Mit einem Lächeln und einem kurzen Pläuschchen begrüßt Eva an einem Sommertag bis zu 300 Badegäste in ihrer Badeanstalt am Böndlsee. Die machen es sich auf ihrem Badehandtuch bequem, schlecken Eis vom Buffet und erfrischen sich im Natursee. Regen Besuch bekommt Eva seit kurzem aber auch außerhalb der Badesaison und bei Schlechtwetter: Vorbeispazierende holen sich aus ihrer Selbstbedienungsbox regionale und selbstgemachte Köstlichkeiten.
Schon als Kind mit dem Böndlsee verbandelt
Bereits in der Volksschule wusste Eva, wo ihre Zukunft lag: In Goldegg-Weng, am idyllischen Böndlsee. Das ist dort, wo man glaubt, Goldegg ist schon lange aus. Doch plötzlich öffnet sich der Taleinschnitt ein bisschen und der kleine Natursee blitzt hervor.
Ihren Eltern gehörte die Badeanstalt Böndlsee. Ein Paradies für jedes Kind. Jauchzend ins Wasser springen und dort vergnügte Runden schwimmen. Nicht so Eva. Sie begeisterte sich vielmehr für das Praktische: für´s Zäunemachen, Mähen und Holzen. „Ich habe es immer geliebt, meinem Vater zu helfen.“ Nach der Matura zog es Eva dann doch erst in die Ferne, denn sie wusste: der Böndlsee wartet schließlich auf sie. In Portugal und Südtirol schnupperte sie in fremde Tourismusbetriebe und hatte viel Spaß dabei. „Ich hätte mir das noch für zwei oder drei weitere Jahre vorstellen können.“ Doch dann kam alles anders.
Eva ist 21 Jahre alt, als ihr Vater stirbt. Früher als erwartet wird sie die treibende Kraft in der Badeanstalt. Das handwerkliche Geschick und die Begeisterung dafür ist bis heute ungebrochen: Wer Eva sucht, erwischt sie vielleicht gerade beim Traktorreifen flicken oder dabei, wie sie die Stege am See saniert. „Ich brauche die körperliche Arbeit. Das ist für mich der Ausgleich nach einem geschäftigen Tag in der Badeanstalt.“ Ihre Gäste sehen das freilich anders. Die kommen hauptsächlich zum Böndlsee, um zu entspannen.
Kraftplatz Böndlsee: Zum Plaudern und Entspannen
Kaum öffnet Eva im Mai das erste Mal nach der Wintersaison das Gittertor zur Badeanstalt, sind die Stammgäste da. Viele kennen sich schon untereinander und sind bereits zu einer Böndlsee-Familie zusammengewachsen. Haferlkaffee bei der Eva statt Cappuccino im Caféhaus, lautet ihr Motto. Und das verwundert kaum. Denn selbst nach einem langen Winter weiß Eva stets, wie jeder seinen Kaffee trinkt. „Wenig Milch und ein Stück Zucker, stimmt’s?“ Und schon schlürfen die Stammgäste gemütlich ihren Kaffee, während sie die warmen Sonnenstrahlen auf der Haut genießen.
Aber auch aus der Ferne finden immer wieder Badegäste zum Böndlsee. Sie kommen vor allem, weil die Lage des Sees mit keinem anderen zu vergleichen ist. Sanft eingebettet in die Pongauer Bergwelt wird er für viele zu einem besonderen Ort. „Kraftplatz. Ganz oft fällt das Wort Kraftplatz, wenn ich mit meinen Badegästen ins Gespräch komme“, erzählt Eva. Das Gras kitzelt die Beine, der Blick ruht auf dem stillen Wasser des Böndlsees und Rückendeckung gibt es vom Goldegger Buchberg. Hier dringt die Natur in jede Faser des Körpers – das kann einem nur guttun.
Der Inhalt im Böndlsee: Natur pur
Der Böndlsee ist ein Natursee mitten im Landschaftsschutzgebiet, mit einem sehr großen Artenreichtum von Tieren und Pflanzen. Dort sind sogar noch seltene Krebsarten daheim, die als Hinweis für eine gute Wasserqualität gelten. Im Hochmoor geht es nicht weniger spannend zu: Hier wachsen verschiedene Orchideenarten und der Sonnentau, eine fleischfressende Pflanze. Sie alle stehen unter strengem Naturschutz.
Was sonst noch alles im See herumschwimmt, darüber hält sich Eva bedeckt und grinst nur ein bisschen verschmitzt. „Ich würde sagen Natur pur. Aber bestimmt nichts Gefährliches“, lautet ihre Antwort. Manchmal muss sie nämlich mit ein paar Gerüchten aufräumen: „Eine Frau meinte, sie könne nicht ins Wasser, denn sie habe ihre Zehennägel rot lackiert. Und das würde Hechte anlocken. Ich konnte sie beruhigen und ihren Badetag retten.“ Die einzigen Tierverletzungen kommen von Bienen und Wespen. Und da ist Eva sofort mit Eiswürfel und Zwiebel zur Stelle.
Doch nicht nur zum Sonnen und Planschen kommen die Leute zur Badeanstalt Böndlsee. Eine Selbstbedienungsbox mit regionalen Spezialitäten zieht auch außerhalb der Badesaison Besucher an.
Am Anfang war eine kleine Box
Ein paar Jahre nachdem sie die Badeanstalt übernahm, holte sich Eva ein paar Hühner. Frische Eier für den Eigenbedarf – und für die köstlichen Kuchen in der Badeanstalt. „Bald haben aufmerksame Gäste bemerkt, dass der Biskuit von der Joghurttorte viel gelber ist. Und da wollten sie auch selber Eier haben“, erinnert sich Eva. „Früher sind sie zu mir gekommen, haben an der Tür geläutet und Eier abgeholt.“ Zu Beginn der Coronazeit musste sie allerdings erfinderisch werden und hat eine kleine Selbstbedienungsbox vorne draußen angebracht. Mit Platz für vier Schachteln Eier. Die waren permanent ausverkauft.
Ein Schubs in die richtige Richtung
Trotzdem war Eva unentschlossen, ob sie künftig mehr Eier anbieten sollte. Ihr Mann Rupert war es schließlich, der ihr die Entscheidung abnahm: „Er hat einfach mehr Hühner gekauft, einen Hühnerstall gezimmert und eine größere Selbstbedienungsbox gebaut.“ 40 Hühner waren dann am Seebichlhof daheim. „Und ich habe ihn noch geschimpft, warum er so eine große Box macht. Ich dachte, das geht doch niemals weg“, flüstert Eva mir zu.
Im Advent ergänzte Eva das Angebot in der Box mit selbstgemachten Köstlichkeiten. Zu den Eiern gesellten sich Liköre, Tees, Schokomandeln, Marmeladen, Ingwerhonig und vieles mehr. Das Resultat: Eva kam mit dem Auffüllen kaum mehr nach und die Box, die ihr anfangs viel zu groß erschien, wirkte plötzlich winzig klein.
Regionale Spezialitäten vom Böndlsee und rundherum
Andere freuen sich über Schmuck und Wellness-Gutscheine, Eva ist vollkommen entzückt über einen mobilen Hühnerstall. Der war quasi eine Weihnachtsüberraschung ihres Mannes. Wieder ist er es, der Eva zum Weitermachen animiert. „Ich spinne immer viele Ideen, doch zur Umsetzung fehlt mir oft der Wagemut. Und während ich noch hin und her überlege, schreitet Rupert schon zur Tat. Dafür bin ich ihm immer wieder dankbar.“
Der mobile Hünerstall erlaubt es, dass momentan über 90 Hühner – mit der Nachzucht – ein glückliches Leben am Böndlsee führen. Druffler Haubenhühner, Strupphühner, Mooshühner, Marans, Grünleger, Italiener und weitere Hühnerrassen scharren und picken dort friedlich in der Wiese. Der Lohn für die Bemühungen von Hühnermama Eva: rund 70 bis 80 Eier pro Tag.
Bei weniger Nachfrage lässt sie aus den Eiern Nudeln machen. In der Box reihen sich nun Spaghetti, Spiralen, Bandnudeln und Schokotrompeten aneinander. Moment mal … Schokonudeln? Meine Augen werden groß. „Ja!“, lacht Eva. „Die werden tatsächlich als Süßspeise gegessen. Einfach normal kochen, Zucker-Zimt-Brösel in der Pfanne anrösten und mit Vanilleeis und warmen Beeren servieren“, gibt sie mir gleich als Rezeptvorschlag mit. Heiße Liebe auf Böndlsee-Art – das muss ich gleich probieren.
Und die Hühnereier? Die sind mittlerweile von der Box in einen Automaten umgezogen. Und finden sich dort umringt von würzigen Spezialitäten aus der Region. Grillfleisch, hofeigene Würstl und Jausenwürste, Käse, Speck und Schnaps – wer spontan eine Grillerei starten möchte oder Lust auf eine herzhafte Jause hat, wird hier rund um die Uhr, 7 Tage die Woche, fündig. Alle Produkte in der Heimat Innergebirg-Box richten sich nach dem Jahreskreislauf und danach, was gerade in Evas Garten wächst: Im Frühling steht dort etwa Sirup aus Gänseblümchen, Lavendel, Holler oder Minze zum Abholen bereit, im Herbst ist es frisch gepresster Apfelsaft. Auf Wunsch stellt Eva auch Geschenkskörbe zusammen.
„Ich war sehr überrascht, ich hätte nicht gedacht, dass unser Angebot so schnell Anklang findet“, resümiert Eva heute den Erfolg ihrer Selbstbedienungsboxen. „Und ich merke, dass sich die Menschen wieder sehr für regionale Produkte interessieren. Sie fragen mich, wie die Hühnerhaltung funktioniert, woher das Fleisch genau stammt oder wie der eigene Gänseblümchen-Sirup gelingt. Ich finde es schön, wenn ein kleines Umdenken stattfindet und Regionalität wieder viel mehr wertgeschätzt wird.“
Campen am Seebichlhof mit Blick auf den Böndlsee
Seit kurzem ist Evas Seebichlhof Partnerbetrieb von „Schau aufs Land“. Dabei handelt es sich um eine Online-Plattform, die Camping-Stellplätze bei nachhaltigen Landwirtschaftsbetrieben vermittelt. Eine Nacht dürfen Campingurlauber am reservierten Stellplatz verbringen, ohne dafür zu bezahlen. Der Appell an die Reisenden lautet allerdings: Vor Ort fleißig Hofprodukte kaufen und vorhandene Angebote und Aktivitäten nutzen. Am Böndlsee bei Eva bedeutet das: regionale Schmankerl verkosten und einen herrlichen Badetag am Natursee genießen.
Badeanstalt Böndlsee
Mitterstein 6
5622 Goldegg
Anfahrt:
Ab Goldegg Richtung Böndlsee, dort bei der Abzweigung den Hinweisschildern „zur Badeanstalt“ folgen.