Wenn im Herbst die Tage kürzer werden und die wärmende Kraft der Sonne nachlässt, dann verabschieden sich viele Pflanzen von ihrem satten Grün. Sie ziehen sich in die Erde zurück und bündeln jetzt ihre ganze Energie in der Wurzel.
Genau darum werden im Herbst die Wurzeln von Heilpflanzen geerntet. Die Konzentration der Wirkstoffe ist um diese Jahreszeit in der Wurzel am höchsten. Auch im Frühling wäre noch Gelegenheit Wurzeln zu graben – jedoch rechtzeitig, bevor die Pflanze wieder ihre Pflanzensäfte in die Blätter und Blüten verlagert.
Enzian – Symbolpflanze der Alpen
Die wohl bekannteste Wurzel und Symbolpflanze für den Alpenraum ist der Enzian. Seit dem Mittelalter werden die Wurzeln von Enzianen zur Herstellung von Schnaps und traditionellen Heilmitteln zur Stärkung von Magen und Darm, als Verdauungshilfe und für die Appetitanregung verwendet. Weit verbreitet ist der Glaube, dass der blaue Enzian zur Schnapsbrennerei verwendet wird. Dafür wird jedoch vorwiegend der gelbe Enzian, der Ostalpen-Enzian (Pannonischer Enzian), der getüpfelte Enzian und der Purpur-Enzian verarbeitet.
Diese Enzian-Arten sind allerdings alle streng geschützt und dürfen von Privatpersonen nur in geringer Menge (die den Bedarf für die Hausapotheke abdeckt) gesammelt werden. Brennereien müssen sich das Einverständnis für das „Wurzelstechen“ von einem Grundbesitzer und dann von der Naturschutzbehörde einholen. Erhältlich ist die Enzianwurzel natürlich auch in der Apotheke oder im Kräuterhandel.
Meisterwurz, Blutwurz… – die Auswahl ist groß
Wer gerne selbst Wurzeln sammelt, oder besser gesagt „graben“ oder „stechen“ möchte, hat zum Enzian viele Alternativen. Unzählige weitere Pflanzen stehen uns im Wald und in den Wiesen zur Auswahl. Da wäre beispielsweise: die Meisterwurz, die Engelwurz, die Blutwurz oder ganz einfach und fast überall zu finden – der Löwenzahn mit seiner kräftigen Pfahlwurzel.
Bitterstoffe vertreiben Müdigkeit und Heißhunger auf Süßes
Diese Wurzeln enthalten sehr viele Bitterstoffe die unseren Stoffwechsel unterstützen und den Appetit anregen. Bitterstoffe aktivieren die Leber und regen den Gallenfluss an. Sie hemmen den Heißhunger auf Süßes und vertreiben die Müdigkeit. Denn die Müdigkeit ist der Schmerz der Leber!
Mit den Wurzeln empfiehlt es sich eine stärkende Tinktur oder einen Verdauungs-Likör anzusetzen. Als alkoholfreie Alternative kommen die in Scheiben geschnittenen Wurzeln für 14 Tage in den Sauerhonig-Ansatz – auch bekannt als Oxymel.
Selbstgemachter Wurzel-Digestif – so gehts!
Während der Löwenzahn und die Blutwurz in fast allen Lagen zu finden sind, muss man sich für die Meisterwurz schon auf eine Höhe ab rund 1.200 Metern begeben. Wer zum Wurzelgraben aufbricht sollte ein Taschenmesser, eine Papier- oder eine Leinentasche und eine kleine Gemüsebürste mitnehmen. Es empfiehlt sich, die Wurzeln gleich nach dem Ausgraben gänzlich von der Erde zu befreien. Die sauberen Wurzeln können zu Hause sofort frisch verarbeitet, oder in zentimeterdicke Scheiben geschnitten und getrocknet werden.
Ein selbst gemachter Verdauungs-Likör mit Wurzeln und Wildkräutern ist übrigens ein sehr originelles und passendes Mitbringsel für Einladungen.
Rezept: Wildkräuter-Wurzel-Digestif
Zutaten:
- 1 Liter Korn oder Obstbrand
- 100 g Blutwurz (man kann auch verschiedene Wurzeln mischen – Enzian ist allerdings extrem Bitter! Darum nur ganz wenig nehmen!)
- 15 g Schafgarbe oder andere Wildkräuter nach Belieben
- 150 g Kandiszucker oder Honig (oder gemischt)
- Alle Zutaten schneiden und mit dem Kandiszucker/Honig in ein großes 1,5 bis 2 Liter Bügelverschlussglas oder Schraubglas geben.
- Den Korn/Obstbrand darüber leeren, das Glas verschließen und etwas schütteln.
- Das Glas mit dem Ansatz an einem hellen und warmen, aber sonnengeschützten Ort stellen!
- Das Glas täglich einmal schütteln.
- Nach 2-3 Wochen durch ein feines (Tee-)Sieb oder einen Goldfilter-Trichter abseihen, in Flaschen abfüllen und mit Etikett beschriften.
Gesundheit und wohl bekomms!