Wenn eingesessene Pinzgauer nach alten, überlieferten Rezepten der Großeltern kochen, dann steht schon mal Kåtzngschroa (Katzengeschrei), falscher Hase, gebackene Mäuse oder eben Hoagneist-Nudln am Tisch. Aber keine Angst – hier landet kein Stubentiger, Meister Lampe oder kleiner Nager am Teller. Und schon gar kein Haarknäuel, denn genau das bedeutet Hoagneist in der Pinzgauer Mundart.
Wie schon vor einiger Zeit (ihr erinnert euch an das Zubereiten der Rachnudeln?) sitze ich wieder am gemütlichen Esstisch in der warmen Küche von Kochbuch-Autorin, Bäuerin und seit 15 Jahren gute Seele des Hollersbacher Kräutergartens, Andrea Rieder. Und mit dabei ist auch wieder Kräuter-Expertin Susanne Mitterer von den Naturzauberwerken, denn sie hat in ihrem Korb eine ganz wichtige Zutat für unser heutiges Treffen – ein Glas voll Sauerkraut.
Als ich kürzlich das neue Buch „Andrea kocht – Pinzgauer Kost und mehr II“ in Händen hielt, musste ich schmunzeln. Zum einen, weil früher bei uns daheim öfter mal „Falscher Hase“ oder die „Gebackenen Mäuse“ am Teller landeten, zum anderen aber auch, weil diese fast schon vergessenen Gerichte bei Nicht-Pinzgauern sicher für Verwirrung sorgen. Und vielleicht auch für hochgezogene Augenbrauen, denn der Hoagneist ist eigentlich das, was man nach dem ausgiebigen Bürsten der Haarpracht aus der Bürste zieht – das Haarknäul. Ein nicht sehr appetitförderndes Bild, zugegeben. „Umso appetitlicher ist allerdings das fertige Gericht – versprochen!“, meint Andrea Rieder lachend, als ich sie nach dem Hintergrund für dieses alte Gericht frage.
Aus wenig viel machen
Die leidenschaftliche Köchin berichtet: „Die alte Pinzgauer Küche begeistert mich durch die Kunst, aus wenigen Zutaten viel zu machen. So entstanden aus dem, was daheim in Keller und Speisekammer vorrätig war herrlich einfache Gerichte. Wertvolle Grundzutaten – saisonal, regional und wann immer es geht, biologisch – das ist es, was diese Küche auszeichnet – und das ist auch mein Credo. Mit den wenigen vorhandenen Lebensmitteln musste man früher möglichst viel machen, um alle satt zu bekommen. Unsere Großmütter waren kreativ im Umgang mit den Zutaten aus Küche und Keller. So entstanden vielleicht auch die Hoagneistnudln – die Sauerkrautlaibchen – für die natürlich das im Fassl selbst eingemachte Kraut verwendet wurde.“
Selbst fermentiertes Sauerkraut
Das ist Susanne Mitterers Stichwort, denn sie zaubert nun ein großes Einmachglas ihres selbst eingelegten Sauerkrauts auf den Tisch. „Die Krautköpfe sind immer das letzte, was im Herbst im Garten geerntet wird. Um das Kraut für den Winter haltbar zu machen, wurde es gehobelt und mit geraspelten Äpfeln und Karotten, Salz, Kümmel und Wacholder versehen im großen Fass mit bloßen Füßen gestampft bis es ,sapfitzt‘. Heute fermentiert man selten in großen Fässern, sondern eher in Einmachgläsern, doch das Kneten des Krauts bis der Saft austritt und dieses schmatzende Geräusch – das ,Sapfitzen‘ – erzeugt, ist heute noch ein wichtiger Schritt. Nach dem Einschichten ins Glas wird das Kraut dann bei Zimmertemperatur gelagert und täglich gelüftet, um die Milchsäure-Gärgase des Fermentierens abzulassen. Vorsichtig, damit keine Luft reinkommt. Und danach wandert das Glas für vier Wochen in den kühlen Keller, wo es im Glas durchfermentiert, bevor es serviert werden kann.“
Vitaminbombe gegen Verdauungsprobleme
Das so eingelegte Sauerkraut war früher ein sehr wichtiger Vitamin-Lieferant im langen Winter und beugte dem Vitaminmangel Skorbut entgegen. Kräuterexpertin Susanne Mitterer weiß: „Es schützt aber auch die Darmschleimhaut, fördert die Darmbewegung und den Leberstoffwechsel. Sauerkraut stärkt die Abwehrkräfte und fördert Zellregenerierung und Konzentration. Die enthaltenen Wacholderbeeren haben eine wärmende Wirkung und lindern Verdauungsbeschwerden.“ Da aber nicht jeder ein großer Fan des fermentierten Krauts ist, hatte wohl einst eine findige Pinzgauer Köchin das Kraut zu knusprigen Laibchen herausgebacken und die so kreierte Speise mit einem kuriosen Namen versehen. „Vielleicht erinnert das ausgedrückte Kraut mit seinen langen Fasern an Haarknäuel“, lacht Andrea Rieder und legt ein paar Holzscheite ins Feuer des Holzofens. „Wir werden es gleich wissen“, meint sie und beginnt, ihr eigenes Rezept für uns nachzukochen.
Zubereitung der Hoagneist-Nudln
„Der wichtigste Schritt bei der Zubereitung ist das sorgfältige Ausdrücken des Krauts. Der Saft kann in einem Glas aufgefangen und später getrunken werden. Währenddessen röstet man in Butterschmalz fein geschnittenen Zwiebel mit Knoblauch hellbraun an. Das Kraut mit den Eiern, Mehl, den angerösteten Zwiebeln und Gewürzen zu einem Teig vermischen. Mit Hilfe eines Löffels werden nun kleine Kugeln aus dem Teig geformt und in eine Pfanne mit Butterschmalz gesetzt. Die Kugeln mit dem Löffel etwas plattdrücken, sodass Laibchen – Nudln – entstehen. Die Nudln nun bei nicht allzu großer Hitze knusprig herausbraten“, erzählt Andrea, während sie routiniert das Messer über die Zwiebel sausen lässt, die Laibchen formt oder den Kochlöffel schwingt.
Susanne Mitterer, ebenfalls Buchautorin mit ihrem eben erschienenen Buch „Das Kräuterbuch für die Hausapotheke“ sorgt in der Zwischenzeit für einen leichten Kräuterdip aus Sauerrahm und einigen Küchenkräutern aus ihrem Garten. Sie erinnert sich: „Bei uns stehen die Hoagneist-Nudln vor allem im Winter öfter am Speiseplan, wenn das Sauerkraut fertig fermentiert aus dem Keller kam. Meine Kinder lieben die knusprigen Laibchen. Und bei Großmutter sind die alten Pinzgauer Gerichte ohnehin fixer Bestandteil der Küche.“
Wir lassen uns nun am Esstisch die Hoagneist-Nudln auf der Zunge zergehen – sie sind knusprig, schmecken frisch und würzig und gemeinsam mit dem Sauerrahm-Dip sind sie ein kulinarisches Gedicht.
Zutaten
- 500 g Sauerkraut
- 1 Zwiebel
- 3 Knoblauchzehen
- 4 Eier
- 100 g Mehl
- Kräutersalz, Oregano, Kümmel, Pfeffer
- Butterschmalz zum Herausbacken.
Mitmachen und gewinnen
Wir verlosen ein Buch „Andrea kocht – Pinzgauer Kost und mehr II“ von Andrea Rieder und einmal „Das Kräuterbuch für die Hausapotheke“ von Susanne Mitterer. Schicke uns dafür einfach eine e-Mail an info@salzburgerland.com, Betreff „Gewinnspiel Kochbuch“. Und vielleicht habt ja auch ihr ein Lieblingsrezept aus der Küche eurer Großmutter, das ihr uns verraten wollt.
Das Los entscheidet! Teilnahmeschluss ist der 18. Dezember 2024.
(Hier findet ihr Details zu unseren Datenschutzbestimmungen.)
Im Pinzgau, do hod ma friara gessen übers gonze Joa,
a oafoche Kost vo Hoagneistnudln bis Kåtzengschroa.
De von da Andrea Rieder zommtrogna Rezepte brauchen nid vü,
A bissl Fantasie, oafoche Zutaten und a gschickts Handtei san im Spü.
Da Foische Hase hoppelt ohne Jagdgewehr,
bloss mit a weng Faschierten und oidn Brot daher.
A Wuscht, a Oa und a Gurkal hod da foische Hos im Bauch,
so wü es da Pinzgauer Köchinnen-Brauch.
Koa Angst, de Bochna Meis tuat ma nid ausn Mausloch lockn,
de Meis de lochn weiterhin, wei in da Pfann liegn Germteignockn.
Und de wern am Teller mit Zucker dick eigstabt –
dass ma do a zweitsmoi zuaglong hod war scho dalabt.
Und wer si um de Stubentiger graht beim Kåtzengschroa,
an Gericht des meist am Teller noch dem Schlachten war,
dem sei versichert, dem Koda und da Kåtz geht’s guad,
weil sis dabei um a Gschnetzeltes mit Innereien hondln tuat.
Da Hoagneist is des wos ma aus da Hoabischt aussaziagt,
nid unbedingt wos, wo ma hiaz Appetit glei kriagt,
doch sei da gwiss de Hoagneistnudln frisch ausn Pfandl,
Mog jeds Kind, jede Frau und jeds Mandl.
Und wen hiaz no mehr oide Grichte ausn Pinzgau oweign,
wia Kiwikoch, Miasl, Patzei-Suppn oder Hennasteign,
der ko des neiche Kochbiachi von da Andrea Rieder gwinna mit Glück,
und scho boid söwa sei Kåtzengschroa kochn mit vü Gschick.
A des Biachi vo da Susanne Mitterer tuad auf an Gewinner wartn,
Da geht’s um de Hausapotheke ausn Kräutergartn,
Sie erzöht wia ma de heimischn Heilkräuter kennt und zuabereit,
Ganz wichtig für de Gsundheit und des Wohlbefinden in da koidn Zeit.