Mitten in der Kernzone des Nationalpark Hohe Tauern liegt am Ende des wildromantischen Seidlwinkltals die rund 150 Jahre alte Litzelhofalm. Außer dem schmalen Saumpfad, auf dem schon einst die Händler mit ihren Pferden über den Tauern schritten, führt keine Zufahrt zur Hütte. Das erschwert zwar so manche Arbeit, verleiht ihr aber eine besondere Unberührtheit und Schönheit.
Es ist Mitte Juni und die Bauersleute Toni und Kathrin Pichler machen sich bereit für den Almabtrieb. Richtig gelesen – den Abtrieb! Denn die Besonderheit der Litzelhofalm liegt auch darin, dass die Kühe vom Mittertörl an der Großglockner Hochalpenstraße hinunter in das Rauriser Seidlwinkltal wandern, wo sie rund um die Hütte und auf der Hochalm ihren Almsommer verbringen. Kathrin und Toni werden von zwei jungen Sennerinnen unterstützt, die beim Viehhüten, Kasen und Bewirten der Gäste helfen. Altbauer Toni hilft ebenfalls mit und sorgt zudem mit seiner kreativen Ader für ausgefallenes Mobiliar oder die besonders bei Kindern beliebte hölzerne Melkkuh.
Von der Sennerin zur Bäuerin
Kathrin Pichler, die eigentlich gelernte Bilanzbuchhalterin ist, zog es vor zehn Jahren für einen Almsommer auf die Litzelhofalm auf 1.718 m Seehöhe. Sie erinnert sich noch gut: „Um zu prüfen, ob mein Kindheitstraum ,ein Leben als Bäuerin‘ auch wirklich was für meine Zukunft ist, wollte ich neben dem mir bereits bekannten Umgang mit Kühen auch einmal in die Milchverarbeitung hineinschnuppern. So bewarb ich mich als Sennerin und führte mit meinem heutigen Mann Anton das Bewerbungsgespräch. Nach dem Almsommer war uns klar, dass es gefunkt hat.“ Gemeinsam mit den beiden Sennerinnen kümmert sie sich um die Milchverarbeitung und den Ausschank. „Ein früher Start in den Tag, denn schon nach dem Melken der Kühe und dem Kasen kommen die ersten Wanderer. Sie gelangen mit dem Tälertaxi oder dem Mountainbike bis zum Tauernhaus und wandern von dort in weniger als einer Stunde zu uns herauf. Am Rauriser Tauernhaus verläuft die Grenze zwischen Außenzone und Kernzone des Nationalparks Hohe Tauern, darum ist ein Heraufradeln zu uns nicht möglich.“ Das Seidlwinkltal wird auch das Tal der Quellen und Almen genannt. Der Pfad vom Rauriser Tauernhaus entlang der Seidlwinklache in den Talschluss und zur Alm ist zauberhaft und wildromantisch. Fließt das Wasser unten entlang des Weges wild und unbändig, so sprudelt es oben am Almboden noch ruhig und zahm.
Litzelhofer Almkäse
Auf den gemütlichen Holzbänken an der Hüttenwand lässt sich gut verweilen und genießen. Besonders der schmackhafte Almkäse hat es den vielen Stammgästen und Wanderern angetan. Kathrin verrät: „Täglich werden rund 200 Liter Milch zu Käse, Topfen oder Molke verarbeitet. Da wir keine Zufahrtsstraße haben und unsere einzige Nabelschnur raus aus dem Tal die Materialseilbahn ist, verarbeiten wir alles vor Ort. Der beliebte Litzelhofer Almkäse reift also direkt in unserem Erdkeller unter der Hütte heran. Vor dem Bau der Seilbahn wurde alles auf Pferderücken über den alten Säumerweg zur Hütte gebracht.“
Sommerhighlight Käseanschnitt
Was nicht direkt auf der Hütte produziert wird, kommt über die Glocknerstraße und mit der Materialseilbahn vom Heimhof auf die Alm. „Wir servieren selbstgemachte Bioprodukte vom Apfelsaft, Most, Almkäse, Speck, Würstel und Brot. Und wer sich in unseren Käse verliebt hat, der deckt sich am besten direkt im Alm-Laden mit Nachschub ein,“ lacht Kathrin und erzählt von ihrem besonderen Sommer-Highlight: „Unser internes Käseanschneiden! Da wird der erste Almkas der Saison aus dem Keller geholt und feierlich im Familienkreis angeschnitten. Das ist immer spannend, denn dann zeigt sich, ob er wieder so gut geworden ist, wie in den Almsommern zuvor. Für diesen Schnittkäse aus pasteurisierter Vollmilch ist die Alm bekannt und beliebt – viele wandern extra dafür zu uns auf die Alm.“
Während am späten Nachmittag die letzten Gäste die Terrasse verlassen und heimwärts wandern, machen sich die Almleute bereit, die Melkkühe zur Hütte zu holen oder mit dem Hofhund Axel noch rasch auf die Hochalm zu gehen, um nach dem restlichen Vieh zu sehen. Netzstrom, Handyempfang oder gar WLAN gibt es auf der Litzelhofalm nicht, wie die Bäuerin erzählt: „Mit unserem eigenen Wasserkraftwerk erzeugen wir den Strom, den wir für die Milchverarbeitung und das Melken auf der Alm brauchen. Ein Hüttentelefon verbindet uns mit der Außenwelt. Dieses einfache Leben stört uns aber alle nicht. Wer von uns hinauf zu den Kühen auf der Hochalm geht, hat dort oben Empfang. Die Abende auf der Alm verbringen wir mit einem gemeinsamen Abendessen mit den Sennerinnen und manchmal werden auch die Instrumente herausgeholt und musiziert. Und ab und zu kommen die Jäger nach ihrer Pirsch zu uns auf Besuch.“ Während nun die Sonne hinter den Bergkämmen verschwindet, sind alle bereits mit ihren täglichen Almarbeiten beschäftigt. In der Küche wird am Holzherd gebacken für den nächsten Tag, im Melkstall hört man sanftes Muhen und die Katze räkelt sich faul auf der Terrasse. Es kehrt herrliche Ruhe ein im hintersten Winkel des Seidlwinkltals.
Kontakt
Litzelhofalm – Seidlwinkltal Rauris
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