Von zwei Aussteigern, die ihren Traum von einem Almsommer als Senner im SalzburgerLand verwirklichen wollen. Oli und Sasch sind Stadtkinder. Zwar leben die beiden gebürtigen Deutschen naturnah und bodenständig, aber doch fern vom landwirtschaftlichen Alltag. Das SalzburgerLand Magazin begleitet die beiden Alm-Novizen bei den Vorbereitungen für ihre Senner-Premiere
Nach dem Buttern mit Seminarbäuerin Edith Handl-Herzog und Melanie Pichler stand für Oli & Sasch fest: „Das ist genau unser Ding! Wir wollen unbedingt mehr über die Arbeit auf der Alm lernen!“ Augut-Bäuerin Melanie Pichler war vom Einsatz der beiden begeistert: „Ich traue Sasch und Oli ein Leben auf der Alm durchaus zu. Sie leben für ihren Traum und machen sich mit viel Herzblut an die Vorbereitungen für ihr Projekt.“ Spontan lud sie die beiden ein, sie beim Melken und der Stallarbeit zu begleiten.
Dunkel hat´s eilig
Oli und Sasch sind bereit für ihre nächste Alm-Lektion und krempeln hochmotiviert die Ärmel hoch. Melanie ist Bäuerin am Augut und wird von ihren Eltern bei den täglichen Arbeiten am Hof und im Hofladen unterstützt. Sie führt Oli und Sasch in den Laufstall, wo große braune Augenpaare neugierig auf die fremden Besucher blicken. „Wir haben zwölf Milchkühe, Jungvieh und Ramon unseren gemütlichen Zuchtstier, der über seine Damen wacht. Die zwölf Milchkühe werden täglich in der Früh und am Abend gemolken, und die gewonnene Milch verarbeiten wir direkt am Hof weiter zu Käsespezialitäten und Butter. Über die bei der Käseherstellung entstehende Molke freuen sich unsere Schweine.“ Eine der Kühe mit imposanten Hörnern stupst Melanie sanft an und muht eindringlich, die restlichen Milchkühe mit ihren prall gefüllten Eutern fallen mit in das Muhen ein. Melanie lacht und während sie den Hals der dunkelbraunen Kuh krault meint sie: „Dunkel ist meine älteste Kuh. Sie findet, es ist an der Zeit, dass wir uns endlich in den Melkstand begeben und sie um die Milch erleichtern. Also los geht’s!“
Melk-Drive-in
Oli und Sasch folgen Melanie in den tiefergelegten Melkstand, in dem zwei Kühe gleichzeitig gemolken werden können. Ungeduldig steht Dunkel schon vor der Schiebetür und wartet auf Einlass. „Die älteren und dominanten Kühe kommen immer als erstes in den Warteraum – den Bereich vor dem Melkstand. Sie haben auch ihre Lieblingsseite und stehen dann schon unaufgefordert vor dem Einlass des ,Durchtreibers‘. Wie bei einem Drive-in treten die Kühe auf der einen Seite ein und nach dem Melken verlassen sie den Stand auf der anderen Seite und gehen zurück in den Laufstall, wo in der Zwischenzeit ausgemistet wurde. Die Kühe wissen, dass beim Melken auch eine besondere Leckerei – geschrotetes Getreide – zur Begrüßung auf sie wartet.“ Oli füllt den Futternapf mit dem Getreide und öffnet den Melkstand. Mit zufriedenem Schnauben tritt Dunkel ein. Ein wenig misstrauisch beäugt sie Oli und Sasch anfangs durch die Holzlatten. Doch die beiden nehmen gleich Kontakt mit der erfahrenen Kuh auf und streichen ihr über die warmen Flanken und den Hals.
„Jetzt putz ma de Tuttn!“, meint Melanie und blickt in fragende Gesichter. Sie lacht: „Wir reinigen das Euter und die Zitzen mit weicher Melkwolle, damit kein Schmutz in die gemolkene Milch gelangt. Auf der Alm kann es natürlich verlangt sein, dass ihr mit der Hand melkt. Doch weitgehend wird heute schon eine Melkmaschine eingesetzt. Trotzdem erfolgt vor dem Ansetzen der Melkzylinder das ,Anmotzen‘ – das Vormelken per Hand in den Vormelkbecher. So kontrolliert ihr gleichzeitig, ob die Milch in Ordnung ist. Alle paar Wochen kommt der Milchmesser, der eine genaue Milchkontrolle im Labor durchführt. So wissen wir genau, dass die Qualität passt und erfahren auch die Zusammensetzung von Protein und Fett. Diese Werte sind nämlich von Kuh zu Kuh unterschiedlich und fürs Käsen relevant. Die Milch direkt von der Kuh schmeckt anders und ist wahrscheinlich nicht mehr jedermanns Geschmack. Bevor Milch in den Supermarkt kommt wird sie nämlich in der Molkerei pasteurisiert – also erhitzt, um die Bakterien abzutöten und homogenisiert – also entfettet und dann wieder mit dem gewünschten Fettgehalt von 3,6 % für Vollmilch oder 1,5% für Magermilch versehen.“ Nach der Milchkontrolle werden mit geübten Handgriffen die Saugstutzen der Melkmaschine an den Zitzen angesetzt und die Milch fließt direkt über Schläuche und eine Rohanlage in den Milchtank.
Fingerspitzengefühl gefragt
Inzwischen steht auch „Donau“ in ihrem Melkstand und Sasch ist an der Reihe, sich am Melken zu versuchen. Schnell nochmal die Hände angewärmt und über die Flanken der Kuh gestrichen. Beherzt greift Sasch nach der Melkwolle und reinigt das Euter. Auch das „Anmotzen“ gelingt auf den ersten Versuch, nur das Hantieren mit den Tentakeln der Melkmaschine sorgt anfangs noch für Verwirrung. Doch schon fließt die Milch und Donau kaut entspannt an ihrem Getreide-Snack. Das gibt Sasch und Oli Zeit, Melanie viele Fragen zu stellen: „Wie lange braucht es, bis eine Kuh gemolken ist? Wieviel Milch kommt da raus? Schmeckt die Milch im Almsommer anders als im Winter?“ Melanie lacht und gibt geduldig Auskunft. Melanies Mama Ingeborg steckt ihren Kopf in den Melkstand und verkündet: „Es ist Fütterungszeit für die kleinen Kälber! Wer hat Lust, im Stall zu helfen?“ Das ist Olis Startsignal und schnell folgt sie Ingeborg in den Kälberstall, wo sie die frisch gemolkene Milch an die Kälber verteilt. Dunkel und Donau sind inzwischen wieder im frisch gereinigten Laufstall und die nächsten Kühe stehen im Melkstand.
Mit immer mehr Routine erledigt Sasch das Melken und Oli übernimmt das Füttern der Kühe. Vom Heuboden fällt das duftende Heu herab und Oli verteilt das Futter an die hungrig muhenden Damen. Nach getaner Arbeit blicken sich die beiden Alm-Novizen zufrieden im Stall um. Alle Kühe dösen satt und glücklich vor sich hin und auch Ramon der Stier hat sich zu einem Nickerchen hingelegt. „Lektion Melken und Stallarbeit erfolgreich beendet“, verkündet Melanie und lobt Sasch: „noch ein-, zwei Mal Melken und du bist bereit für das Almleben!“ Voller Tatendrang klopfen sich Sasch und Oli den Heu-Staub aus den Kleidern und meinen: „Und jetzt geht’s auf zum Kasn!“ Lachend schüttelt die Bäuerin den Kopf: „Nein, für heute ist Feierabend – aber gleich morgen früh geht’s weiter und wir machen aus der eben gemolkenen Milch Käse.“
- Kasn Käseherstellung
- Tuttn Zitzen
- Anmotzen das Anmelken, jede Zitze wird vor der Melkmaschine händisch angemolken
- Durchtreiber Typ des Melkstands
- Laufstall Die Kühe können sich bei der Laufstallhaltung im Stall frei bewegen
Hinweis: Vor dem Entstehen dieser Geschichte waren alle beteiligten Personen – einschließlich der Autorin und Fotografin – beim Covid-Test.