In der heutigen Zeit sind viele geschichtsträchtigen Handwerksberufe vom Aussterben bedroht. Der des Uhrmachermeisters stellt da keine Ausnahme dar. Zum Glück gibt es Menschen wie Albert Gilli. Der restauriert Uhrwerke aus längst vergangenen Zeiten und zeigt, mit wie viel Liebe man an so eine Uhr herangehen kann.
Seine Werkstatt liegt leicht versteckt und doch thront sie an einem schönen Platz: Unmittelbar an dem Eck, wo man hinauf zum Mönchsberg und zum Müllner Bräu spazieren könnte, liegt Albert Gillis kleines Uhrenreich. Auf geschätzt 30 Quadratmeter ist hier ein nahezu unerschöpfliches Maß an Uhren untergebracht. Viele davon antik und jedes ein Einzelstück.
In seinem Handwerk kann dem Salzburger niemand mehr etwas erzählen – er führt seinen Beruf seit über 40 Jahren aus, hat sämtliche Fachzeitschriften abonniert und hält sich auf dem Laufenden. Wer sich mit ihm unterhält, versteht schnell: Das hier ist kein schrulliger alter Uhrmacher, das ist ein leidenschaftlicher Bastler und ein kluger Kopf.
„Uhren sind ein Stück unserer Menschheit. Sie sind mehr als ein Statussymbol, sie begleiten einen auf dem Weg, sie geben den Takt der Zeit an“, beschreibt Albert Gilli. Was heute in maschineller Massenproduktion hergestellt wird, war früher eine lange und detailreiche Arbeit von Hand. Der Uhrmachermeister hat Uhren, die über 300 Jahre alt sind – diese antiken Konstruktionen lassen sich auch heute nicht über Maschinen anfertigen.
Albert Gilli absolvierte seine Ausbildung in der österreichweit einzigen Uhrenfachschule im niederösterreichischen Karlstein an der Thaya. Eine Institution, die es seit 1874 gibt und die sich mittlerweile zu einer Höheren Technischen Bundeslehranstalt weiterentwickelt hat, auf der man neben dem Uhrmacherhandwerk auch jenes der Mechatronik erlernen kann.
Gemeinsam mit seiner Frau hat Gilli schon vielen tausend Uhren wieder neues Leben eingehaucht. Seine Frau bearbeitet als gelernte Bildhauerin wertvolle Gehäuse, Gilli kümmert sich um das Uhrenwerk. Nachdem sie lange Zeit einen Uhren-Großhandel betrieben hatten, konzentrierte sich der Uhrmachermeister wieder auf jenes Gebiet, das er schon als Schüler geliebt hatte: Der Restaurierung von antiken Uhren.
Während ich in seiner Werkstatt stehe und mich mit Albert Gilli über Uhren und den Kapitalismus unterhalte, klingelt es in regelmäßigen Abständen. „Wir haben da ein Sorgenkind“, sagt eine ältere Dame bekümmert und zeigt auf ihre vorsichtig in ein Handtuch gepackte Wanduhr. Der Uhrmachermeister hat nicht nur ein besonderes Reinigungsgerät und alles von der Drehbank bis zur Pinzette was es an Werkzeug braucht – er hat sogar eine Ultraschallmaschine.
Erst wenn man Gilli bei der Arbeit zuschaut, versteht man, wie sehr er Uhren lieben muss. Sorgsam und vorsichtig geht er in Milimeterschritten vor. „Ich muss da schon öfter mal erfinderisch sein. Bei einer alten Barockuhr kann ich ja niemanden anrufen, weil ich ein Teilchen gerne nachbestellen würde.“ Auch bei Experten nachzufragen, hilft ihm nichts – er ist ja der Experte.
Auf seinen Sohn ist der Uhrmachermeister besonders stolz. „Er hat die Kreativität meiner Frau und mein Verständnis für Technik geerbt“, berichtet Gilli. Nach dem Besuch der selben Uhrfachschule wie schon sein Vater wandte er sich allerdings dem Bargeschäft zu und eröffnete die „Gillis One Room Bar“ in der Imbergstraße. „Aber auf lange Zeit wird er mein Geschäft weiterführen. Da bin ich mir sicher.“
Gilli prahlt nicht von einem großen Comeback, das alte Uhren erleben. Aber er freut sich, dass immer mehr junge Menschen den Wert einer guten und vor allem historischen Uhr erkennen. „Das ist eine echte Anlage, die mit den Jahren immer wertvoller wird.“ Und wer sie da vor sich ticken sieht, in zartem Gehäuse mit von Hand angebrachten Zeigern, der kann sich dem Gedanken kaum entziehen: Die Zeit rennt zwar immer. Aber mit so einem Uhrwerk doch um Welten schöner.
Uhrmachermeister Albert Gilli
Müllner Hauptstraße 17
5020 Salzburg