Er ist im wörtlichsten Sinne ein „Experte für Gottes Schöpfung“: Der Priester und Wissenschafter, Ambros Aichhorn, betreibt hoch über Goldegg einen Archehof und züchtet dort bedrohte Haustierarten.
„Goaßen-Pfarrer“ nennen sie Ambros, den Vollbärtigen, im Pongau. Oder „Hummelpfarrer“. Das ist aber viel zu kurz gegriffen. Denn Ambros Aichhorn ist vieles in einem: Einst studierte er etwa Theologie und Biologie, war Lehrer und schrieb viele wissenschaftliche Artikeln und Bücher. Er war Umweltreferent der Erzdiözese Salzburg und im Ökobeirat der Salzburger Landesregierung.
Im Jahr 2000 hat Ambros Aichhorn auf einem Bergbauernhof in Vorderploin den „Archehof“ gebaut.
Bei meinem ersten Besuch bei Ambros Aichhorn bewunderte ich zuallerst das Niedrig-Energiehaus aus Vollholz, auf dessen Dach nicht nur Gras, sondern auch Enzian, Hauswurz oder Salat wachsen.
Hier hoch über Goldegg züchtet er vom Aussterben bedrohte Haustier-Rassen: Pinzgauer Ziege, Steinschaf und Altsteirisches Huhn, beispielsweise.
Viel Zeit verbringt er dort vor allem mit „seinen“ Hummeln. Von diesen, das merkt man sofort, ist Ambros regelrecht beseelt; über sie hat er schon viel geschrieben. Vorsichtig öffnet Ambros eine kleine Kiste und erzählt Wichtiges zu Hummeln: „Ich kümmere mich jetzt schon über 30 Jahre wissenschaftlich um die Hummeln. Es gibt viele unterschiedliche Arten und sie leisten sehr viel für die Bestäubung der Pflanzen. Einige Arten davon sind hoch spezialisiert, wie etwa auf Eisenhut. Ich züchte sie am Untersberg und auf Felsbänden in eigenen Kisten. Sie erwachen erst Mitte Juli aus dem Winterschlaf , weil da erst der Eisenhut blüht. Lange dauert ihr Zyklus nicht, denn beim ersten frühen Schneefall sind sie schon weg. Andere Hummeln gibt es, die sind wiederum auf Glockenblumen oder Disteln spezialisiert.
Es gäbe keine Schlüsselblumen, keine Enziane, keinen Eisenhut, keine Glockenblumen oder meinetwegen Disteln – ohne diese Hummeln“, sagt er.
Salzburger Alpenziege und Alpines Steinschaf
Doch Ambros Aichhorn züchtet und rettet – in seinem schöpfungsgerechtem Handeln – auch seltene Nutztierrassen vor dem Aussterben. Die Salzburger Alpenziege, auch Pinzgauer genannt, war 1977 fast verschwunden. Ambros Aichhorn hat die letzten Restexemplare zusammengesucht und mit der Reinzucht begonnen. Die Rasse ist nicht nur wegen ihres dichten Felles die widerstandsfähigste im Hochgebirge.
Das Alpine Steinschaf ist im Vergleich zum Tiroler Steinschaf relativ klein. Es ist die älteste Schafrasse des Ostalpenraumes. Es ist sehr widerstandsfähig und genügsam, im Gebirge ein sicherer Kletterer und verteidigt die auf der Alm geborenen Lämmer erfolgreich gegen Fuchs und Adler. Die sechzehn Steinschafe in Vorderploin sind zumeist grau, haben einen schwarzen Kopf mit kleinen abstehenden Ohren und zarte, schwarze Beine. Ihr Fleisch ist ausgesprochen schmackhaft, sogar mit einem wildbretartigen Einschlag.
Neben Hummeln, Schafen und Ziegen kümmert sich Ambros Aichhorn um Singvögel, Siebenschläfer, Turmfalken und Schlangen. Darüber und über den Schneefinken hat er viele anerkannte Forschungsarbeiten geschrieben. Er hat dabei seine Rufe und seinen Gesang analysiert und sein Verhalten allgemein, auch in der Kommunikation zwischen Männchen und Weibchen.
Stolz ist Ambros auch darauf, dass es ihm gelang, ein junges Schaf von einer Ziege aufziehen zu lassen: eines seiner älteren Gotlandschafe bekam Nachwuchs und weil das alte Schaf keine Milch mehr gehabt hätte, „deshalb habe ich es der Pinzgauer Goaß gegeben. Normalerweise können die sich nicht riechen, aber in dem Fall – und das ist ganz außergewöhnlich“, erzählt er stolz lachend, „hat jetzt das Junge zwei Mütter.“ Das sei überhaupt eine ganz besondere, uralte Schafrasse, die ursprünglich aus Norwegen stamme und Hörner habe.
Voll Freude zeigt mir Ambros auch seine sechs naturfarbenen Altsteirischen Hühner mit ihrem schönen Federnkleid. „Sie müssen schnell fliegen können, denn sie haben den Habicht, Fuchs und Mader zum Feind. Ihr Nest liegt in drei Metern Höhe und sie sind eine wunderbare Rasse, weil sie sich gut im Freien ernähren können.“
Ambros Aichhorns Forscherdrang, so hat man das Gefühl, ist nicht enden wollend. Vieles von seinem Wissen gibt er gerne an Besucher und Schulklassen weiter. „Ich freue mich, wenn Kinder etwas über Biologie lernen, aber vor allem freue ich mich, wenn Menschen bei einem Besuch den Respekt und die Liebe zur Natur mitnehmen.“
Alle Fotos: Maria Riedler