Es ist 15 Uhr. In der prallen Hitze rollen ein halbes Dutzend Garderobenständer vom Festspielhaus Richtung Domplatz. Nein, es ist nicht die Jedermann-Ausstattung: Kurz vor den Dombögen schwenken die Damen und Herren von der Garderobe in einen Innenhof zwischen Franziskanerkirche und Residenz.
„Das ist das eigentliche Labyrinth!“ lacht Susi, und lotst die Besucherin durch die Räume der Universität, die als Backstage-Bereich des Residenzhofes für die Aufführung „Das Labyrinth oder Der Kampf mit den Elementen. Der Zauberflöte zweyter Theil“ eingerichtet wurden. Mit 20 bis 25 anderen KollegInnen bereitet Susi Stunden vor Vorstellungsbeginn hunderte Kostümteile vor. Farbenfroher Tüll, verspielte Strickereien, glitzernde Steine und strenges Schwarz werden für die Solisten und den Chor zurechtgelegt. Lediglich die Kinderschar der Papageno-Familie wird in den Garderoben im Festspielhaus eingekleidet. Kurz nach Beginn der Vorstellung um 19 Uhr kommen die bunten Vögel auch schon durch den Innenhof gelaufen und stürmen den Tischfußballtisch.
Dieses familiäre Beisammensein, die ungezwungene Nähe zu den Künstlern ist für Susi einer der vielen Reize ihrer Tätigkeit als Garderoberin, „auf Deutsch sagt man, glaube ich, Ankleiderin“. Obwohl schon ihr Großvater Schauspieler und Regisseur am renommierten Max-Reinhardt-Seminar war, kam sie durch Zufall ans Theater. „Ich habe in einer Notsituation einen Job gesucht und bin am Landestheater gelandet“ erinnert sie sich. Ein befreundeter Statist ermuntert sie, sich auch bei den Festspielen zu bewerben. „Das ist jetzt über zehn Jahre her. Meine erste Produktion war die „Zauberflöte“ in der Felsenreitschule, damals in der Inszenierung und Ausstattung von Jean-Pierre Ponnelle“. Die Lieblingsproduktion ist aber immer die aktuell Laufende, versichert Susi, und richtet die Federschweife vom Alten und Jungen Papageno her, die sie beiden nach der Pause vor ihrem nächsten Auftritt ans Kostüm befestigt.
Auch die anderen Kostüme tragen reichlich Federn, viele davon fallen ab und werden gewissenhaft gesammelt und wieder angebracht. Die Kreationen von Susanne Bisovsky und Elisabeth Binder-Neururer sind ein Fest für die Augen, müssen aber auch Einiges aushalten: In einer der besonders lustigen Szenen der „heroisch-komischen“ Oper wälzt sich eine der Hexen in einem wilden Tanz auf dem Boden, auch die Kinder flätzen sich gerne in ihren Tüllschwaden am Bühnenrand und Pamina schwebt auf einer Mondsichel in luftigen Höhen. Susi ist für alle Notfälle bereit. „Das Schlimmste wäre, wenn ein Kostüm verschwindet“ bemerkt sie gelassen, „aber auch dann würde ich halt improvisieren!“ Das ist auch große Kunst.
Fotocredits: Artikelbild © Hans Jörg Michel, Rest: Karin Buchauer