Liebe zum Vieh, gemischt mit einer großen Portion Hingabe und Fröhlichkeit sowie beste Almkräuter als Nahrung der Kühe ergibt beim „Kasen“ (Pinzgauerisch für: Käseerzeugung) den wunderbaren Jaidbachalmkäse.
„Schöner als hier kann es im Himmel auch nicht sein,“ schwärmt Marianne Steger mit glänzenden Augen von ihrer Jaidbachalm, wo sie seit 2006 über den Sommer den unverwechselbaren Almkäse herstellt. Gemeinsam mit ihrem Mann Anton, Sohn Rudolf und Schwiegertochter Gerda hat die 56-Jährige Uttendorferin vor 20 Jahren die idyllisch gelegene Alm, tief drinnen im wildromantischen Krimmler Achental, mitten im Nationalparkgebiet Hohe Tauern, gekauft.
„Wir hatten damals landauf und landab nach einer Alm gesucht, die wir neben unserer Landwirtschaft in Uttendorf bewirtschaften wollten. Im Krimmler Achental sind wir dann endlich mit dem perfekten Platzerl für unsere Kühe fündig geworden. Die ersten Jahre war ein Kuhhirte im Sommer oben beim Vieh. Irgendwann sahen wir aber, dass es nicht der richtige Weg sein kann, die wertvolle Almmilch aus dem Gebirge die vielen Kilometer bis zur Molkerei zu bringen. So entschlossen wir uns dazu, selbst – als Familienbetrieb – auf der Alm Käse herzustellen,“ erzählt Gerda Steger von den Anfängen der Jaidbachalm.
Aller Anfang ist schwer
Prompt wurde ein Käserei-Kurs inklusive Hygieneschulung absolviert und eine Studentin mit Erfahrung im Kasen angestellt, die den Sommer auf der Alm verbringen sollte, denn Gerda´s Kinder waren damals noch klein und Marianne war im Bauunternehmen der Familie beschäftigt. Doch dann kam alles anders, denn die Studentin verließ die Alm Mitte des Sommers und Marianne beschloss: „Dann bleib ich erst mal oben auf der Alm.“
Und sie blieb. Bis heute, denn seit damals ist Marianne Steger von Anfang Juni bis Ende September mit Praktikantin Christine die Sennerin der Jaidbachalm und bewirtet dort auch viele hungrige Wanderer mit Speisen aus der eigenen Erzeugung: „Es gibt selbstgebackenes Brot, Butter, Käse und selbstgemachte Säfte. Einfach das, was wir selbst produzieren. Zugekauft wird nur Bier und Radler für die durstigen Mountainbiker.“
Tauschen möchte sie nicht mehr, das spürt man, wenn sie erzählt: „Anfangs war es schon schwer. Im Hinterkopf hatte ich immer die unerledigte Büroarbeit in der Firma im Tal und die Arbeit des Kasens war noch ungewohnt. Das Alleinsein habe ich aber immer geliebt, besonders, wenn ich im Abendlicht vor der Hütte am Bankerl saß, an meinem Logenplatz, und die ganze Arbeit erledigt war. Wenn wir heute im Frühjahr zum ersten mal wieder rauf auf die Alm kommen, ist das immer noch wie heimkommen. Dort oben ticken die Uhren einfach anders.“ Und ihre Schwiegertochter Gerda fügt mit einem Lachen hinzu: „Meist ticken die Uhren gar nicht, denn auf der Alm wird die Arbeit nicht von der Uhrzeit diktiert. Die Arbeit selbst bestimmt den Tagesablauf. Es gibt keinen Handyempfang, kein Fernsehen und auch keinen Radio – da muss man sich nach dem Almsommer schon umstellen, wenn plötzlich wieder eine Flut an Nachrichten und Eindrücken die Hektik zurückkehren lässt.“
Sommerferien bei Oma auf der Alm
Gerda ist Bäuerin, Mutter und Hausfrau mit Leib und Seele und jeden Freitag verkauft sie den cremig-würzigen Jaidbachalm-Käse beim Mittersiller Wochenmarkt. Der 16-jährige Sohn Anton absolviert im Sommer schon sein Schulpraktikum, doch die beiden jüngeren, Simon (12 Jahre) und Magdalena (14 Jahre), verbringen ihre Sommerferien immer noch bei der Oma auf der Alm. „Die Kinder blühen dort oben richtig auf und lernen enorm viel fürs Leben. Dass es kein Internet, Handy oder Fernsehen gibt, vermissen sie gar nicht – sie helfen mit beim Kühetreiben, Stallausmisten, Brotbacken und Melken. Und abends setzt man sich gemeinsam an den Tisch und unterhält sich oder spielt Karten,“ erzählt Gerda vom Alltag der Kinder auf der Alm.
Wir sitzen in der gemütlichen Stube im Bauernhof der Stegers und ich lausche fasziniert den Almgeschichten, während ich mir ein Stück „Gletschkäse“, wie der cremige Bergkäse von der Jaidbachalm heißt, auf der Zunge zergehen lasse. Was das Geheimnis ihres guten Käses ist, möchte ich wissen. Gerda und Marianne lachen und verraten mir: „Wir singen und lachen viel bei der Arbeit auf der Alm – beim Melken und Kasen – vielleicht liegt es daran. Oder daran, dass wir einen guten Mentor haben, den ,Kaser-Franz‘ aus dem Zillertal, der uns das A und O des Käsens beigebracht hat. Oder einfach am guten Berggras und an unserer Liebe zu den Kühen und der Alm.“
Woran es nun genau liegt, konnte ich nicht herausfinden, doch Marianne´s Abschiedsworte „Ich wüsste nicht, was es für mich Schöneres gäbe, als das Kasen!“ klingen noch lange in meinen Ohren, als ich die Stergers mit dem Versprechen verlasse, sie bald auf der Alm zu besuchen.
Fotos: Privat und Claus Muhr/Satel Film