Die MS „Libelle“, das älteste Boot der Schmittenhöhe-Flotte, legt im Sommer jeden Sonntag zu Nostalgiefahrten am Zeller See ab.
Sie ist flink und wendig wie die großen Königslibellen, die über die Wasseroberfläche des Sees jagen. Auch nach fast 70 Jahren im Dienste der Zeller Schifffahrt hat die „Libelle“ an Wendigkeit und Zuverlässigkeit nichts eingebüßt. Im Sommer startet sie jeden Sonntag bei Schönwetter zu nostalgischen Ausflugsfahrten mit Musik und Unterhaltung.
Direkt am Zeller See aufgewachsen ist die „Libelle“ für mich ein vertrautes, wenn auch selten gewordenes Bild am See. Um so mehr freut es mich, dass dieses alte Boot wieder regelmäßig für Nostalgiefahrten zum Einsatz kommt. Am alten Klima-Steg, zwischen Grandhotel und Casino, liegt das Schiff schon gut vertäut und wartet auf’s Auslaufen. Am Hundertwasserplatz herrscht bei Frühschoppen mit Livemusik inzwischen beste Stimmung. Kapitän Toni Fürstauer begrüßt seine 30 Fahrgäste – mehr finden auf der Libelle nicht Platz – persönlich zur Panoramarundfahrt: „Willkommen an Board der Libelle. Auf unserer Runde um den See legen wir zwischendurch an und ich erzähle aus der Geschichte unserer Schifffahrt und beantworte Fragen zur Region. Wir haben auch ein Akkordeon mit an Board und unterhalten unsere Gäste mit echter Volksmusik.“
Kapitän Toni und „seine“ Libelle
Toni Fürstauer ist Betriebsleiter der Schmitten-Schifffahrt und seit vielen Jahren selbst Kapitän auf dem Zeller See. Wie kein anderer kennt er seine Flotte und so erzählt er nach dem Ablegen über „seine“ Libelle: „Es war im Jahr 1947, als der Gemeinde eine Stahlschale eines Zollwachschiffs von einem Bootsbaumeister aus Hard am Bodensee angeboten wurde. Kurz entschlossen wurde diese günstig angekauft, doch fand sich keine Bootswerft zur Fertigstellung des Boots. Der städtische Bauhof übernahm daraufhin die Fertigstellung in Eigenregie und vollendete in knappen fünfeinhalb Monaten den kompletten Aufbau des Schiffes. Mit einem Festakt wurde das Boot am 25. Oktober 1947 auf den Namen „Libelle“ getauft und für Transferfahrten eingesetzt. 1972 schied die Libelle aus dem regulären Dienst aus und kommt seitdem für Sonderfahrten für Hochzeiten, Geburtstags- oder Firmenfeiern zum Einsatz. Seit 1947 schnurrt im Bauch der Libelle derselbe zuverlässige Originalmotor mit 90 PS. Auch das Erscheinungsbild wurde über die Jahre nie verändert, denn mit ihrem markanten Aussehen ist die Libelle ein echtes Markenzeichen des Sees!“
Sanft schaukelt das Boot über die Wellen, die den See wie kleine Rippen überziehen. Der Blick hinaus aufs Wasser beruhigt und während Toni Fürstauer das Schiff immer weiter hinaus steuert, verändern sich die Blickwinkel. Das Ufer sieht von hier ganz anders aus und auch der Hausberg Schmittenhöhe rückt sich viel mächtiger ins Bild. Das Wasser ist glasklar und ein frischer Duft liegt in der Luft. Währenddessen erzählt der Kapitän: „Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich als Kind mit der Libelle von Thumersbach nach Zell am See zur Schule gefahren bin. Damals war sie noch als Fährschiff eingesetzt und holte sogar die Kinogänger nach der Vorführung zur Rückfahrt über den See ab.“
Joystick vs. Steuerrad
Ob die Libelle ihre Eigenheiten hat und als Oldtimer schwierig zu steuern ist, möchte ich wissen, und Toni Fürstauer antwortet: „Das größte Schiff, die MS Schmittenhöhe, steuere ich genauso gern über das Wasser, wie die Libelle. Jedoch bin ich mit meinen 1,94 m fast zu groß für den Führerstand dieses alten Schiffs, der nur 1,90 m hoch ist“, lacht Kapitän Toni Fürstauer und zieht den Kopf ein. Doch auch sonst hat sie ihre Besonderheiten, wie er berichtet: „Wird in der MS Schmittenhöhe mit zwei Joysticks und Hightech-Unterstützung navigiert, so ist die Libelle wie vor fast 70 Jahren mit einem großen Steuerrad und Ruderblatt zu lenken. Aufgrund ihres hohen, schlanken Rumpfs ist sie zwar flink und wendig, doch auch etwas instabil. Dies wird mit vier Tonnen Ballast im Schiffsbauch ausgeglichen, der die Libelle selbst bei Seegang gut im Wasser liegen lässt.“
Der stabile Schiffsbauch ist heute absolut von Vorteil, denn mittlerweile wird mit dem Akkordeon aufgespielt und obwohl nur wenig Platz auf der Libelle zur Verfügung ist, wird im Takt der Musik geschunkelt und getanzt. Wie versprochen halten wir an den Anlegestellen in Thumersbach an, doch keiner möchte das Schiff hier verlassen – zu gut ist die Stimmung auf dieser nostalgischen Tour. Also geht es zurück hinaus aufs weite Wasser, wo uns Toni Fürstauer weitere Anekdoten rund um die Schifffahrt und die Region Zell am See-Kaprun erzählt.