Am „Liachtbratlmontag“ wurde das erste Mal nach dem Sommer in den Werkstätten das Licht aufgedreht. Zur Feier lud der Meister seine Gesellen zum Bratlessen (Schweinsbraten) ein. Dieser alte Brauch wird in der Rettenegghütte in der Postalm seit alters her zelebriert.
Der Weg zur Rettenegghütte im Postalmgebiet führt durch den Wald. Es duftet nach Pilzen, Moose überziehen Steine und Wurzeln mit einem dicken grünen Teppich. Bald ist die Almwiese erreicht. Hütten erscheinen von weitem im nebeligen Licht. Leise Musik ertönt. „Von der hohen Oim, auf die Niedaoim“, singen und musizieren die Musikanten. Die Rettenegghütte am Fuße des Braunedels (1894) taucht auf. Barbara und Leopold Gsenger, die Wirtsleute der alten Hütte, und viele Gäste feiern – wie jedes Jahr an Michaeli gefeiert (29. September). Wenn das kein Montag ist – am darauffolgenden Montag. Laut Tradition ist das jener Tag, an dem erstmals im Herbst bei der Arbeit in der Werkstatt wieder künstliches Licht verwendet wird. Aus diesem Anlass lädt der Meister in Handwerksbetrieben seine Gesellen auf ein Bratl (Schweinsbraten) ein. In Bad Ischl gilt der „Liachtbratl-Montag“ als Feiertag. Einige Meister samt den Gesellen zelebrierten diesen Tag seit mehr als 50 Jahren auch in der Reggenegghütte in der Postalm.
Nagei am Hut
In der urigen, über 300 Jahre alten Hütte ist es warm. Die Musikanten – ein Ziehharmonika- und ein Gitarrenspieler – singen flotte Lieder. Spontan stehen einige Damen auf und tanzen miteinander. Die Männer unterhalten sich. Ihre Hüte zieren kleine Gestecke, die so genannten „Nagei“. „Am Liachtbratl-Montag ist es Brauch, dass Gäste, die Hüte tragen, ein Nagei bekommen“, sagt Barbara Gsenger. Heutzutage gibt es das kleine Gesteck auch für Stammgäste oder Freunde. Gsenger bindet es aus roten und weißen Papierröschen und silberbesprühten Alpenrosen- und Heidelbeerzweigen. Die Gäste freuen sich über die kleinen „Nagei“ und stecken sie gerne auf den Hut. Einige feiern auf mehreren Hütten und nehmen von überall ein „Nagei“ mit.
Zelebriert wird der „Liachtbratl-Montag“ normalerweise von Mittag bis Mitternacht. Manchmal plaudern, lachen und feiern die Gäste samt den Wirtsleuten auch länger.