüsselmomente, „wenn man völlig eins mit dem Ensemble und dem Publikum ist“. Doch eins liegt dem Musiker ebenfalls sehr am Herzen: „Ich möchte nicht, dass mich die Leute als reinen Musiker sehen. Ich bin hauptberuflich Mensch.“ Offenheit, Mitgefühl, das seien Eigenschaften, die für ihn mehr zählten als jedes musikalische Talent und jeder Auftritt.
Von Lampenfieber und Weltenmusik
Mit Lampenfieber hatte Steiner wohl auch zu kämpfen, als er 2012 vor der größten Menschenmenge jemals in seiner Karriere auftrat. Auf der Jugend-Olympiade in Innsbruck spielte er gemeinsam mit einem Ensemble ein eigens komponiertes Lied vor 15.000 Menschen. „Das war eine unglaubliche Stimmung in dem Stadion.“ Ein weiterer Meilenstein des selben Jahres auch das inernationale Akordeonfestival „Accordenale“, bei dem er als erster Österreicher mit den anderen Teilnehmern einen Monat durch Deutschland tourte.
Die Indie-Band „Transceivers“ mit dem Debütalbum „new home near sea“ ist das brandneue Projekt Steiners gemeinsam mit vier Musikerinnen und einem Musiker. Instrumentell ein wahres Orchester aufgeboten: Von der Violine und Klarinette über Schlagzeug bis Gesang, Harmonika und Cello ist alles klang- und stimmungsvolle mit an Bord. Der erste Auftritt, wie sollte es anders sein, im Jazzit. Weitere Konzerte sind 2014 im Raum Deutschland und Österreich geplant. Bei denen kann man dann selbst herausfinden, wie „Indie World Music“ auf der Bühne klingt.
Fotocredits: Steiner