In 2,5 Stunden klimatisch nach Spitzbergen! Bei einer geführten Tour geht es mit dem Nationalpark Ranger auf spannender Entdeckungsreise durch vier Klimazonen am Kitzsteinhorn in Kaprun.
Auf Expedition ins ewige Eis! Was zieh ich bloß an? Vier Klimazonen werden heute durchwandert und schon am Morgen liegen die Temperaturen im Tal über 20 °C. Trotzdem packe ich vorsorglich eine dünne Daunenjacke in den Rucksack, denn schließlich führt mich die Explorer Tour auf 3.000 m Seehöhe und klimatisch in die arktische Region. Und dort kann die Luft – selbst im Sommer – bei einem Wetterumschwung oder Gewitter empfindlich abkühlen.
Trotz des abenteuerlichen Namens muss man sich aber nicht vor bergsteigerischen Höchstleistungen fürchten. Denn obwohl man bei der Kitzsteinhorn Explorer Tour vier Klimazonen durchreist, ist das Wander-Pensum auch für Kinder und nicht ganz so fitte Wanderer leicht zu schaffen.
Unterwegs mit dem Nationalpark-Ranger
An der Talstation treffe ich auf die Nationalpark Ranger Werner Schuh und seinen jungen Kollegen Andreas Baldinger. Gemeinsam nehmen sie die rund 20 Gäste der kostenlosen Tour in Empfang. Das große Fernrohr, durch das die Kinder bereits neugierig Richtung Gipfel spähen, ist fixer Begleiter dieser Tour. Werner Schuh zählt noch einmal alle durch und verkündet: „Los geht’s. Wir verlassen das feucht-warme Klima. Folgt uns von 911 m hinauf auf 3.029 m ins ewige Eis!“
Schon in der Gondel ist die Neugierde der Besucher kaum zu bremsen. „Leben in der Zone des ewigen Eises noch Tiere? Wo sind Steinadler und Bartgeier zu Hause? Und ernährt sich der Bartgeier wirklich nur von Knochen?“ Geduldig beantwortet der Nationalpark Ranger alle Fragen, doch dann leitet er die Aufmerksamkeit der Teilnehmer nach draußen. „Seht, dort unten zwischen den Steinen wohnen die Murmeltiere! Um diese Zeit liegen sie gern vorm Bau in der Sonne.“ Alle Blicke sind nun auf die hier noch in dichter Vegetation stehenden Hänge unterhalb der Gondelbahn gerichtet. Als echter „Expeditionsleiter“ kennt Werner Schuh das Kitzsteinhorn natürlich wie seine Westentasche und als Nationalpark Ranger kann er mit umfassendem Wissen und mit Details zu jeder klimatischen Höhenstufe auf alle Frage eingehen.
Rundwanderung in der Tundra
Schon bei der ersten kleinen Rundwanderung auf den grünen Almböden von Langwied zeigen sich grandiose Aussichten in den Nationalpark Hohe Tauern – mit 1.800 Quadratkilometern das größte Schutzgebiet des Alpenraums. In der waldfreien Region am Langwiedboden spazieren wir auf 1.900 m zu einem kleine Teich, wo man Molche, Alpensalamander, Frösche und Almrosen bewundern kann. Werner Schuh erklärt: „Langwied steht für ,lange Weide’ und zeigt, dass hier immer schon Almvieh gehalten wurde.“ Wie zur Bestätigung hören wir ein lautes „Mäh“ und die Schafe recken neugierig ihre Köpfe. Entlang eines kleinen Bachlaufs bleiben wir immer wieder stehen, denn der Ranger hat viel zu erzählen – von hilfreichen und giftigen Pflanzen, geologischen Besonderheiten, seltenen Amphibien oder den trittsicheren Gämsen. „Hier befand sich sehr viel früher Meeresboden und einst war auch Langwied vom Gletscher bedeckt. Die Landkartenflechte zeigt den Forschern, wie lange die Steine hier schon eisfrei sind, denn sie wächst 0,1 mm pro Jahr“, erklärt Werner Schuh. Plötzlich nehmen die Ranger weit oben im Hang eine Bewegung wahr und stellen das Spektiv auf, damit auch die Tour-Teilnehmer sehen können, was sie mit freiem Auge erspäht haben. Eine Gams äst gemütlich neben einem kleinen Wasserfall.
Fels und Eis
Nach diesem Ausflug in die Tundra geht es zurück in die Gondel, die uns hinauf ins felsige Ödland rund ums Alpincenter bringt. Auf 2.500 m ist die Luft schon spürbar frischer und auch die letzten Nebelreste des Morgens haben sich hier noch nicht aufgelöst. Ein kleines Stück wandern wir hinauf zur höchsten Seilbahnstütze der Welt. Es geht über Altschneefelder und neu eingesäte Hänge, die mit Kokosnetzen vor der Erosion geschützt werden. „In dieser Höhe wächst alles ein wenig langsamer – die alpine Zone ist ein sensibler Lebensraum. Und doch – wenn man genau hinsieht – herrscht hier oben an der Grenze zum ewigen Eis zwischen den Felsen eine wahre Blütenpracht. Passt also bitte auf, dass ihr nicht auf Schusternagerl, Frühlingsenzian oder den seltenen Rudophisteinbrech tretet!“.
Die hier besonders glatten Steine sind Überreste der letzten Eiszeit. Das Eis bedeckte damals die gesamte Landschaft bis Chiemsee und Gardasee. „Hier war die Eisdecke über 2 km dick. Sie reichte vom Zellersee bis hier herauf“, erklärt der Ranger, und ungläubig blicken alle hinunter auf den See im Zeller Becken.
Ziel erreicht: das arktische Klima
Weiter geht die Reise hinauf ins arktische Klima auf 3.029 m, wo unsere Tour auch endet. Auf der Panorama-Plattform „Top of Salzburg“ genießen wir den Ausblick auf die vereisten Dreitausender. Unter uns, auf dem Gletscherplateau, tummeln sich zahlreiche Gäste beim Rodeln im Schnee. Andreas stellt sein Spektiv auf, denn mit etwas Glück sind hier immer wieder Steinadler und Geier zu beobachten. Außer den großen Greifvögeln leben aber noch andere Tiere in dieser arktischen Zone, wie wir hören: „Rund um die Aussichtsterrasse leben Felsmäuse und sogar ein Fuchs. Jetzt haben wir alle vier Klimazonen durchreist. Würde man normalerweise von Kaprun aus eine Reise durch vier Klimazonen unternehmen, müsste man eine Fahrt bis nach Spitzbergen antreten – diese Distanz beträgt 3.445 Kilometer Luftlinie. Und wer nach einem Besuch des Cinema 3000 oder einem Mittagessen in Salzburgs höchstgelegenem Restaurant noch wissensdurstig ist, der begleitet uns gleich bei der nächsten Tour durch die Nationalpark Gallery!“ Ich verabschiede mich hier von den Rangern, denn insgeheim plane ich noch den Besuch einer weiteren Klimazone – denn mittlerweile herrschen im Tal gefühlt subtropische Temperaturen und mich lockt der Zeller See mit seinem kühlen Nass.
Beide Nationalpark Ranger-Führungen sind mit gültigem Seilbahn-Ticket kostenlos und eine Teilnahme ist ohne Anmeldung möglich.
Kontakt & weitere Informationen
Kitzsteinhorn – Gletscherbahnen Kaprun AG
Wilhelm Fazokas Straße 2d, 5710 Kaprun, Austria
T +43 (6547) 8700-0
www.kitzsteinhorn.at
Fotos © Edith Danzer