17:00 Uhr in der Stadt Salzburg. Die Rushhour ist voll im Gange, aus den Bürogebäuden strömen die Städter in Anzug und Krawatte dem Feierabend entgegen und die Urlauber genießen in den Gastgärten die vorabendliche Stimmung in der Festspielstadt. Die Gestalt im Neoprenanzug, die mit dem Surfboard unter dem Arm am Rande des Almkanals steht, passt auf den ersten Blick so gar nicht in dieses urbane Bild. Und doch gehört der Anblick der Stadtrandsurfer mittlerweile fast schon zum Alltag und bringt auch ein ungewöhnliches Handwerk ins SalzburgerLand. Gerwin Andreas aus der Stadt Salzburg ist Surfboard-Shaper. Unter dem kleinen aber feinen Label „delight alliance“ fertigt er per Hand exklusive Wellenreit- und River-Surfboards für Surfer in ganz Europa.
Österreich ist ein Binnenland und weit weg von Ozeanwellen, die Surfern rund um den Globus ein begeistertes Leuchten in die Augen zaubern. „Landlocked Surfers“ nennt man jene Sportler, die – abgeschnitten vom Meer – ungeduldig auf ihren nächsten Trip zum begehrten Swell warten. Ist es also ein Produkt ihrer Entzugserscheinungen, wenn man mitten in der Stadt Salzburg plötzlich Leute im Neoprenanzug mit Surfboards unterm Arm sichtet? Keinesfalls, denn wo kein Meer – da ein Bach! Und das Surfen auf der stehenden Welle in Bächen und Flüssen ist in den Binnenländern schon längst zum Trend geworden.
Urbane Surfer
Diese urbanen Surfer shredden die Wellen am Eisbach in München oder Almkanal in Salzburg und nutzen so die natürlich entstandenen Riversurf-Spots für sportliche „After-Work-Sessions“ und lernen neue Moves und Tricks bis es endlich wieder an den Ozean geht. Doch die Bach-Wellen unterscheiden sich von den Ozean-Wellen und stellen spezielle Anforderungen ans Board. So erklärt sich auch, warum die „delight-alliance“ mitten in der Stadt Salzburg zum Anlaufpunkt der urbanen Surfer auf der Suche nach ihrem perfekten Riverboard wurde.
Gerwin Andreas hat die Boardschmiede „delight alliance“ im Juni 2014 von Dominik Hipp aus Kuchl übernommen, der die Marke aufgebaut, aber nun als Konditormeister in den elterlichen Betrieb eingestiegen ist. Eigentlich hat Gerwin Andreas die Fachhochschule für Holzbau in Kuchl absolviert, doch mangels Jobangeboten entschied er sich danach für ein relativ unbekanntes Studium in Wien: „Mein Studium der Sportgerätetechnik beinhaltete auch Themen wie Biomechanik, Sportphysiologie und Messtechnik und schon während ich noch an meiner Masterarbeit schrieb, habe ich bei einem Shaper Surfboards mitentwickelt. Als ich von Dominik erfuhr, dass er das Shapen für seine Konditorlaufbahn an den Nagel hängen müsse, war ich sofort Feuer und Flamme. Ich habe sein ,Baby’ übernommen – bin sozusagen der Stiefvater der ,delight-alliance’ und werde dieses Kind nun schaukeln und erziehen“, lacht der Salzburger, als ich ihn in seiner Werkstatt im ruhigen Salzburger Stadtteil Parsch besuche.
Vom Blank zum Idealshape
„Am Anfang steht das Gespräch,“ verrät der Shaper und erklärt: „Jede Riverwelle hat ihre Eigenheiten und stellt spezielle Ansprüche ans Board – trotzdem soll es aber auch für Wellen abseits des Homespots geeignet sein. Auch Gewicht und Größe des Surfers und der Surflevel spielen natürlich eine Rolle. Es gibt 6 Standardshapes und eine Million Abwandlungen. Gemeinsam mit meinen Teamridern Kathl Gappmayr und Luki Haigermoser tüftle ich auch immer weiter an Verbesserungen – sie geben mir Input, wie ich meine Shapes noch optimieren kann. Meine CNC-Fräse, mit der ich den Schaumkern – den Blank – exakt und reproduzierbar zum Rohling bearbeiten kann ermöglicht mir eine flexible Weiterentwicklung der ,delight-alliance‘-Boards. Ich surfe natürlich selbst und nutze die durch den Arbeitsvorgang entstehenden Zwangspausen, in denen die Boards trocknen oder aushärten, zum Surfen auf der Almwelle in Salzburg.“
HD steht für hau drauf
Als „one-man-show“ werkelt Gerwin in der Werkstatt im Haus seiner Großeltern und fräst, laminiert, härtet, schleift, glättet und designt – bis er nach rund 1,5 Wochen das fertige Riverboard an den Kunden übergeben kann. Riversurfer aus ganz Europa vertrauen mittlerweile auf Gerwins Know-How und der Salzburger erklärt, was seine Boards so einzigartig macht: „Neben dem Shape sind es die HD-Rails (HD steht dabei für ,hau drauf’), die ein Board der ,delight-alliance’ auszeichnen. Dieser mit Aramid und Kevlar verstärkte Rand verlängert die Lebenszeit des Boards beträchtlich, und macht es selbst beim Kontakt mit Bachsteinen fast unkaputtbar. Die Finnen-Fixplugs entschärfen die nächste Schwachstelle. Im Wasser wirkt eine enorme Kraft auf die Finnen und die Fixplugs sorgen für eine gleichmäßige Druckverteilung in der Finnenaufnehmung.“
„Zwangspause!“, verkündet Gerwin strahlend, denn die Boards an denen er gerade arbeitet, müssen nun rasten – im selbst gezimmerten Temperofen härtet ein nagelneues Board und ein anderes wurde eben mit, in Epoxidharz getränkten, Glasfasermatten laminiert und braucht Zeit zum Austrocknen. Also nichts wie rein in den Neopren, ,delight-alliance‘-Board unter den Arm geklemmt und ab auf die Welle – denn ,delight‘ steht schließlich für Vergnügen und das findet Gerwin beim Surfen am Almkanal!
Kontakt:
delight-alliance – Gerwin Andreas
Hans-Seebach-Str. 10
5020 Salzburg
office@delight-alliance.com
www.delight-alliance.com