Logisch: Wer gerne Zeit in der Natur verbringt, möchte diese auch schützen. Und so wird auch beim Trailbau inzwischen stark auf Nachhaltigkeit gesetzt. Zumindest im Bike-Mekka Saalfelden Leogang, wo bereits mehrere „naturnahe Trails“ zum Biken zwischen Wald, Fels und Wiese verführen. Wir haben mit Headshaper Reini Unterberger über den Trend gesprochen.
Hallo Reini! Die Art und Weise, wie ihr Trails baut, hat sich im letzten Jahrzehnt massiv verändert. Wie habt ihr früher gebaut und wie jetzt?
Ich habe ja bereits 2001 mit dem Trailbau hier in Leogang angefangen, damals war ich im Winter Shaper im Snowpark und begann dann als erster Shaper im Bikepark. Früher war der Bikesport noch nicht so der kommerzielle Sport und wir haben uns viel an Videos aus Amerika orientiert. Für alles kam der Bagger zum Einsatz, wir bauten riesige Sprünge, Schotterpisten… In Kanada kam dann der Trend auf, dass Einheimische am Weg zur Holzarbeit die „Lumberjack Trails“ gefahren sind und daraus entwickelte sich eigentlich der naturnahe Trailbau.
Die letzten acht Jahre haben wir dann angefangen, richtig mit der Natur zu arbeiten. Sie zu nehmen, wie sie ist, das Gefälle, die Naturfelsen, alles bauen wir ein, wir schlängeln unsere Trails durch die Natur, ohne die Grundform zu verändern. Da kommt kein Bagger mehr zum Einsatz, keine großen Maschinen, nur die Motorsäge und unsere Muskelkraft.
Wie kann man sich denn jetzt den Bau solch eines Trails vorstellen?
Zu allererst beginne ich mal mit der Geländebesichtigung, da gehe bzw. fahre ich schon auch mal 20 Mal mit dem Bike auf und ab, das ist fast das schwierigste und aufwändigste. Wir müssen dabei ja auch auf die Vereinbarungen mit den Grundstückseigentümern achten und gleichzeitig die Line so wählen, dass sie schön zu fahren ist. Und dann geht es los, Stück für Stück arbeiten wir uns vor. Wir stechen den Waldboden raus, bauen Pfosten aus kleinen Bäumen, machen daraus die Böschungshölzer an der Talseite und begrünen gleich wieder mit dem herausgestochenen Waldboden. Zum Großteil arbeiten wir wirklich nur mit dem, was die Natur genau hier hergibt. Nur bei größeren Felsen benötigen wir für die Brücken Lärchenholz, weil es robuster ist und Schotter aus Schiefer bringen wir herauf, der kommt aber eh auch von hier. Wir bringen nichts Waldfremdes rein. So schaffen wir pro Tag ca. 50 m Trailstrecke.
Die Trails werden dann auch jedes Jahr ausgeschnitten, nach Unwettern schauen wir, ob alles passt usw. Die Pflege gehört einfach dazu. Früher haben wir das mit dem Auto gemacht, inzwischen fahren wir mit dem Bike durch.
Sind naturnahe Trails das, was Biker inzwischen möchten? Oder ist diese Art von Trailbau etwas, das hier von der Region vorgegeben wird?
Auf jeden Fall beides. Die Bikeszene hat sich dahin entwickelt, Cross-Country- und Enduro-Bikes werden mehr und die Leute wollen einfach die Natur spüren. Nach einem langen Arbeitstag oder im Urlaub sucht man den Ausgleich zum stressigen Alltag im Freien. Da möchte man keinen Lärm, sondern Ruhe, keine Schotterpisten, sondern Natur. Gleichzeitig ist bei uns auch der Tourismusverband insgesamt sehr auf Nachhaltigkeit bedacht und so passen diese Bestrebungen einfach sehr gut zusammen.
Gibt’s für naturnahen Trailbau auch Richtlinien und Definitionen?
Es gibt inzwischen Handbücher, z. B. in Tirol und in der Schweiz wird mit Trailbuilder-Mappen gearbeitet. Wir schauen bei einem neuen Trail nach zwei Wochen durch – wenn alles wächst und nichts abstirbt, haben wir richtig gearbeitet. Und unter Nachhaltigkeit verstehen wir: Wenn man sich vorstellt, der Bikesport würde plötzlich aufhören, dann sieht man nach zwei Jahren die Strecke nicht mehr.
Mir ist es schon passiert, dass Leute geglaubt haben, der Trail ist ein Wanderweg. Und dann gefragt haben: „Macht ihr hier den Rückbau?“ Einfach weil es aussieht, als ob der Weg schon ewig bestehen würde.
Was taugt dir beim Fahren an naturnahen Trails?
Das Fahrgefühl. Du spürst den Wald, die Natur. Die Geschwindigkeit ist geringer und damit auch die Verletzungsgefahr. Die Trails schlängeln sich durch die Natur, sind technischer und als Fahrer muss man konzentrierter sein.
Und welcher Trail gefällt dir besonders?
Der Forsthoftrail – der bietet alles: oben komplett Nadelwald, dann felsiges Gelände, dann meinst du, du bist in Mittelerde, und unten Laubwald.
Als letzte Frage noch: Was bringt die Zukunft hier in Saalfelden Leogang?
Als ich 2001 angefangen hab, hätte ich niemals gedacht, dass das so breit wird. Inzwischen ist das Biken hier fast so wie Wintersport im Sommer, das Angebot ist riesig. Und gerade hier am Asitz, dem Hausberg von Leogang, ist es einfach super, weil es ein Berg ist, auf den sich alles konzentriert.
Aktuell bauen wir am nächsten naturnahen Trail. Und natürlich werden wir auch danach wieder neue Strecken bauen, aber der Grundgedanke ist, alle in TOP ZUSTAND zu halten. Die Pflege richtig ernst zu nehmen. Eher mal eine Kleinigkeit umbauen oder einen neuen Abzweiger setzen, aber eben vor allem das Bestehende perfekt erhalten. Und dabei geht es auch darum, dass nicht nur die Innenkurve schön, sondern der Trail auch von hinten grün ist. Das ist für die Zukunft: ein von allen Seiten schöner Trail.
Vielen Dank für das Gespräch!
Fotos: © Michael Geissler