Mit dem Domquartier öffnet sich St. Peter und gibt erstmals Einblick in Lebensweise und Kunstschätze des ältesten Klosters im deutschen Sprachraum.
Ein Kloster birgt hinter seinen Mauern immer auch ein Stück Geheimnis. Nach 1.300 Jahren wird dieses Geheimnis von St. Peter mit dem Domquartier nun erstmals ein Stück weit gelüftet. Warum?
Erzabt Korbinian: Das Wort „Kloster“ kommt vom lateinischen „claudere“, was einen abgeschlossenen Bereich bezeichnet, der die Welt ausschließt. Wir Mönche sind Pilger, auf der Suche nach Gott. Unsere Umgebung soll möglichst frei von Ablenkung sein und auf Gott verweisen. Dazu gehören auch religiöse Kunstwerke. Wir öffnen uns mit dem Domquartier, weil wir erstmals die räumlichen Möglichkeiten und starke Partner haben. Außerdem stört es den klösterlichen Betrieb nicht. Das ist die eine, pragmatische Antwort auf Ihre Frage.
Welche Antwort gibt es noch?
Korbinian: Kunst nur als Ansammlung bzw. als Wertbestand zu sehen, ist keine Rechtfertigung. Wir sehen es als unsere Aufgabe, mittels der Kunst unsere Botschaft der Geistigkeit zu vermitteln. Wir sind nicht dazu da Objekte zu kaufen und sie zu sammeln, sondern sie zu erklären und mit Sinn zu erfüllen.
An die 40.000 Stücke soll die Kunstsammlung von St. Peter beherbergen. Wie kommt ein Kloster zu einem derart reichen Kunstschatz?
Korbinian: Unsere Kunstsammlung ist weniger eine Kunstsammlung im herkömmlichen Sinn, sondern eher eine Ansammlung von Objekten. Unter den 40.000 Stücken befinden sich auch kleinste Heiligenbilder sowie viele Alltags- und Gebrauchsgegenstände, ohne großen Wert dahinter.
Nach welchen Kriterien sammel(te)n die Mönche von St. Peter?
Korbinian: Die meisten der Stücke kamen zufällig in unseren Besitz, oft waren es auch Geschenke und eben Gebrauchsgegenstände. Einige der wertvollen Gegestände – wie etwa ein Ölgemälde von Trevisani, ein chinesisches Porzellanservice oder etliche Uhren bekamen wir von den Domherren, die sich im 18. Jahrhundert gerne Darlehen von uns liehen und diese dann nicht mehr in Form von Geld zurückzahlen konnten. Und natürlich verfügen wir über wertvolle religiöse Gegenstände, wie das Limoges-Pastorale, die Keutzl-Mitra oder den Mezger-Kelch, die zu den Höhepunkten unserer Sammlung zählen. Erst im 19. Jahrhundert begann man in St. Peter kategorisch zu sammeln. Und zwar Grafiken, mit meist religiösen Motiven oder besonders kunstfertigen Techniken.
Die Residenz wurde im Laufe der Jahrhunderte fast restlos geplündert, wie schaffte es St. Peter seine Schätze zu bewahren?
Korbinian: Dass wir nie geplündert wurden, kann man so nicht sagen. Napoleons Truppen und auch die Nazis haben sich sehr wohl bei uns bedient. Außerdem mussten wir unsere größten und schönsten Schätze wie den Ministerialkelch oder das Antiphonar von St. Peter in der Wirtschaftskrise der Zwischenkriegszeit verkaufen. Sie sind heute in bedeutenden Museen in Wien, München und New York zu sehen. Aber wir haben es auch durch geschicktes Verhandeln geschafft, uns gegenüber den Mächtigen der Zeit zu behaupten.
Im Domquartier präsentiert sich die Erzabtei unter drei Aspekten – St. Peter und die Kunst, St. Peter und die Musik aber auch St. Peter in Geschichte, Gegenwart und Verfassung. Was ist unter diesem letzten Aspekt zu verstehen.
Korbinian: Für mich ist es wichtig zu zeigen, dass es uns Mönche in St. Peter seit 1.300 Jahren gibt und wir auch heute noch da sind – in einer gewissen Selbstverständlichkeit. Welche Firma kann das heute von sich behaupten? Wir Mönche sind keine mystischen Wesen von gestern, sondern Menschen des 21. Jahrhunderts, unser Kloster ist nicht nur Ort der Ruhe und Besinnung, sondern auch ein Wirtschaftsbetrieb mit ca. 90 Beschäftigten. Wir zeigen mittels moderner Medien und Interviews unsere Lebensform und die Geschichte von St. Peter. Wir zeigen aber auch, dass diese Geschichte weitergeht.
Was bedeutet das Zusammenwachsen von Residenz, Dom und Erzabtei für die Patres?
Korbinian: Es ist ein großer Mehrwert, dass wir gemeinsam den Residenzkomplex wie er einst war, zugänglich machen. Es ist nicht nur ein touristisches Kapital, sondern auch für die Salzburger ein großer Gewinn, das erlebbar zu machen, was für Landesfürst und Erzbischof einst Realität war. Salzburg ist eine Symphonie von Architektur und Landschaft. Eine solche Inszenierung lädt geradezu zwingend zu guten Gedanken ein. Im Barock wurde bewusst so gebaut. Der Rundgang ist ein Zusammenwachsen und Wiederherstellen einer organischen Einheit, die vor 200 Jahren zerstört wurde. Das Öffnen dieser Räume gibt Einblicke und Ausblicke, die einfach wunderbar sind.
Was ist in Ihren Augen der Höhepunkt des Domquartiers?
Korbinian: Der Blick vom Wallistrakt zurück zu den Festspielhäusern, dem Mönchsberg und der Edmundsburg. Oder auch im Wallistrakt zu stehen und gleichzeitig auf den Turm des Glockenspiels, die Domfassade und das Stift Nonnberg blicken zu können.
Wir danken für das Gespräch und wünschen Ihnen alles Gute und viel Glück!