Mittlerweile stehen auch Frauen als Pistenraupenfahrerinnen im SalzburgerLand ihren „Mann“. Wie es ist, sich in einer beruflichen Männerdomäne durchzusetzen und tonnenschwere Maschinen in finsterer Nacht über die heimischen Pisten zu steuern, verrät uns Anna Steiner im Skicircus Saalbach Hinterglemm Leogang Fieberbrunn, bei einem Lokalaugenschein im Schnee.
Ferrarirot und mit 520 PS unter der Haube parkt der mächtige PistenBully vor der Raupengarage am Zwölferkogel in Saalbach Hinterglemm. Gesteuert wird dieses tonnenschwere Gerät von Anna Steiner aus Piesendorf. Sie ist eine von drei jungen Frauen, die im Winter das Pistenpflege-Team des Skicircus Saalbach Hinterglemm Leogang Fieberbrunn verstärken. Und schon fliegt die Tür zur Raupengarage auf und ein paar grüne Augen strahlen mich an: „Ich bin noch in der Werkstatt beschäftigt, komm rein!“
Mit Plan C zum Traumberuf
Mit Schaumbürste und Dampfstrahler ist Anna Steiner dort gerade dabei, ein Pistengerät zu waschen. Große Maschinen sind der Pinzgauerin vertraut, wie sie lachend erklärt: „Ich komme von einem Bauernhof und bin schon mit sechs Jahren Traktor gefahren.“ Sie wirkt selbstbewusst und souverän, doch das war nicht immer so, wie sie verrät: „Ich war früher total schüchtern! Doch mit jeder Ausbildung, die ich gemacht habe, wuchs mein Selbstvertrauen. Mit dem Landwirtschaftlichen und Forstwirtschaftlichen Facharbeiter in der Tasche wollte ich eigentlich in der Forstwirtschaft Fuß fassen. Doch als Frau habe ich nur Absagen bekommen. Auch der ,Plan B‘, Holz-LKWs zu fahren, scheiterte im ersten Anlauf, denn für diesen Job wird einiges an Erfahrung vorausgesetzt. Und so setzte ich als Fahrerin eines Mischwagens den ersten Schritt. Große Maschinen voller Technik faszinieren mich schon immer und so war ich Feuer und Flamme, als mir ein guter Freund letztes Jahr erzählte, im Skicircus wäre ein Raupenfahrer ausgefallen und ich solle mich bewerben.“
Vom Betonmischer in die Pistenraupe
Kurz danach kam es zu einem Bewerbungsgespräch und noch in derselben Nacht saß die 19-Jährige als Pilotin einer Pistenraupe hinterm Steuer: „Dass es so schnell ging hat mich erst ziemlich überrumpelt, doch ich war sofort begeistert. Die ersten drei Tage hatte ich einen Co-Piloten, der mir alles erklärte, danach fuhr ich noch einige Zeit allein auf leichten Pisten und jetzt in Kolonne. ,In Kolonne‘ bedeutet, dass einige Pistengeräte gleichzeitig und nebeneinander versetzt einen breiten Hang präparieren. Heute fahre ich eine Solo-Maschine mit der ich die Pisten, manchmal schon an der Spitze des Konvois, mit perfektem Feinripp überziehe.“
Unser Team hält zusammen
Anna ist es ihrer eigenen Aussage nach gewohnt 120 % zu geben und erklärt: „In einem Männerberuf will ich mich voll beweisen. Ich will nicht bevorzugt werden, nur weil ich eine Frau bin. Doch mein Team hier am Zwölferkogel ist unglaublich toll – ich wurde von den Kollegen mit offenen Armen empfangen und auch Betriebsleiter Markus Schlosser ist immer da, wenn ich Hilfe brauche. Wir sind wie eine große Familie und halten zusammen.“ Das Team der Pistenpflege umfasst am Zwölferkogel zehn Pistenraupenfahrer und zwei Mechaniker. Anna hat sich nach ihrer ersten Wintersaison bereits bestens ins Team integriert und weiß: „Wenn ich in der Nachtschicht ein Problem habe, weil eine Warnleuchte blinkt oder mein Arbeitsgerät ein technisches Gebrechen hat, das ich selbst nicht lösen kann, stehen mir alle zur Seite.“ Zur Seite steht ihr nun auch Mechaniker Hannes Gensbichler, der ihr bei der eben gewaschenen Maschine zeigt, wie sie den Ölstand kontrollieren kann. Flink klettert die zierliche Pistenraupenfahrerin auf die Antriebskette, um mit sicheren Griffen den Ölstab zu checken.
Instagram-Star
Wir verlassen die Garage und Anna zeigt mir „ihr“ Pistengerät. Hinter der Windschutzscheibe klemmt ein pinkes Schild mit „Anna“ und die taffe Pinzgauerin lacht: „Ja, ein pinkes Schild, eine rosa Sonnenbrille. Da bin ich ganz Mädchen. Ich lege auch viel Wert auf mein Äußeres, schminke mich gern und kleide mich fraulich. Das ist mir trotz meines Faibles für einen Männerberuf sehr wichtig.“ Diese frauliche Seite zeigt sie auch gern in ihrem Instagram-Kanal mit knapp 26.000 Followern. Doch im nächsten Moment erzählt sie, dass sie zu Weihnachten von ihrem Freund, der selbst in der Forstwirtschaft tätig ist, eine Motorsäge geschenkt bekommen hat und strahlt. Sie meint: „Eine pinke Motorsäge. Jetzt habe ich insgesamt vier Motorsägen!“ Und so, wie sie das sagt, klingt es bei anderen Frauen, wenn sie über ihre Designer-Handtaschen schwärmen.
Im Einsatz bei der Alpinen Ski WM
Für Anna beginnt langsam ihre Schicht, denn um 17 Uhr fahren die Pistenwalzen aus, um die vielbefahrenen Pisten wieder in einen ebenmäßigen Schneeteppich zu verwandeln. „Jede Nacht ist anders, denn Schnee, Wetter und Temperatur verändern sich und somit muss man sich jedes Mal neu auf die Gegebenheiten einstellen. Der Kopf muss immer ganz bei der Sache sein, aber ich finde jede Schicht spannend. Und wie beim LKW-Fahren mag ich es, in meiner Kanzel alleine zu sein. Ich kann selbständig arbeiten und werde nach dem Resultat beurteilt. Und mein Ehrgeiz ist hoch, um dieses Resultat möglichst perfekt aussehen zu lassen“, erklärt sie. Bei der Alpinen Ski WM 2025 ist sie mit ihren Kollegen im Einsatz: „Eine schöne Aufgabe, auf die ich mich schon sehr freue. Das Fahren des Pistengerätes ist mittlerweile mein Traumberuf für den Winter, im Sommer kehre ich zurück zu meinem LKW.“