Was die allerschönsten Plätze, an denen man draußen zur Ruhe kommen kann, ausmacht: Absolute Naturbelassenheit. Und es gäbe ja wirklich keinen Eingriff, der die Faszination des Gegebenen entlang des idyllischen Grießensees steigern könnte.
Es gibt Orte in unserem Land, die muss man einfach nur auf sich wirken lassen. Bloß nichts ändern, ergänzen, umwälzen, stattdessen Tieren und Pflanzen ihren Lebensraum lassen. Je weniger der Mensch macht, umso mehr macht die Natur. Wer das zulässt, der kann ihr mitten im Grünen zusehen, wie sie sich entfaltet und einen richtiggehend belohnt dafür, sie so belassen zu haben wie sie ist – leben und leben lassen am Grießensee.
Rast und Ruh‘ am Grießensee
Ihn wird dieser „Deal mit der Natur“ bestimmt in den Bann ziehen: Leicht angeschwitzt ist er, der typische Radfahrer oder E-Biker aus Leogang, der gen Westen startet und die ausgiebige Steinbergrunde in Angriff nimmt. Und doch gönnt er sich seine erste Rast schon bald. Einen leichten Anstieg auf den Grießenpass geschafft und die gleichnamige kleine Ortschaft durchradelt, erahnt er zunächst an den Ausläufern einer Sumpflandschaft, dass die Natur gleich was parat haben sollte:
Den Grießensee, das stille Gewässer als Herzstück des umgebenden Hochmoores. Auf rund 950 Metern Seehöhe im Gemeindegebiet von Leogang, nur wenige hundert Meter entfernt von der Landesgrenze zu Tirol, ist für viele Radfahrer auf großer Tour ein erstes Etappenziel erreicht. Manche kehren dann wieder um, andere umrunden die Steinberge – doch fast alle steigen ab von den Sätteln, gleichen sich dem gemächlichen Tempo der glücklich grasenden Weidekühe an und verweilen hier zur gemütlichen Rast.
Natur wirken und Regionales schmecken lassen
Dazu lädt die Seealm ein. Fast schon bescheiden zurückhaltend zeigt sich das urige Hüttenwirtshaus von einer leichten Anhöhe am Wegesrand. Eine verständliche Ehrfurcht in der Anmut des kleinen Gebäudes, wenn man den steilen Grashang dahinter betrachtet, der bis hinauf zum Waldesrand reicht. Weniger schwindelerregend ist es da schon, wenn man den Blick von der gemütlichen Sonnenterrasse hinunter auf den sanften See schweifen lässt. Bald hat jeder die Ruhe hier inhaliert und wird zum Bewunderer dieser unverfälschten Naturkulisse.
Wirt Rupert Zehentner kredenzt regionale Köstlichkeiten, darunter viele hauseigene Schmankerl wie den aktuellen Hit, den er uns empfiehlt: „Seezarella“, hausgemachter Frischkäse auf Tomatenessig, garniert mit Kürbiskernöl und frischen Kräutern. Das schmeckt so herrlich-leicht wie es klingt und gibt den sportlichen Gästen Kraft für die noch bevorstehenden Kilometer.
Vom schönen Platz zum wahren Schatz
Genussvoll gestärkt steigt man vor der Weiterfahrt aber noch die Treppen hoch am kleinen Aussichtsturm, der 2020 neu errichtet wurde. Von der Plattform aus bestaunt man nebst Fauna und Flora auch seinen eigenen Beobachtungssinn, der durch die Kraft dieser Umgebung geschärft wird.
Das romantische Vogelgezwitscher, welches man hier wahrnimmt, ist der bunte Kanon von neun Wiesenvogelarten, von denen die meisten auch hier brüten. Die Artenvielfalt entlang des gut 600 Meter langen Gewässers ist die größte zwischen dem Rheindelta und dem Seewinkel. Für manch gefährdete Spezies ist das Grießener Moor gar das einzig verbliebene Biotop im Herzen Österreichs. So nistet hier etwa die seltene Wasserralle, die Wechselkröte findet ihr einziges Vorkommen im Bundesland und auch bedrohte Pflanzenarten bleiben am Grießensee erhalten.
Kein Wunder, dass dieses rund 43 Hektar große Feuchtgebiet im Jahr 1986 zum geschützten Landschaftsteil erklärt wurde. Das Holztürmchen gleich neben dem Radweg mag sein Wahrzeichen sein, doch es geht um die Naturbelassenheit rundum, die am Grießensee beobachtet werden kann. Sie gibt Pflanzen und Tieren Lebensraum, uns Menschen Kraft und macht diesen schönen Platz zum wahren Schatz.
Fotos (c) ChrisTEXT.com