Es soll einst ein Zufluchtsort für Salzburger Christen gewesen sein, später lebten dort der Sage nach fromme Waldbrüder. Heute werden im Bruderloch in Bad Vigaun, der zweitältesten christlichen Andachtsstätte im SalzburgerLand, noch regelmäßig Maiandachten abgehalten. Doch das Naturdenkmal mit dem kleinen, in den Stein gehauenen Altar ist auch sonst ein lohnendes Ausflugsziel im schönen Tennengau.
Bedeutung erlangte die Höhle im heutigen Ortsteil St. Margarethen, nördlich von Bad Vigaun, bereits im 5. Jahrhundert n. Chr. Die Christen aus dem nahen Salzburg, das damals noch Iuvavum hieß, sollen sich nach Süden zurückgezogen haben, um den germanischen Herulern zu entkommen. Angeführt wurden sie der Sage nach von ihrem Beschützer, dem Heiligen Severin. Im Schutz des Bruderlochs, einer Steinhöhle, wurden damals Gottesdienste gefeiert. Später, so erzählt man sich, lebten dort fromme Einsiedler, die ein Leben in der Natur bevorzugten. Sie wurden „Waldbrüder“ genannt – aufgrund dessen ist die zur Kapelle ausgebaute Höhle heute unter dem Namen „Bruderloch“ bekannt.
Ein Naturdenkmal mit bewegter Geschichte
Wir wandern von der wunderschönen alten Kirche von St. Margarethen aus über den Bruderlochweg in Richtung des Naturdenkmals. Nachdem wir durch ein kleines Wohngebiet gegangen sind, schlängelt sich der Forstweg am Waldrand entlang. Sobald wir die Ortschaft St. Margarethen hinter uns lassen, können wir den Verkehrslärm hören. Denn wo früher die Stille regierte, führt heute in unmittelbarer Nähe die Tauernautobahn vorbei. Das ist auch der einzige Wermutstropfen, den ein Ausflug zum Bruderloch beinhaltet: der Verkehr auf der Autobahn ist leider auch direkt beim Naturdenkmal zu hören. Nichtsdestotrotz umgibt das Bruderloch, das wir nach rund zehn Minuten gemütlichen Spazierens erreichen, eine geheimnisvolle Aura. Wir gehen die wenigen Stufen durch den Wald hinauf zur Höhle, vor der einige Kirchenbänke aufgestellt sind. Denn hier finden bis heute Maiandachten statt. Wir setzen uns auf eine der Bänke und beobachten das Spiel von Licht und Schatten auf dem Felsen. Dabei fallen uns einige Löcher auf, die offensichtlich von Menschenhand in den Stein gehauen wurden. Später erfahren wir, dass bei Ausgrabungen im Bruderloch unter anderem eine alte Feuerstelle, ein Messer aus dem 16. Jahrhundert und die Scherben von Gebrauchsgegenständen wie Tontöpfen gefunden wurden. Ein mystischer Ort und ein schönes Naturdenkmal, für das sich ein Ausflug zweifelsohne lohnt.
Fotocredits: © knaro.at