Spinnen zählt zu den ältesten Techniken der Menschheit. Die über 70 Jahre alte Maria Kronreif aus Abtenau verarbeitet Rohwolle aus dem Lammertal zu feiner Wolle. Daraus stricken Frauen warme Socken, Hauben und Fäustlinge.
Konzentriert sitzt Maria Kronreif beim alten Spinnrad. Mit dem Fuß drückt sie das Pedal so, dass das Rad wie am Schnürc hen läuft. Mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand zieht die Altbäuerin vom Wiesbachhof in Abtenau die Fasern der Schwafwolle gleichmäßig auseinander. Die Altbäuerin dreht oder zwirbelt sie auf bereits verzogenen Fasern. So entsteht der Faden, den sie mit einer Bewegung beider Hände zum Spinnrad hinführt, damit er sich aufwickeln kann. Auf der Spule bildet sich mit der Zeit ein Fadenhäufchen. Durch Umlegen des Fadens auf Haken am Spinnflügel wird die Spule gleichmäßig gefüllt. Ist die Spule voll, wickelt sie den gesponnenen Faden auf ein Knäuel auf. „Die Kunst beim Spinnen ist das gleichmäßige Treten und dabei die Fasern der Wolle so auseinander zu ziehen, dass ein gleichmäßiger Faden entsteht“, erklärt Kronreif. Neben dem Spinnrad steht ein Korb voll feiner, weicher Rohwolle. Sie ist weiß oder leicht beige. Aus beiden Wollfarben spinnt sie feine Fäden. Dann werden sie mit Hilfe des Spinnrades zusammengedreht und melierte Wolle entsteht.
Stroh zu Gold spinnen. Geht das?
Maria Kronreif ist eine Spinnerin wie aus dem Bilderbuch. Das blaue Dirndlkleid und die Gretlfrisur stehen ihr besonders gut. Auf die Frage ob sie auch Stroh zu Gold spinnen kann, lacht sie und erzählt. „Ich habe als Kind Kühe gehütet und dabei immer Märchen gelesen. Da sind die Kühe öfter über die Grundgrenze und ich habe es nicht gemerkt.“ Stroh zu Gold spinnen könne sie aber leider nicht.
Als 15-Jährige hat Kronreif das Spinnen von ihrer Mutter gelernt. Das über 50 Jahre alte Spinnrad hat sie von ihr geerbt. Seither spinnt die sechsfache Mutter so oft sie Zeit hat. „Das Spinnen ist eine ruhige Tätigkeit und erhält meine Fingerfertigkeit“, sagt die Tennengauerin. Die Wolle bekommt sie von Lammertaler Bauern. Nach der Schafschur wird sie in kaltem Wasser mit Kernseife so lange gewaschen bis das Wasser ganz sauber ist und keine Rückstände mehr in der Wolle sind. Dann wird die gereinigte und getrocknete Wolle von einer Bäuerin in Kuchl mit einer speziellen Maschine gekämmt bis sie gleichmäßig und weich ist. Kronreif holt die Rohwolle und spinnt sie zu feinem Garn. Wie viel im Jahr, kann die Wiesbachbäuerin nicht sagen. Freundinnen stricken aus der weißen, beigen, braunen und schwarzen Wolle warme Socken, Hauben und Fäustlinge (Handschuhe) . Sie werden bei Bauernherbstfesten und vor Weihnachten in Abtenau und Rußbach verkauft. Den Reinerlös spendet die Tennengauerin Schwester Klara in Bolivien für ihr Straßenkinderprojekt. Wer sich für das Spinnen interessiert oder Gestricktes aus selbstgesponnener Schafwolle kaufen möchte, kann Maria Kronreif unter der Telefonnummer 0664 787 2507 erreichen.