In Saalfelden Leogang geht es im Sommer jede Woche auf die Spuren des Klimawandels. Dabei heißt es: Augen auf und gemeinsam die regional spezifischen Zeichen des veränderten Klimas entdecken.
Wir starten am Montag um 8 Uhr im Ullachgraben in Leogang. Übrigens ein wunderschöner Ort, den man auch einfach so mal besuchen und sogar grillen kann. Bei der Klimawanderung dabei sind die sympathische Wanderführerin Carmen, eine Münchner Familie mit dem 8-jährigen Max und der 12-jährigen Lea, ein älteres Ehepaar und ich. Eine bunt gemischte Gruppe also, vereint durch das Interesse an der Natur und den Bergen.
Die Wanderung startet direkt mit einer Grabenquerung, wo uns Carmen darauf hinweist, wie hoch der Fluss ansteigen kann. Extremwetterereignisse in den letzten Jahren haben hier merklich Spuren hinterlassen. Schon plätschert auch das Gespräch zwischen den Teilnehmern munter vor sich hin, über das Wetter lässt sich einfach immer gut plaudern. Weiter geht es an freien Almflächen vorbei, wo wir einiges über die verschiedenen Gräser lernen, und darüber, welche Teile der Wiesen von den Kühen abgefressen wurden und welche nicht. Der Klimawandel stellt nämlich für Landwirte insofern eine Herausforderung dar, dass die Tiere immer früher aufgetrieben werden müssten, weil die Vegetation sich früher als in den letzten Jahrzehnten entwickelt. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Almflächen nicht sauber abgegrast werden, verwildern und im Extremfall irgendwann zuwachsen.
Spannendes Wissen fundiert aufbereitet
Bald kommen wir zur sogenannten Klimahütte, in der uns interessante Infotafeln über Flora und Fauna erwarten. Wer will, kann hier seinen Wissensdurst stillen. Unter anderem lernen wir, dass die mittlere Jahrestemperatur jedes Jahr um 1,8° C ansteigt, Dürreperioden früher alle 10 und nun alle 5 Jahre vorkommen, die 25-Grad-Marke auf einer Seehöhe über 1.000 m drei Mal so oft erreicht wird und der Niederschlag sich pro Jahr um 10 % gesteigert hat. Die Infos zur Klimawanderung wurden übrigens von DI Anna Heuberger (KLAR Managerin, Schiführerin und Absolventin des Studiengangs „Alpine Naturgefahren“ an der BOKU Wien) fundiert ausgearbeitet und aufbereitet.
Auf zum niedrigsten Gletscher Mitteleuropas
Durch steiniges Gelände stapfen wir weiter nach oben. Auch die Kinder sind noch voller Energie. Das Birnbachloch, der niedrigste Gletscher Mitteleuropas, ist schon in Sichtweite. Vom einst großen Gletscher, der sich übrigens aus den hier abgehenden Lawinen bildet, ist nicht mehr viel zu sehen. Kaum zu glauben, dass hier früher so viel Eis war, dass es zum Bierbrauen nach München transportiert wurde. Die Schautafeln am Wanderweg veranschaulichen diesen spannenden Part der Geschichte. Beim Birnbachloch selbst auf 1.290 m zeigt sich uns eine Karstquelle, die direkt in der Höhle entspringt und für einen Teil von Leogangs Trinkwasser sorgt.
Ein einzigartiger Ort, der die ganze Gruppe begeistert. Die Kinder klettern auf den Steinen und halten sich die Füße ins Wasser, die Erwachsenen unterhalten sich angeregt darüber, wie klein dieser Gletscher geworden ist. Nun ist auch Zeit für die mitgebrachte Jause, die nach der ca. 1,5 h langen Wanderungen umso besser schmeckt.
Wunderbarer Wald
Hinunter geht es durch den Wald. Hier macht uns Carmen zum einen auf die sichtbaren Hangrutsche und zum anderen auf die Borkenkäferproblematik aufmerksam. „In unseren Wäldern hier wachsen vorrangig Fichten. Diese sind Flachwurzler und somit bei starkem Sturm nicht besonders standfest – sie können dann in den Bach fallen. Außerdem sind sie anfällig für Borkenkäfer, der sich mit der Erwärmung stärker ausbreitet“, erzählt sie. Max und Lea gefallen am Wald besonders die süßen Walderdbeeren und sie staunen nicht schlecht, als Carmen ihnen ein wenig Baumpech zu kosten gibt.
Wir wandern weiter zum Bach und schauen auf der Hängebrücke gemeinsam ins Bachbett. Was es dort alles zu sehen gibt? Rötlich gefärbte Steine, den Flusslauf, Überbleibsel von Hochwasser und die beeindruckende Wildbachsperre. Diese ist essentiell, damit bei starkem Wasserstand nicht das ganze Wasser und alles, was es mitnimmt, bis ins Dorf hinunterstürzen. Schließlich ist das Tal inzwischen vielerorts verbaut und soll auf keinen Fall von einer Mure getroffen werden.
Prädikat: empfehlenswert
Es ist kurz vor Mittag, als wir wieder beim Wanderparkplatz Ullachtal ankommen. Ein lehrreicher und gleichzeitig entspannter Vormittag liegt hinter uns. Während sich einige ganz stark für den Klimawandel interessiert haben, stand für andere einfach die Bewegung und die schöne Wanderung im Mittelpunkt. Die Kinder fanden vor allem die verschiedenen Tiere, die wir entdeckt haben und ihre selbst erfundenen Spiele im Wald toll. Wir alle sind uns einig: „Die Klimawanderung ist eine tolle Möglichkeit, den Klimawandel auf anschauliche Weise besser zu verstehen, darüber nachzudenken und gleichzeitig eine schöne Zeit zu haben. Und unsere Natur ist es wert, darauf zu achten.“
Eckdaten zur Klimawanderung:
- Jeden Montag von Juni bis September
- Dauer: 3 bis 4 Stunden
- Anmeldung: bis zum Vortag 16:00 Uhr im Tourismusbüro Saalfelden oder Leogang
- Nähere Infos: https://www.saalfelden-leogang.com/de/news-events/events/natur-klima-im-wandel_event_2005761
Alle Fotos: © Saalfelden Leogang/Michael Geißler