Der Winter steht in den Startlöchern. Alpinski, Tourenski und Langlaufski waren schon beim Service und sind bereit – genauso wie ich. Aber irgendwie lässt mich der Gedanke nicht los, dass es heuer an der Zeit ist, etwas Neues auszuprobieren. Bei meiner Recherche stoße ich auf das Telemark-Skifahren und werde sofort neugierig.
Ursprünglich kommt der Sport aus Norwegen und wurde bereits 1888 wettkampfmäßig betrieben. Kein Wunder also, dass in Skandinavien, wie übrigens auch in Amerika, fast die Hälfte der Wintersportler auch heute noch mit Telemarkschwüngen die Berge hinuntergleiten. Doch was unterscheidet diese Art des Skifahrens eigentlich vom klassischen Alpinen Stil? Um es auf den Punkt zu bringen: es ist die Bindung! Ist man beim herkömmlichen Skilauf mit der gesamten Schuhfläche am Ski fixiert, so ist die Ferse beim Telemarken frei und nur die Spitzen der Skischuhe sind mit dem Ski verbunden. Der Fahrer kniet deshalb bei jedem Schwung auf dem Bergski, indem er die Ferse des innen liegendenFußes hochhebt und den Talski nach vorne schiebt. Bei jeder Kurvenfahrt schiebt sich wechselseitig der Fuß mit dem neuen Talski nach vorne, während die Ski die ganze Zeit parallel geführt werden. Nicht selten wird dieser Schwung als die perfekte Mischung aus Ästhetik und Athletik beschrieben. Klingt kompliziert und völlig instabil? Ist es zu Beginn auch, doch mit etwas Übung erlebt man so die pure Freiheit und hebt sich gleichzeitig von der wintersportelnden Masse ab.
Da aller Anfang bekanntlich schwer ist, wende ich mich an die Skischule Top Alpin Walchhofer in Altenmarkt-Zauchensee und lasse mich bei einem Gespräch mit dem Chef der Skischule ganz schnell von den Vorzügen des Telemarken überzeugen.
Was ist die Faszination am Telemarken? Was ist das Besondere für dich?
Bisher wurde jede:r von diesem Virus infiziert – von der Faszination Telemarken. Es ist einfach ein pures Freiheitsgefühl, denn durch die „freie Ferse“ fühlt man sich viel freier als mit Alpinski. Klar, es ist eine Herausforderung, aber wenn man den Dreh mal heraußen hat, ist es sehr ästhetisch, lässig und elegant.
Wie genau funktioniert Telemarken? Wenn du sagst, dass es sehr ästhetisch ist.
Die Abfahrtstechnik ist sehr charakteristisch für das Telemarken. Bei jeder Kurve macht man einen Ausfallschritt, der Bergski geht nach hinten und den Talski schiebt man leicht nach vorne. Dabei bleibt die Ferse des Talfuß` am Boden. Die Knie bleiben beweglich. Der Bergski (das andere Bein) bleibt hinten und das Knie drückt man Richtung Ski oder Schnee. Wichtig dabei ist, dass sich die Ferse von der Bindung hebt.
Also kann das Telemarken jede:r lernen?
Auf jeden Fall. Einfacher ist es natürlich, wenn man schon Ski fahren kann. Aber auch Anfänger:innen sind herzlich willkommen. Zu Beginn ist Telemarken sicher kräfteraubender als Skifahren, da man die Muskeln einfach anders belastet. Aber je sicherer die Telemarker technisch werden, desto besser funktioniert es. Zuerst sind viele sehr verkrampft, da sie es nicht gewohnt sind, dass die Bindung so viel Spielraum zulässt. Aber nach einer Weile löst sich das Ganze und alle lieben dann dieses zuerst etwas verstörende Gefühl der absoluten Freiheit. Ein bisschen körperliche Vorbereitung ist immer gut – auch beim Skifahren. Kniebeugen und vor allem Ausfallschritte kann ich dafür wärmstens empfehlen. Dann ist Telemarken ansich ein sehr gutes Training für deinen Körper. Du musst stets die Balance halten, somit wirst du auch für das alpine Skifahren stabiler. Nicht nur die Beine werden trainiert, sondern dein ganzer Oberkörper. Nach den ersten Versuchen wirst du sicherlich ein wenig Muskelkater haben.
Dann können wir uns einen Telemark-Kurs ähnlich vorstellen wie einen „normalen“ Skikurs?
Ja und nein. Ich bin auch ein „normaler“ Skilehrer und kenn die Tücken vom Skifahren. Die bringen wir den Kursteilnehmern natürlich bei. Wenn jemand vorher noch nicht Ski fahren kann, zeigen wir ihnen wie sie mit fester Ferse die Piste runterfahren. Normalerweise sind es aber Privatstunden und keine Gruppenkurse, da die Nachfrage geringer ist.
Fährst du auf der Piste oder im Gelände?
Lacht. Beides. Ich fahr sowohl auf der Piste als auch beim Skitouren gehen. Da gibt es mittlerweile super Material, dass man so umstellen kann, dass es rauf und runter richtig Spaß macht.
Apropos Material, was brauche ich zum Telemarken?
Früher gab es eigene Telemarkski. Die waren extra schmal, so ähnlich wie Langlaufski. Die gibt es nicht mehr. Heutzutage nimmt man Freeride-Ski. Wichtig ist aber die eigene Bindung und der eigene Telemark-Schuh. Beim Schuh ist im vorderen Fuß eine Falte, somit bleibt der Zehenbereich beweglich. Stöcke verwendet man normale, entweder Skistöcke oder Tourenstöcke – je nachdem, ob man auf der Piste oder im Gelände fährt. Und natürlich Skikleidung oder Tourenbekleidung.
Kann ich das im herkömmlichen Skiverleih ausborgen?
Nein, leider nicht. Da Telemarken bei uns nicht so bekannt ist, haben nur ein paar Skiverleih diese Ausrüstung parat. Sicher ausborgen kann man sich Telemark-Ski im Salewa Mountainshop Saalfelden. Auch Intersport Schneider in Altenmarkt, Zauchensee und Flachauwinkel, Sport am Jet in Flachau sowie Intersport Kerschbaumer in St. Johann und im Alpendorf bieten Leihausrüstung..
Sieht man auf der Piste viele Telemarker?
Nein. Wir sind eine Minderheit. Dieser Sport ist in Skandinavien sehr beliebt, bei uns leider nur eine Randsportart. Früher waren mal mehr Telemarker auf den Pisten unterwegs…
Auch Weltcup-Skifahrer:innen setzen übrigens bewusst ein Telemark-Training ein. So soll der Spaß am Skifahren gefördert und die körperliche Mitte (optimale Mittellage) besonders gestärkt werden. Denn wir wissen alle, dass das auch beim Skifahren extrem wichtig ist. Uns freut es, wenn wir dieses Freiheitsgefühl an andere vermitteln dürfen und wenn wir wieder mehr Telemarker auf der Piste sehen.
Vielen Dank. Mich wirst du diesen Winter sicherlich mal auf der Piste beim Telemarkten treffen.