„Heute widmen wir uns dem Wasser! Wir erkunden den Ursprung der Mur.“ Mit diesen Worten werden wir von Bergwanderführer Manfred Pfeifenberger in Empfang genommen.
Jeden Donnerstag um 8:00 morgens trifft sich eine bunt zusammengewürfelte Gruppe von Wanderern vor dem Tourismusbüro in St. Michael im Lungau, das von Juni bis September die Donnerstags-Wanderungen ausschreibt. In der Ausschreibung ist von Almseen die Rede – still oder prickelnd – jedenfalls springe ich sofort an. Ich habe mich für die Wanderung angemeldet, ohne genau zu wissen, wer oder was mich erwartet.
Heute geht’s also zum Ursprung der Mur und nicht zu einem der 60 Lungauer Almseen. Es klingt trotzdem vielversprechend.
Mit Taxi und Tälerbus
5 Minuten nach dem Willkommen sitzen wir in einem komfortablen Kleinbus des Taxiunternehmens Bacher und werden Richtung Muhr gefahren. Muhr ist übrigens kein Schreibfehler. Das Tal, an dessen Ende die Mur ihren Ursprung hat, nennt sich tatsächlich Muhrtal, in der alten Schreibweise nach der gleichnamigen Gemeinde mit h.
Hier geht es auch um die Kennzeichnung als Nebental vom gesamten Murtal (ohne h), als das man insbesondere den Abschnitt von St. Michael über Ramingstein bis an die Landesgrenze bei Kendlbruck/Predlitz, der als Talweitung von St. Michael bis Tamsweg den Kernraum des Lungau darstellt, und auch als Teil des Lungauer Beckens gesehen werden kann, kennt.
Ja, es ist ein bisschen verwirrend, aber auch höchst interessant, was es hier alles zu entdecken gibt. Zum Beispiel stelle ich fest, dass dieses Tal unerwartet lang ist. Weit nach der Gemeinde Muhr geht es immer noch weiter hinein Richtung Mur Ursprung. Irgendwann darf unser Bus nicht mehr weiterfahren und wir entscheiden uns ob des etwas unsicheren Wetters, in den Tälerbus umzusteigen, der uns die letzten 3 Forststraßenkilometer bis zur Sticklerhütte bringt. Hier darf außer dem Tälerbus kein Auto mehr fahren.
Der Mur entlang
Von der Sticklerhütte geht es endlich zu Fuß weiter. Etwa 1,5 Stunden Aufstieg sind es von dort zum offiziellen Mur Ursprung. Der schmale Pfad schlängelt sich leicht ansteigend neben der jungen Mur entlang. Empfehlenswert sind Trittsicherheit und vor allem den Blick zu heben, um die unglaubliche Berg-Kulisse zu genießen.
Schließlich erreichen wir den Ursprung der Mur. Es ist eine Schüttquelle, die auf 1.898 m Seehöhe direkt aus dem Berg sprudelt und unübersehbar mit Plaketten und Schildern gekennzeichnet ist. Was viele nicht wissen, ist, dass etwa 30 Minuten weiter oben, auf 2.050 m Seehöhe, eine Murquelle als Schuttquelle aus dem Blockschutt längst verschwundener Gletscher sickert.
Natürlich steigen wir weiter auf und erkunden auch dieses scheinbar unscheinbare Naturschauspiel. Zugegebenermaßen ist diese oberste Quelle optisch etwas unbeeindruckend. Umso mehr beeindruckt der Blick auf die umliegenden Berggipfel Mureck (2.402 m ü. A.), einem Gipfel der Ankogelgruppe der Hohen Tauern zwischen Schöderhorn (Großes Mureck, 2.475 m ü. A.) und Murtörl (2.260 m ü. A.) und den Frauennock (2.678 m ü. A.). Wie unser Wanderführer erklärt, gelangt man vorbei am Albertbiwak über die Schmalzscharte weiter Richtung Schwarzseen.
Nach einer kleinen Rast, in der sogar die Sonne auf uns herunterscheint, machen wir uns auf den Rückweg zur Sticklerhütte, wo wir uns vor dem weiteren Abstieg einen köstlichen, riesigen Kasknödel in Zwiebelsuppe – gekocht vom Chef persönlich – gönnen.
Die Strecke des Tälerbusses gehen wir bergab zu Fuß. Auf diesen letzten 3 Kilometern kommen wir doch noch ordentlich in den Regen. Immerhin sind wir aber schneller als das Gewitter, das uns auf den Fersen ist. Doch wie heißt es so schön: „Bei uns ist es sogar schön, wenn’s schiach ist!“ Auch der Regen beschert den Glücksgefühlen nach einem so erfüllenden Wandertag keinen Abbruch!
Der Mur Ursprung liegt übrigens im Nationalpark Hohe Tauern und im Biosphärenpark Lungau-Nockberge.